0548 - Feuerdrache

nicht mehr ankommen, denke ich. Wenn Sie noch etwas Persönliches zu erledigen haben, tun Sie das. Schließlich sind Sie kein Sklave, und zur Not ist ja auch noch der allgegenwärtige Raffael da. Sie tun ohnehin schon oft mehr, als Ihre Pflicht verlangt. Nehmen Sie sich soviel Zeit, wie Sie brauchen, William.«
    »Danke, Mylady«, murmelte er und hatte es eilig, wieder zu entfleuchen. Er hoffte, daß der Drache in der Zwischenzeit keine Dummheiten begangen hatte. Wenn der ein wenig mit seinem Feuer gespielt und in der Garage gezündelt hatte…
    Aber die Garage stand noch, und es schlugen auch keine hellen Flammen aus dem Dach und den Fenstern hervor. Der Schotte trat ein, schloß die Garagentür wieder sorgfältig hinter sich -und erschrak.
    Irgendwie hatte es der Drache geschafft, den richtigen Hebel zu finden und die Motorhaube des Cadillac zu öffnen!
    Mit einem wilden Aufschrei jagte William ihm entgegen. »Laß die Finger davon! Du verstehst von dieser Technik nichts! Habe ich dir nicht gesagt, du sollst…«
    »Nun hab dich nicht so«, unterbrach ihn der Drache. »Das ist nicht gut für deinen Blutdruck, und Magengeschwüre bekommst du davon auch. Hast du mir was zu essen mitgebracht?«
    »Noch nicht«, erwiderte William betroffen. Irgendwie hatte er so etwas wie ein ›schön, daß du wieder da bist‹ erwartet…
    »Du hast mir versprochen…« begann der Drache.
    William unterbrach ihn. »Still! Was hast du hier angestellt?«
    Der Drache wich unwillkürlich zurück. Erschreckte ihn Williams Versuch, Autorität zu zeigen?
    »Ich habe nichts angestellt!« kam es protestierend aus dem Krokodilmaul. »Ich habe nur nachgeschaut, was hier drin ist. Hinten stinkt es, und die Gestankspur führt nach hier. Hier stinkt’s auch, aber anders. Ich glaube, wenn ich hier Feuer speie, geht der ganze Stall in Flammen auf. Es stinkt gewaltig nach explosiven Rülpsern.«
    So konnte man Benzindämpfe natürlich auch bezeichnen…
    »Das hier«, sagte William nachdrücklich und wies auf den Wagen und den kolossalen V-8-Motor, »ist kein Lebewesen, das rülpst. Es ist ein Stück Technik. Ist dir klar, was das bedeutet, Technik?«
    »Natürlich! Ich bin ja nicht blöde«, fauchte der Drache. »Technik ist, was nie so funktioniert, wie es eigentlich soll, wenn man es dringend braucht. Und es geht grundsätzlich dann kaputt, wenn es dabei den größtmöglichen Schaden anrichten kann.«
    »Murphys Gesetz«, murmelte William. »Das hast du gut erkannt. Also laß die Finger davon, damit wirklich nichts kaputtgeht.«
    Der kleine Drache hob eine Pfote, fuhr eine schmale Kralle aus einem Finger aus - und verblüffte den Schotten damit maßlos. Der kannte so etwas nur bei Katzen. Aber konnten die nicht nur alle Krallen zusammen ein- und ausziehen, aber nicht einzeln?
    »Ich habe nur da drüben ein bißchen an dieser Schraube gedreht«, gestand der Drache.
    William seufzte. Von der Technik eines »Big Block«-Motors der 50er und 60er Jahre verstand er nicht genug. Er hoffte nur, daß sie der Rolls-Royce-Maschine, die er seinerzeit für seinen Lord betreut hatte, ein wenig ähnelte. Und er betete im Stillen, daß der Drache keinen wirklichen Schaden angerichtet hatte.
    Noch dazu an Nicole Duvals Auto!
    Bei Zamorras BMW wäre es einfacher gewesen. Da ließ sich jeder Defekt immerhin auf die Elektronik schieben.
    Aber Elektronik gab’s in dem alten Cadillac kaum. Als der gebaut wurde, war selbst der Flug zum Mond nur eine Utopie gewesen, und Computer, deren Rechenleistung heute nur noch Zigarettenschachtelgröße verlangte, belegten damals ein komplettes Einfamilienhaus. Trotzdem hatten die Konstrukteure gerade diesem Wagen technische Raffinessen eingebaut, die es heute nicht einmal mehr auf Wunsch gegen Aufpreis gab - beispielsweise ein Verdeck, das sich beim Erkennen der ersten Regentropfen selbsttätig schloß, oder eine Schaltung, die beim Auftauchen von Scheinwerfern im Gegenverkehr von selbst von Fern- auf Fahrlicht umschalteten… Ansonsten war die wichtigste Elektronik in Duvals Cadillac moderner Art und nachgerüstet - eine Lambda-Sonde und zwei Katalysatoren, um den Schadstoffausstoß zu reduzieren.
    Da konnten natürlich Manipulationen am Motor ebenfalls zu mittleren Katastrophen führen…
    »Hier, ich zeig’s dir«, sagte der Drache und wies auf besagte Schraube.
    »Finger weg!« schrie William ihn an und schlug die Motorhaube zu. Beinahe hätte er dabei dem Drachen die Pfote eingeklemmt. Entsprechend energisch protestierte