Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
055 - Labyrinth des Todes

055 - Labyrinth des Todes

Titel: 055 - Labyrinth des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Davenport
Vom Netzwerk:
erinnern, Lundsdale? Wir besuchten Cocos Grab.«
    »Nein«, sagte er, »daran kann ich mich nicht erinnern. Sie waren bei mir, und dann fuhren wir los. Da setzt meine Erinnerung aus.«
    Ich nickte, startete und fuhr langsam an. Die Schwarze Familie spielte mit mir. Grimmig biß ich die Zähne zusammen. Ich würde meine Haut so teuer als möglich verkaufen.
    Schweigend reihte ich mich in den Verkehr ein und brachte Lundsdale in seine Wohnung. Ich mußte ihn stützen, so schwach war er. Er hatte nichts dagegen, daß ich seinen Wagen vorerst behielt.
    Mein Abendprogramm stand fest. Ich würde nochmals zum Friedhof zurückkehren. Dazu war es aber notwendig, daß ich vorher dem Straßenmarkt vor dem Macao Ferry Pier einen Besuch abstattete.
    Es war kurz nach fünfzehn Uhr, als ich mein Hotel erreichte. Ich zog die Jalousien herunter, legte mich ins Bett und bat, mich um zwanzig Uhr zu wecken.
    Mehr als eine halbe Stunde wälzte ich mich ruhelos im Bett hin und her, bevor ich schließlich in tiefen Schlaf fiel. Das Schrillen des Telefons weckte mich. Ich hob den Hörer ab, meldete mich, legte wieder auf, wälzte mich auf den Rücken und blieb einige Minuten in der Dunkelheit liegen, bevor ich schließlich aufstand.
     

     
    Kurz nach halb zehn Uhr stellte ich Lundsdales Volkswagen in der Connaught Road Central ab. Im
    Hotel hatte ich mit wenig Appetit ein rasches Abendbrot eingenommen. Dabei hatte ich mich nur auf drei der üblichen zwölf Gänge beschränkt, was den Kellner fast zu Tränen gebracht hatte. Aber ich hatte ganz einfach nicht die Zeit und Ruhe gehabt, um mich durch zwölf Gänge hindurchzukosten.
    Ich sperrte den Wagen ab, schlüpfte in die Jacke und blickte mich aufmerksam um. Mein Ziel war der PoorMan’s Nightclub, wie der Straßenmarkt vor dem Macao Ferry Pier genannt wurde. Der Lärm war ohrenbetäubend; unzählige blinde Straßenmusikanten und Sänger verursachten einen Heidenspektakel. Hier gab es Händler, die bereit waren, mit allem zu handeln und alles zu verkaufen, was die Touristen wollten.
    Ich drängte mich zwischen den Wahrsagern, Würfelspielern und Straßenhändlern hindurch. Eben legte ein Fährboot an und spuckte eine Ladung Touristen aus, die von Macao zurückkehrten. Das Boot schwankte leicht. Es lag zwischen Frachtschiffen und Dschunken.
    Man mußte sich erst an die Menschenmassen gewöhnen.
    Wenn man das erstemal nach Hongkong kam, war alles verwirrend; zu überreich strömten die Eindrücke auf einen ein; man konnte sie nicht verarbeiten.
    Trotz der späten Stunde löschten Kulis, die barfuß waren und den Oberkörper nackt hatten, die Dschunken. Sampans lagen zwischen den Dschunken vertäut und schaukelten in den von vorbeirasenden Schnellbooten aufgewühlten Wellen.
    Ich sog den Lärm und die Atmosphäre in mich auf. Für einige Momente vergaß ich den Zweck meines Besuches. Ich lehnte mich gegen eine Verkaufsbude und blickte mich aufmerksam um.
    Überall auf der Welt fand man die gleichen Ganoven. Hier waren sie in ihrem Element, die kleinen Taschendiebe und Straßenräuber.
    Es dauerte nicht lange, und ich hatte drei Taschendiebe entdeckt, die nicht besonders geschickt vorgingen. Einer konnte kaum fünfzehn sein; ein kleiner, schmalschultriger Chinesenjunge mit kurzgeschnittenem Haar. Ich folgte ihm unauffällig. Sein nächstes Opfer war ein fetter Amerikaner, dem er die Brieftasche aus der Hosentasche fischte. Als sich der Junge aus dem Staub machen wollte, packte ich ihn am Kragen. Er schlug um sich. Mit zwei Schritten stand ich im Schatten eines Haustors und drückte ihn in die Nische. Seine Augen waren angstvoll aufgerissen, und er keuchte.
    »Ich werde dich der Polizei übergeben«, sagte ich hart.
    »Bitte nicht, Sir!« sagte er in fast unverständlichem Englisch.
    Ich hatte nicht die Absicht, ihn der Polizei zu übergeben; er sollte mir vielmehr helfen. Ich brauchte mindestens zwei Männer – und die sollte er mir besorgen.
    Ich sah den Jungen schweigend an, verzog den Mund und grinste böse. Schweiß stand auf seiner Stirn, und er zitterte.
    »Ich tue alles für Sie, Sir, nur übergeben Sie mich nicht der Polizei!«
    Ich schwieg weiter.
    »Ich kann Ihnen alles besorgen, Sir, Stoff, Mädchen, alles was Sie wollen. Ganz billig.«
    Ich lockerte den Griff. Er wollte mir entwischen, doch ich packte ihn an der Jacke, riß ihn zurück, ergriff sein rechtes Handgelenk und drückte mit aller Kraft zu.
    Sein Gesicht war schmerzerfüllt.
    Rasch blickte ich mich um. Kein Mensch

Weitere Kostenlose Bücher