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0544 - Der Bleiche

0544 - Der Bleiche

Titel: 0544 - Der Bleiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Gesicht als Abbildung in der Fläche sehen müssen, wenn diese normal gewesen wäre.
    Nur war sie das nicht. Das Gesicht der dunkelhaarigen Frau war auf der Fläche mehr zu ahnen als zu sehen. Es wirkte wie der Versuch eines Kindes, ein Gesicht mit einem dicken Pinsel zu zeichnen.
    Da drangen die Umrisse in die Wolken hinein und vermischten sich mit ihnen, als wollten sie neue Gebilde schaffen.
    Die gesamte Fläche wirkte geheimnisvoll und irgendwie unwirklich. Von ihr strahlte ein Zauber ab, der anderen Menschen möglicherweise wie eine Warnung vorgekommen wäre.
    Nicht so bei Kyra Benson. Sie liebte diesen Spiegel. Er bedeutete ihr ungemein viel, denn er war ihr ein und alles. Wenn er nicht mehr war, würde sie auch nicht sein.
    Die Frau hütete sich auch davor, den Spiegel zu verrücken oder an eine andere Stelle zu legen. Für sie war es wichtig, daß er so lag wie jetzt. Alles andere hätte ein mittleres Chaos bedeuten können.
    Noch stand sie vor dem Spiegel. Sie konzentrierte sich auf seine wolkige verschiedenfarbige Fläche. Sekunden vergingen. Im Raum war es still. Er lag zur Straße hin, das Fenster war geschlossen.
    Dennoch hörte sie die vorbeifahrenden Wagen. Wenn deren Reifen über den Asphalt glitten, vernahm sie auch das Rauschen.
    Allerdings nur bei Regen. Mittlerweile mußte es angefangen haben zu regnen, was Kyra nicht weiter kümmerte. Überhaupt störte sie sich wenig um das Wetter. Für sie waren einzig und allein ihre Wohnung und der Spiegel wichtig.
    Durch ihren Körper lief ein Ruck, bevor sie sich so hinkniete, daß sie es schaffte, ihre beiden Hände rechts und links auf den Rahmen zu legen.
    Mit starrem Blick schaute sie gegen die Fläche. Ihr Blick hatte einen lauernden und gleichzeitig wissenden Ausdruck angenommen. Sie wußte genau, daß in den folgenden Minuten etwas passieren würde.
    Es war wie immer, fast schon Routine. Trotzdem kam es ihr vor, als wäre es jedesmal neu.
    Sie beugte den Kopf noch weiter vor, so daß auch ein Teil der Schultern in der Fläche zu sehen war.
    Dann bewegte sich ihr Mund. Noch sprach sie nicht. Kyra schien nach Worten zu ringen. Dabei waren diese so simpel. Sie sagte praktisch nur einen Satz, den aber mehrmals und auch in verschiedenen Variationen.
    »Komm, Luke! Komm aus dem Totenreich zurück und laß uns diese Nacht feiern…«
    ***
    Es regnete!
    Kein Gewitterguß, wie er eigentlich im Juli üblich gewesen wäre.
    Nein, die Wolken hatten sich so verdichtet und waren auch derart tief gesunken, daß man von einem Landregen sprechen konnte, der die Stadt unter sich »begrub«.
    Ein Wetter zum Weglaufen, aber nicht, um Urlaub zu machen. Da konnte man schon froh sein, wenn man nicht in irgendeinem Zimmer an der See hockte und ins Wasser starrte.
    Dennoch drückte das Wetter auf die Stimmung. Nach Tanners Besuch hatten wir die Stunden bis zum Feierabend regelrecht abgesessen, mit Glenda geredet, Kaffee getrunken, aus dem Fenster gestarrt, uns über den Regen geärgert, der ausgerechnet an einem Freitag auf die Erde niederfiel, wo man sich ansonsten auf ein sommerliches Wochenende freuen konnte.
    Es hatte nicht sollen sein.
    Suko und mir war nichts anderes übriggeblieben, als uns in den Wagen zu setzen und in Richtung Kings Cross zu fahren. Das war natürlich eine Plage.
    Zwar hatten es viele Londoner vorgezogen, in Urlaub zu gehen, dennoch hielten sich noch genügend in der Stadt auf, um mit ihren Fahrzeugen die Straßen zu verstopfen.
    Zwar erlebten wir nicht die Hölle, aber zum Stillstand kam der Verkehr trotzdem.
    Das schlug sich auf unsere Laune nieder. Selbst Suko, ansonsten die Ruhe in Person, war leicht angesäuert. »Wenn wir Tanner ja nicht so gut kennen würden, wären wir wohl kaum unterwegs – oder.«
    »Das meine ich auch.«
    »Glaubst du an einen Erfolg?«
    Ich hob die Schultern. »Ich glaube zumindest daran, daß es irgendwann weitergeht mit dem Verkehr.«
    Meinen Glauben mußte ich noch zwei Minuten hüten, dann setzte sich die Karawane aus Blech allmählich wieder in Bewegung. Auf der nach Norden führenden breiten Gray’s Inn Road kamen wir dann besser voran. Sie führte auch in Richtung Kings Cross Station, einer der bekannten Londoner Bahnstationen.
    Obwohl es noch hell war, fuhren alle Fahrzeuge mit Licht.
    Glotzaugen rollten hinter Glotzaugen, Wischer bewegten sich im Takt. Die Gesichter der Fahrer waren mürrisch und abweisend.
    Keiner freute sich über das Wetter.
    »In den nächsten Tagen müßte es soweit sein. Vielleicht schon

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