0544 - Die Panther-Frau
ausführen. Aber eine Weigerung war ihr unmöglich.
Sie fragte sich, wie sie an die Silberscheibe herankommen sollte. Ins weite Land wollte sie den Mann nicht zurückholen. Dort warteten ihre Artverwandten, und es war für sie auch eine Art Zuflucht, in der sie sich immer hatte wohlfühlen können. Das weite Land war für sie beinahe heilig.
Schlimm genug, daß es von dem unheimlichen Wesen entweiht worden war…
Und hier, in der Welt der Menschen…?
In der letzten Nacht hätte es fast funktioniert. Aber auf diesem Weg würde es sicher nicht noch einmal gehen. Wenn sie Erfolg haben wollte, durfte sie sich nicht den Gegebenheiten anpassen, sondern mußte vielmehr die Gegebenheiten ihren Plänen angleichen.
Doch wie sollte sie das anstellen?
Einfach wäre es natürlich gewesen, ihm aufzulauern, ihn zu töten und ihm dann den Stern von Myrrian-ey-Llyrana abzunehmen…
Aber sie wollte nicht töten! Sie war keine Mörderin!
Gut, im weiten Land hatte sie ihre Beute gejagt, wie es auch ihre Artverwandten taten. Aber erstens war das eine völlig andere Grundsituation, und zweitens hatte es sich dort nicht um Menschen gehandelt.
Es mußte also anders gehen.
Aber wie?
Ihr kam eine vage Idee…
***
Zamorra und Nicole befanden sich für eine Weile allein in Teds Villa. Der Reporter war mit seiner Gefährtin zu Carlottas Wohnung gefahren, um dort nach dem Rechten zu sehen.
»Hör zu, Chef«, schlug Nicole förmlich vor. »Ich bin der Meinung, wir sollten in unserer EDV-Bibliothek nachschauen, ob wir dort irgend etwas gespeichert haben über Katzen-Magie oder ähnliche Vorgänge. Vielleicht hilft uns das weiter. Ich gehe über die Regenbogenblumen ’rüber ins Château Montagne und bringe die entsprechenden Unterlagen als Buch, Ausdruck oder auf Diskette mit.«
Zamorra wollte schon abwinken. Da war wieder dieses unbehagliche Gefühl, das er hatte, wenn er an die Regenbogenblumen dachte. Und dann war da noch das Erlebnis, das Ted gehabt hatte.
Aber es machte keinen Sinn, Nicole damit zu belasten. Sie brauchten die Regenbogenblumen als Transportmittel, um in ihrem Kampf gegen die Schergen der Hölle beweglich zu sein.
Also nickte er nur und unterdrückte das ungute Gefühl.
»Überspiel’s doch einfach per Daten-Fern-Übertragung«, schlug er vor. »Falls du fündig wirst, ruf kurz an, und ich nehme Teds Computer in Betrieb.«
Nicole nickte.
Sie verschwand in Richtung Keller zu den Regenbogenblumen. Die reduzierten die Distanz zwischen Rom und dem Loire-Schloß auf ein paar Schritte.
Angst, wie Ted in grauem Nichts steckenzubleiben, hatte Nicole offensichtlich nicht.
Aber die Situation war schließlich auch völlig anders.
Sie entschwand nach Frankreich.
Zamorra blieb allein zurück. Er versuchte sich auf Bagira und alles, was mit ihr zusammenhing, zu konzentrieren.
Und plötzlich stand sie vor ihm.
***
Bagira reiste per Schiene. Am Bahnhof ›Acqua Acetosa‹ stieg sie aus. Von hier aus war es nur ein knapper Kilometer Fußmarsch bis zu Ted Ewigks Villa.
Diesmal kam Bagira selbst, statt wie in der letzten Nacht einen Artverwandten zu schicken.
Tausend Meter. Zweitausend Schritte, bei denen sie sich ihr Vorgehen immer wieder durch den Kopf gehen ließ.
Aber sie sah keinen anderen Weg, wenn sie sich selbst treu bleiben wollte.
Sie erreichte das Grundstück, betrat es.
Da stand die Villa.
Bei Nacht und mit den Augen einer Katze hatte sie anders ausgesehen. Größer, beeindruckender, uneinnehmbarer. Bagira schüttelte sich unwillkürlich. Die Flucht, der Sprung in den Pool … Sie fühlte sich, als wäre sie es selbst gewesen, die in das kühle Wasser eingetaucht war.
Bagira betätigte die Türklingel.
Es dauerte eine Weile, bis Schritte ertönten. Dann wurde die Tür geöffnet.
Der hochgewachsene, dunkelblonde Mann stand vor ihr. Vor seiner Brust hing die Silberscheibe.
Zum Greifen nahe.
»Ich muß mit Ihnen reden«, sagte Bagira.
***
Zamorra starrte die schwarzgekleidete Frau an.
»Das hätten Sie auch schon früher haben können«, sagte er. »Ich glaube, Sie werden einiges zu erklären haben.«
»Sicher, signore. Darf ich eintreten?«
Zamorra zögerte einen Moment. Er lauschte, doch Merlins Stern gab keine Warnung.
Zamorra nickte. »Bitte…«
Er trat zur Seite und wies mit der Hand ins Innere des Hauses, in dem er sich bewegte, als wohne er selbst hier.
Umgekehrt vertraute er auch Ted Ewigk, wenn dieser das Château Montagne aufsuchte. Ohne dieses gegenseitige Vertrauen wäre es
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