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055 - Labyrinth des Todes

055 - Labyrinth des Todes

Titel: 055 - Labyrinth des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Davenport
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gläsernen Sargdeckels wurde sichtbar. Ich holte ein Tuch aus meiner Rocktasche, mit dem ich die lehmige Erde vom Glas wegwischte.
    Huang und Ts’ao Ta hörten mit dem Graben auf, ich wischte weiter, entdeckte eine Bruchstelle im Sargdeckel und richtete den Lampenstrahl darauf.
    Die beiden verstanden ohne viele Worte, was ich wollte.
    Ich rutschte zur Seite, und Huang und Ts’ao Ta versuchten, den Grabdeckel hochzuheben, was ihnen aber nicht gelang. Sie nahmen erneut die Schaufeln zur Hand und gruben weiter. Immer wieder versuchten sie, den Deckel hochzuheben, der zwar knirschte, sich aber sonst nicht bewegte.
    Zehn Minuten später war es dann soweit. Langsam klappten sie den Deckel zurück. Ich hatte Angst davor, in den Sarg zu blicken, schloß die Augen und senkte die Hand mit der Lampe.
    Huang und Ts’ao Ta stießen Entsetzensschreie aus und ließen die Schaufeln einfach fallen.
    Ich öffnete zögernd die Augen und erstarrte.
    Der Anblick, der sich mir bot, war nichts für schwache Nerven. Entsetzt schloß ich die Augen wieder.
    Im Sarg lag ein Mädchen, das ein weißes Kleid trug. Die Schädeldecke war aufgebrochen, das Hirn ausgesaugt worden, der Schädel sauber abgenagt.
    Ich wandte den Kopf und sah eben noch, wie die beiden Chinesen in panischer Angst aus dem Grab krochen und davonliefen. Der Anblick war einfach zu grauenhaft gewesen.
    Es dauerte einige Minuten, bis ich meinen Ekel überwunden hatte und die Stablampe wieder anknipste, niederkniete und den kahlgefressenen Schädel ansah. Um den Totenschädel lagen Haarbüschel. Ich griff danach und untersuchte sie genau.
    Sie waren lang und pechschwarz – wie die Haare Cocos. Mein Inneres krampfte sich zusammen.
    Haß und ohnmächtige Wut rasten durch meinen Körper. Doch noch immer hatte ich keinen echten Beweis, daß die Tote im Sarg tatsächlich Coco war.
    Ich keuchte und beugte mich noch weiter vor. Mein Magen fing zu rebellieren an, als ich die Schleimspuren entdeckte. Sie stammten von einem Ghoul, einem Leichenfresser. Auch der Gestank, der aus dem Sarg aufstieg, war unverkennbar.
    Mit dem Rockärmel wischte ich mir den Schweiß von der Stirn und ließ den Strahl der Lampe weiterwandern. Deutlich waren die Krallenabdrücke auf dem Körper des Mädchens zu erkennen. Neben dem linken Arm der Toten entdeckte ich eine große Öffnung.
    Ich griff nach einer Schaufel, steckte mir die Lampe zwischen die Zähne und stieß gegen die Öffnung. Erdbrocken rieselten in die Tiefe. Schaudernd kroch ich über die Tote und steckte meine Beine in die Öffnung der Höhle. Unglaublicher Gestank schlug mir entgegen. Ich rutschte einen halben Meter hinunter. Der Schacht führte ziemlich steil in die Tiefe und maß vielleicht einen halben Meter im Durchmesser.
    Ich glitt weiter hinab. Nach wenigen Metern verbreiterte sich der Tunnel. Er war so hoch, daß ich gebückt stehen konnte. Ich holte ein geweihtes Kreuz aus der Tasche und hängte es mir um den Hals. Dann angelte ich nach der Pistole mit den geweihten Silberkugeln.
    Ich wußte, daß es ein großes Risiko war, allein durch dieses Labyrinth zu gehen, doch nichts hätte mich jetzt noch aufhalten können, dieses unterirdische Reich zu erforschen. Überall an den Wänden sah ich die Schleimspuren der Ghouls.
    Von allen Mitgliedern der Schwarzen Familie waren die Leichenfresser die abscheulichsten. In alten Büchern hatte ich viel über Ghouls gelesen. Bei Tag waren sie menschliche Wesen, besser gesagt, menschenähnliche. Sie mischten sich nur höchst selten und ungern unter normale Menschen und waren hagere, fast skelettartige Gestalten, die einen unangenehmen Verwesungsgeruch ausströmten, gegen den auch die stärksten Parfüms und Deodorants nichts ausrichten konnten. Nachts verwandelten sie sich dann in schleimige, gallertartige Wesen, die keinerlei Ähnlichkeit mehr mit Menschen hatten. Vor vielen hundert Jahren waren Ghouls überall auf der Welt weit verbreitet gewesen. Sie hausten fast ausschließlich auf abgelegenen Friedhöfen, die sie oft mit unzähligen Gängen ausstatteten. Zum Teil waren regelrechte Labyrinthe entstanden.
    Soweit ich unterrichtet war, gab es drei Arten von Ghouls. Die erste konnte man kaum als Leichenfresser bezeichnen, da sie Menschen bei lebendigem Leib auffraßen. Die zweite Gruppe bevorzugte Leichen, die mindestens eine Woche alt waren, und die dritte Gruppe ernährte sich von den Knochen.
    Der Tunnel wurde wieder schmaler. Ich kam nur noch auf allen vieren vorwärts. Mein Anzug war an

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