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055 - Das Monster von Greenfield

055 - Das Monster von Greenfield

Titel: 055 - Das Monster von Greenfield Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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war Mikes Anwalt.
    »Warum wollen sie nicht, dass du mit mir sprichst?«
    »Meine Tante hat gesagt, sie fürchtet, dass ich Ihnen Sachen verraten könnte, die Sie nichts angingen. Sie hat auch gesagt, dass alle Reporter gleich sind, einem ins Gesicht schöntun und dann schlecht über einen schreiben.«
    Dorian konnte es Mikes Tante nicht einmal verübeln, dass sie schlecht auf ihn zu sprechen war. Er entsann sich wieder, dass sein Beruf auf der Visitenkarte, die er bei ihr zurückgelassen hatte, mit Journalist für die Mystery Press angegeben war. Und die Zeitungsreporter waren es schließlich gewesen, die für Mike die Bezeichnungen »Monster von Greenfield« und »Mr. Hyde« erfunden hatten.
    »Gut, Mike, wenn du es mir nicht sagen darfst, dann verlange ich es auch nicht von dir«, meinte Dorian. »Es ist vielleicht überhaupt besser, wenn ich jetzt gehe.«
    »Nein, bitte, Mr. Hunter, bleiben Sie!«, flehte Mike. »Ich dachte, Sie sind mein Freund?«
    »Schon in Ordnung, ich bleibe«, sagte Dorian.
    »Es ist damals ja wirklich nichts passiert«, versicherte Mike. »Es ist immer dasselbe. Zuerst sind die Leute freundlich zu mir. Sie bitten mich um einen Gefallen. Ich helfe mal da und mal dort aus, bekomme was zu essen dafür oder sogar auch mal ein Pfund. Ich tue das, gern. Und ist es nicht schön, dass ich was leiste und sogar Geld verdienen kann, obwohl ich doch nicht zur Schule ging und die Klugheit auch nicht gerade mit Löffeln gefressen habe? Aber dann wird langsam alles anders. Die Frauen zeigen mit dem Finger nach mir, tuscheln – ich weiß nicht worüber. Die Mütter verjagen mich, wenn ich mit ihren Kindern spiele. Und dann höre ich irgendjemanden sagen, dass ich nach den Mädchen schiele. Und im Pub ziehen mich die Männer auf. Während sie früher mit mir über meine Späße gelacht haben, lachen sie jetzt über mich, ohne dass ich mitlachen kann. Und Tante Anna wird immer stiller, wird gemieden, traut sich bald nicht mehr aus dem Haus.
    Der Grund, warum wir fortzogen, war, dass ein kleiner Junge im Fluss ertrunken ist. Ich war in der Nähe, habe seine Hilferufe gehört und bin ins Dorf gerannt, um jemanden zu holen, der den Jungen retten kann. Ich selbst kann ja nicht schwimmen. Der Junge war nicht mehr zu retten, und alle machten mich dafür verantwortlich. Meine Tante sagte, es sei besser, wegzuziehen, bevor es noch schlimmer würde.«
    Mike verstummte.
    »Und ein Mord passierte damals nicht?«, fragte Dorian.
    »Nicht in dem Dorf, in dem Tante Anna und ich wohnten«, antwortete Mike. »Ich – ich mordete nur außerhalb. Aber das glauben Sie mir ja ohnehin nicht. Ich habe alles gestanden, Mr. Hunter. Glauben Sie, dass man mich jetzt hängen wird?«
    Dorian schüttelte den Kopf. »Du wirst freigelassen, Mike.«
    »Dann haben mir die Ärzte auch nicht geglaubt«, sagte Mike betroffen.
    Er wirkte sehr unglücklich darüber, dass man ihm den Mörder nicht abnahm. Was musste er durchmachen, wenn er lieber tot war, als mit seinen Albträumen weiterzuleben?
    »Sie haben mir Tintenkleckse gezeigt«, fuhr Mike fort, »und ich musste ihnen sagen, was sie darstellen. Es war ein recht lustiges Spiel, und die Ärzte waren von meinen Antworten angetan. Aber ich muss irgendetwas falsch gemacht haben, wenn sie mich nun doch freilassen wollen. Muss ich nach Greenfield zurück, Mr. Hunter?«
    »Ich weiß nicht, wie sich deine Tante entschieden hat, Mike.«
    In Mikes Augen zeigte sich ein Hoffnungsschimmer, als er sagte: »Vielleicht gehen wir wieder woandershin. In Greenfield werden uns die Leute ohnehin nicht mehr mögen.«
    Darauf konnte Dorian nichts sagen.
    Der Gefangenenwärter, der sich bisher im Hintergrund gehalten hatte, kam mit hallenden Schritten heran. »Die Zeit ist um.«
    Dorian erhob sich, begegnete Mikes bittendem Blick.
    »Werden Sie mich zu Hause besuchen, Mr. Hunter?«
    »Wenn du es willst, schon. Aber ich glaube, deine Tante wird damit nicht einverstanden sein.«
    »Kommen Sie trotzdem, Mr. Hunter!«, bat Mike. »Ich werde sie schon umstimmen.«
    Dorian nickte. Er sah Mike nach, als man ihn abführte. Mike drehte sich noch einmal um und lächelte Dorian zu. Es war ein einfältiges, aber herzliches Lächeln.
    Dorian war mit dem Ergebnis seines Besuches nicht zufrieden. Er hatte sich mehr Aufschlüsse erwartet. Mikes Erzählungen bestätigten ihm nur, dass er es hier mit einem vom Schicksal Gezeichneten zu tun hatte, der noch zusätzlich von aller Welt mit Füßen getreten wurde. Er hoffte, die

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