0549 - Des Teufels Traum
versucht hatte, ihn zu töten. Das war sein Recht.
Aber es ging Lucifuge Rofocale um die Magie, die Asmodis so urplötzlich eingesetzt hatte. Wie konnte er jetzt noch Zugriff auf diese Magie haben? Nach so langer Zeit?
Er war doch nie mehr in Avalon gewesen…
Oder etwa doch?
Lucifuge Rofocale mußte es herausfinden!
***
Julian Peters schuf eine Traumbrücke, durch die er das Château Montagne erreichen konnte. Er rechnete damit, Zamorra dort anzutreffen - und falls nicht, würde man ihm sicher mitteilen können, wo der Dämonenjäger sich gerade befand.
Für Julian war es kein Problem, aus Träumen Realität werden zu lassen. Er war in der Lage, diese Wirklichkeiten so zu schaffen, wie er sie sich vorstellte. Darin lag ein Großteil seiner Macht. Eine Macht, die eine ganze Welt in einen solchen Traum eingebunden hatte - den Silbermond, der nicht nur um ein paar Minuten in die Zukunft versetzt die Erde als zweiter Himmelskörper umkreiste, sondern sich auch in jener dieser Traumsphären, die von Julian erzeugt wurden, befand. Solange Julian lebte, bestand diese Sphäre, außer er löschte sie durch die Kraft seines Willens. Solange er das nicht tat, existierte die Traumwelt auch dann, wenn er sich nicht unmittelbar um sie kümmerte. Träume wurden zur Wirklichkeit…
Deshalb war auch die Brücke, mit der er Château Montagne berührte, für ihn stabile Wirklichkeit…
Doch als er diesen Traum betrat… fand er sich darin plötzlich nicht allein!
Er hatte Gesellschaft bekommen!
Er kannte sie.
Nicht zum ersten Mal begegnete er ihr. Sie brachte es immer wieder fertig, in seine Traumwelten einzudringen.
Wie sie das schaffte, hatte er bis heute noch nicht herausfinden können. Aber was niemandem sonst gelang, war für sie scheinbar nur eine Spielerei.
Shirona!
Sie erwartete ihn in seinem Traum.
Und sie versperrte ihm den Weg zum Château Montagne!
***
Asmodis leckte seine Wunden.
Er fühlte sich alles andere als wohl. Die Nachwirkungen des verlorenen Kampfes machten ihm zu schaffen. Zusätzlich zehrte es an ihm, daß er die Alte Kraft hatte einsetzen müssen, um überhaupt mit dem Leben davongekommen zu sein. Die Alte Kraft belastete ihn nicht körperlich, sondern geistig. Immer wieder hoffte er, diese Ur-Magie nie wieder benutzen zu müssen, doch in letzter Zeit kam es immer häufiger dazu, daß er sie reaktivieren mußte.
Aber seine »normalen« magischen Fähigkeiten und Kräfte waren einfach unberechenbar geworden, nachdem er vor einigen Jahren der Hölle den Rücken gekehrt hatte. Ob LUZIFER das bereits bei jenem folgenschweren Gespräch hinter der Flammenwand geahnt hatte? War es der Preis, den Asmodis bezahlen mußte?
Er fragte sich, wie lange es noch so weiterging. Wann würde er sich endgültig nur noch auf die Alte Kraft verlassen können?
»Ich werde Merlin fragen müssen«, murmelte er als Sid Amos. Hatte nicht Merlin auch einst die Seiten gewechselt? Mußte er nicht all das schon erlebt haben, was Sid Amos jetzt widerfuhr, damals, vor unendlich lange zurückliegenden Zeiten?
Was ihm aber noch mehr zu schaffen machte, war der Überfall durch Lucifuge Rofocale. Was trieb den Erzdämon dazu? Nur die Gier nach den Amuletten? Oder steckte noch etwas anderes dahinter? Oder galt Sid Amos’ Immunität jetzt plötzlich nicht mehr? Hatten sich die Dinge geändert? Hatte es sich LUZIFER, der Kaiser, plötzlich anders überlegt und war zu dem Entschluß gelangt, daß Sid Amos entbehrlich war?
Amos konnte es sich nicht vorstellen.
Doch wenn es tatsächlich nur um die Amulette ging, dann mußte Lucifuge Rofocale größenwahnsinnig geworden sein. Dann war er nicht mehr bei klarem Verstand, war von der Sucht gepackt, der Sid Amos bislang immer hatte widerstehen können.
Warum konnte es Lucifuge Rofocale nicht? Wie konnte es geschehen, daß er dieser Sucht erlag?
Mußte es nicht schon Fanatismus sein, der ihn antrieb?
Oder war er gar nicht mehr Herr seines Willens? Wurde er bereits von den Amuletten gelenkt, statt sie zu lenken?
Immerhin besaß er jetzt fünf Stück.
Sid Amos zuckte mit den Schultern. »Schwund«, murmelte er. »Mit Schwund muß man rechnen.«
Es war bittere Selbstironie. Früher, als Asmodis Fürst der Finsternis war, hatte er diesen Spruch oft von sich gegeben, wenn es den Gegnern der Hölle, allen voran Zamorra, wieder einmal gelungen war, einen Dämon zu vernichten. Damals hatte Asmodis es als »natürliche Auslese« propagiert, als Gesetz des Stärkeren. Wenn ihm einer
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