055 - Der Würger aus dem See
In einer Nische lagen faulende, verschimmelte Bretter
und Reste eines Fasses. Es stank erbärmlich.
Delugan ging weiter.
Je tiefer er in das Labyrinth der Gänge vordrang, desto
unheimlicher wurde es ihm.
Er kam mit klarer Logik nicht mehr weiter. Seine Gefühle waren
stärker. Er mußte mehrmals niesen. Seine Haut zog sich zusammen, er fror
erbärmlich und verschaffte sich Bewegung, indem er die Arme um sich schlug und
mehrmals auf der Stelle hüpfte.
Plötzlich hielt er inne. War in der Nähe nicht ein Geräusch? Er
lauschte. Es hörte sich an wie ein leises Atmen.
»Hallo? Ist da jemand?«
Mit dem Rücken stellte er sich zur Wand, während seine Stimme als
mehrfach verstärktes Echo durch die labyrinthartige Felsenhöhle dröhnte.
Als das Echo verklungen war, hörte er wieder nur das leise, nahe
Atmen und das ferne Motorengeräusch.
Mit zusammengepreßten Lippen setzte Delugan seinen Weg fort. Der
Gang machte einen scharfen Knick nach links, und jetzt wurde auch der
Lichtschein heller. Der Wissenschaftler konnte seine Umgebung besser erkennen.
Irgendwo tropfte Wasser von einem vorspringenden Felsstein, und das Geräusch
hallte wie ein Peitschenknall durch die Stille.
Der Gang verbreiterte sich zu einer bizarren Höhle.
Als würde eine unsichtbare Hand ihn nach vorn schieben, setzte
Delugan sich in Bewegung.
Was er zu sehen bekam, raubte ihm den Atem.
●
Als Larry zum Haus Gerome Tranes kam, mußte er feststellen, daß
der Fischer bereits weggegangen war.
X-RAY-3 drehte mitten auf der Straße und schlug die Richtung nach
Inverness ein, nachdem er den auskunftsfreudigen Nachbarn so weit aus gehorcht
hatte, daß er Bescheid wußte, wo die Mutter von Gerome Trane in Inverness
wohnte.
Zu einem unliebsamen Aufenthalt kam es noch, als er am Ortsausgang
auf eine Streife stieß, die ihn anhielt und kontrollierte. Durch seine Besuche
im Polizeikommissariat kannte man ihn schon. Es kam hinzu, daß die Beamten von
ihren Vorgesetzten die strikte Anweisung hatten, auf alle Fragen des
Amerikaners zu antworten.
»Ein Mitarbeiter des wissenschaftlichen Forschungsstabes wollte
vorhin ein paar Worte mit Mr. Richard Delugan wechseln«, erklärte der eine
Beamte. »Er fand das leere Zelt und stieß auf Spuren, die darauf schließen
lassen, daß es zu einem Kampf kam. Außerdem wurden die Kameras sowie die
installierten Geräte des Amerikaners zerstört. Von wem, steht noch nicht fest.«
Larry sah sich die Bescherung an.
Die Fotoapparate waren am steinigen Boden zerschmettert worden.
Filmspulen lagen zwischen den Steinen und im ufernahen Wasser.
X-RAY-3 bückte sich. Insgesamt waren fünf Beamte damit
beschäftigt, hier Spuren zu sichern.
Nachdenklich betrachtete er das Filmmaterial.
»Vielleicht ist eine der Kameras noch brauchbar«, murmelte er.
»Wenn Sie etwas finden«, wandte er sich dann an den die Untersuchung leiten den
Beamten, »sorgen Sie bitte dafür, daß das eventuell noch intakte Filmmaterial
umgehend entwickelt wird. Vielleicht ist doch etwas zu sehen. Und wenn die
Bilder vorliegen - dann lassen Sie mir bitte Bescheid zukommen.«
»Natürlich, Mr. Brent!«
Vom Auto aus nahm X-RAY-3 mit dem mitgeführten handlichen
Taschenfunkgerät Kontakt zu Iwan Kunaritschew auf.
»Hallo, Brüderchen.«
»Nanu, Towarischtsch?« klang die Stimme des Russen auf. Auf Grund
der Akustik vermochte Larry festzustellen, daß der Freund sich außer halb eines
Raumes befand.
»Tut mir leid, wenn ich deinen Abendspaziergang unterbrechen muß,
Brüderchen«, fuhr Larry Brent fort. »Drück die Zigarette aus und ruf ein Taxi
herbei.« Er unterrichtete den Russen über die Dinge, die geschehen waren.
»Misch ein bißchen mit, damit wir am Ball bleiben! Ich habe das Gefühl, das ist
einer der aufregendsten Fälle der letzten Zeit.«
Kunaritschew meinte: »Was ist eigentlich in der letzten Zeit nicht
aufregend gewesen, Towarischtsch?«
»Nun, darüber reden wir mal in einer ruhigen Stunde«, entgegnete
Larry, während er den Bentley bereits durch die neblige Nacht Richtung
Inverness steuerte.
●
Iwan Kunaritschew beteiligte sich am Tatort bei der
Spurensicherung. Aus dem Camp der Wissenschaftler waren inzwischen ebenfalls
einige Leute eingetroffen.
Der Russe lernte Dr. Bert Longfield kennen. Er leitete die Gruppe,
der Richard Delugan angehörte.
Longfield war ein Mann Mitte der Fünfzig, mit hoher Stirn und
dichtem grauem Haar.
»Delugan ist ein hochqualifizierter Mitarbeiter«, berichtete
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