0540 - Der Vampir, die Mörderin und ich
drang aus ihrem Mund. Vor Sukos Augen verwandelte sie sich in eine kämpfende Furie. Ihre blondroten Haare wehten wie eine Fahne. Dann hämmerte sie von zwei Seiten zu.
Blitzschnell riß der Inspektor die Arme zur Abwehr hoch. Seine Handkanten prallten gegen ihre Unterarme. Für einen winzigen Moment sah es so aus, als wären beide Körper direkt am Baumstamm ineinander verkeilt, dann geriet Suko durch einen blitzschnell angesetzten und gut gezielten Fußtritt in den Vorteil.
Die Rotblonde sackte zusammen. Es sah so aus, als würde sie fallen, aber sie verwandelte die Bewegung in eine Luftrolle rückwärts, stand wieder und griff dabei an die rechte Seite ihres schwarzen Ledergürtels.
Suko hatte erfahren, wie die beiden Männer zu Tode gekommen waren. Als er das Blitzen der Pfeilspitze beim Zurücknehmen des Arms sah, wußte er, daß die Frau ausgeholt hatte, um ihn auf die gleiche Art und Weise zu töten.
Die Dart-Pfeile kamen schnell und waren unheimlich gut gezielt, wahre Meisterwürfe.
Suko ließ sich fallen.
Sie schickte den Pfeil auf die Reise. Er war nicht genau auf die Stirn gezielt, das Gesicht bot eine größere Fläche.
Diesmal war es Suko, der einen Schrei nicht unterdrücken konnte.
Etwas Scharfes riß an der rechten Seite und genau in Augenhöhe seine Haut auf.
Blut strömte aus der Wunde und durch Sukos wilde Bewegung noch in das Auge hinein, so daß er auf dem rechten »blind« wurde.
Er sank zu Boden, zog die Beretta und sah nur noch einen sich im Zickzack bewegenden Schatten, als die Frau die Flucht ergriff.
Suko schoß nicht. Er hatte so viel mit sich selbst zu tun, daß er nicht einmal an seinen Stab dachte, mit dem er die Zeit hätte anhalten und die Frau stoppen können.
Seine rechte Gesichtshälfte bestand nur noch aus Schmerzen, und auch weiterhin rann das Blut aus der Wunde in sein Auge. Wie ein Schwerverletzter kroch er durch das Gras, hörte noch, wie der Motor des Rover ansprang.
Dann wendete die Frau; sie rollte über den Rasen und gelangte wieder auf den normalen Weg.
Sie floh, ohne daß der Inspektor etwas dagegen hätte unternehmen können. Er kam mühsam auf die Beine, drehte sich und starrte gegen den Baumstamm.
Dort steckte der Pfeil!
Die Frau hatte ihn dermaßen hart geschleudert, daß er bis zur Hälfte im Stamm steckte.
Suko schauderte noch nachträglich zusammen, als er das sah.
Dieser Pfeil wäre auch durch seinen Kopf gegangen.
Suko holte ein Taschentuch hervor, drückte es gegen die Wunde, als ihm siedendheiß einfiel, daß die Killerin bestimmt nicht ohne Grund erschienen war.
Sie hatte ihn niedergeschlagen. Er wußte nicht genau, wie lange er bewußtlos gewesen war, eines aber stand fest.
Um einen Mord zu begehen, dafür hatte die Zeitspanne immer ausgereicht. Plötzlich klopfte sein Herz schneller. Es war die Angst um Gordon Tile, die ihn so rasch handeln ließ.
Er hetzte auf das Haus zu und sah, daß die Tür nicht geschlossen war. Seine Befürchtungen verschlimmerten sich und wurden bestätigt, als er das Zimmer betrat.
Gordon Tile hockte in seinem Sessel, als würde er schlafen. Nur etwas störte.
Der Pfeil zwischen seinen Augen sowie die beiden kleinen Blutstropfen, die unterhalb der Spitze auf der Haut zu kleben schienen.
Um sicherzugehen, tastete Suko nach dem Pulsschlag.
Es war nichts zu spüren.
Jetzt erst dachte er an sich. Wo das Bad war, wußte er. Er betrat es, schaltete das Licht ein, das mit seiner grellen Fülle blendete. Suko stellte sich vor den Spiegel, schaute hinein, sah sein Gesicht und nahm das Taschentuch von der rechten Seite her.
Der Inspektor erschrak zutiefst, als er die Wunde entdeckte. Von der äußeren Brauenspitze zog sie sich über die Stirn. Sie war verdammt tief und würde auch noch weiterbluten.
Ein wenig mehr nach links, dann hätte Suko ein Auge verloren.
Die Wut auf die gnadenlose Person stieg in ihm hoch. Er öffnete einen schmalen Schrank und suchte nach Verbandszeug.
Pflaster und Mull hatte er schnell gefunden. Er schnitt es sich zurecht und klebte es auf die Wunde. Suko hoffte, daß er mit einem Pflaster auskommen würde. Mit einem Turban wollte er nicht unbedingt umherlaufen.
Die Wunde klopfte. Wenn die Pfeilspitzen vergiftet gewesen wären… er wagte nicht, daran zu denken. Dafür horchte er auf, weil er das Geräusch eines anfahrenden Wagens vernommen hatte.
Wer kam?
Natürlich John, und Suko lief ihm entgegen.
Daß John mit einem Taxi erschienen war, verstand er nicht. Der Fahrer wendete und
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