055 - Labyrinth des Todes
Bahre, die mit einem schwarzen Tuch verhüllt war. Die Gäste traten einen Schritt zurück, und die Bahre wurde auf den Marmortisch gestellt. Die Schattenwesen verließen den Raum, und die Tür fiel krachend ins Schloß.
Ich starrte das schwarze Tuch an, unter dem sich ein menschlicher Körper abzeichnete. Die Gäste traten wieder an den Tisch und starrten mich weiterhin an. Ihre Blicke schmerzten. Sie verursachten mir Übelkeit.
Ich weiß nicht, wie lange sie mich so anstarrten, doch es kam mir wie eine Ewigkeit vor. Schließlich berührte Gwen mich leicht, und die Lähmung fiel von mir ab. Ich konnte mich wieder bewegen. »Nimm das Tuch ab, Dorian!« sagte Gwen und deutete auf die Bahre.
Die Blicke verfolgten jede meiner Bewegungen.
Zögernd griff ich nach dem Tuch und riß es mit einem Ruck herunter.
»Coco!« schrie ich und wollte mich vorbeugen, doch Gwen berührte mich, und ich erstarrte wieder. Es war tatsächlich Coco, die da auf der Bahre lag. Sie trug ein weißes, hochgeschlossenes Kleid, das um ihre großen Brüste geschlungen war, die sich leicht hoben und senkten. Die Augen hatte sie geschlossen, die Hände über der Brust gekreuzt.
»Sie – ist – doch – tot?« sagte ich stammelnd, bekam aber keine Antwort. »Sie ist doch tot?« wiederholte ich.
»Du wirst sie töten«, sagte Gwen.
Die Luft fing zu flimmern an, und plötzlich hatte das rothaarige Mädchen ein zweischneidiges schweres Schwert in der Hand.
»Nein!« schrie ich, und Schweiß brach mir aus. »Nein!« brüllte ich nochmals.
Die Dämonen verzogen die Gesichter und kicherten. Sie weideten sich an meinem Entsetzen.
Gwen hielt mir das Schwert hin. Ich sammelte alle meine Kräfte, um den fremden Willen abzuschütteln. Das Schwert lag schwer in meinen Händen. Ich biß die Lippen zusammen. Es war Coco, die vor mir lag, da gab es keinen Zweifel. Ihre Brust hob und senkte sich. Sie lebte.
»Töte sie!« sagte Gwen mit scharfer Stimme. »Nein!« keuchte ich.
Eine unsichtbare Kraft hob meine Arme, bis das Schwert über meinem Kopf schwebte.
»Du wirst sie töten!« schrie Gwen.
Ich zitterte am ganzen Leib. Das Schwert in meiner Hand wog eine Tonne; zumindest kam es mir so vor.
Die Gesichter rings um mich waren jetzt grinsende Fratzen. Ich hörte wieder das höhnische Gelächter. Meine Qual und mein Entsetzen amüsierten die Dämonen.
»Schlag zu!« sagte Gwen. »Trenne ihr den Kopf vom Leib!« Ich konnte nicht anders. Meine Hände umklammerten das Schwert fester, und dann schlug ich zu. Während des Schlages setzte mein Herz fast aus. So entsetzlich hatte ich mich noch nie in meinem Leben gefühlt. Ich sah, wie die scharfe Klinge auf Cocos weißen Hals zuraste. All meine Kraft lag in meinem Schlag. Die Klinge durchtrennte die Halswirbel. Cocos Kopf rollte auf den Boden. Er kollerte einige Meter und blieb dann liegen. Ich hob wieder das Schwert. Für einige Sekunden hatte ich Gewalt über meinen Körper. Ich setzte zum Schlag gegen Gwen an, doch mitten in der Bewegung war ich wieder gelähmt. Das Schwert entfiel meinen Händen und krachte zu Boden.
Die Dämonen lachten schallend. In mir war alles tot. Ich starrte den enthaupteten Leib an, und es dauerte einige Zeit, bis mir etwas Seltsames auffiel. Cocos Brust hob und senkte sich noch immer. Ich stierte den Hals an. Seegras hing heraus. Und langsam dämmerte mir die Wahrheit.
»Es war nur eine Attrappe!« brüllte ich mit versagender Stimme.
»Du hast es erraten«, sagte Belial. »Es war recht vergnüglich, deine Qual und Verzweiflung zu spüren und dabei zu wissen, daß nur eine Puppe geköpft wird.«
Einige der Dämonen konnten sich vor Heiterkeit kaum halten. Sie lachten noch immer. Es war eine seltsame Art von Humor.
Ohnmächtige Wut durchraste meinen Körper. Ich wollte auf Belial losstürzen, doch eine unsichtbare Mauer umgab mich. Ich schlug mit den Fäusten gegen die Barriere, völlig von Sinnen, und das Lachen der Dämonen steigerte meine Wut. Erschöpft hielt ich schließlich inne und blieb ruhig stehen. Ich war ein Gefangener, mit dem sie ihre grausigen Spielchen treiben konnten. Ich hatte keine Möglichkeit mehr, etwas gegen sie zu unternehmen. Mit meinem Tod würde wahrscheinlich die erst kürzlich errichtete Inquisitionsabteilung aufgelöst werden, oder die Dämonen würden alle meine Mitarbeiter töten. Dann gab es niemanden mehr auf der Welt, der den Kampf gegen sie aufnahm.
Sie konnten weiter ungestört ihr Unwesen treiben. Ja, sie waren die eigentlichen
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