0551 - Im Licht der schwarzen Sonne
Freude selbst Artos dann zu weit. Merlin ließ sich bei den Festivitäten meist nur für kurze Zeit erblicken.
Die Form des Tisches paßte zu Artos. Er wollte nicht am Kopf einer langen Tafel sitzen, von den Männern getrennt, die er als seine Freunde betrachtete. Er war am liebsten Gleicher unter Gleichen.
Sicher - er war der König. Doch er betrachtete das nicht als sein Verdienst. Er war König, weil er das Zauberschwert aus dem Stein gezogen hatte, nachdem sich andere, erfahrenere und stärkere Ritter bei diesem Versuch nach besten Kräften blamiert hatten. Mit ihm, dem Knappen, von dem zu jener Zeit niemand wußte, daß er ein Pendragon war, der Sohn eines Königs, hatte keiner ernsthaft gerechnet: Einige hatten ihn sogar dafür züchtigen wollen, daß er »unerlaubt« die Hand an das Schwert im Stein legte.
Nun hatten sie ihn als ihren König anerkannt.
Aber er war viel lieber Kamerad als Herrscher. Deshalb war er auf den Gedanken verfallen, die riesige Tafel als Kreis bauen zu lassen. So waren alle Plätze gleich.
Eigentlich war es weniger ein Kreis, sondern ein breiter Ring. Der freie Raum in der Mitte, erreichbar über einen schmalen Durchgang, erlaubte den Mägden, Speisen und Getränke aufzutragen, und hin und wieder fand dort auch ein Barde seinen Platz, um die Leier oder den Dudelsack zu spielen und von Heldentaten oder der Minne zu singen. Auch Gaukler, Artisten und Tanzmädchen zeigten bisweilen ihre Kunstfertigkeiten.
Artos entdeckte Gawayne, der mit den arbeitenden Mägden plauderte. Als der Ritter seinen König gewahrte, neigte er grüßend den Kopf.
»Lancelot ist zurückgekehrt, wie ich vernahm«, sagte er nicht gerade erheitert.
Artos wußte, daß zwischen den beiden etwas nicht stimmte. Gawayne mochte den Silbernen nicht so recht. Lancelot war ihm zu geltungssüchtig, das hatte er schon mehrfach zum Ausdruck gebracht. Aber manchmal hatte Artos das Gefühl, als wäre da noch mehr. Als wisse Gawayne etwas über Lancelot, das er nicht verraten wollte.
»Neuigkeiten sprechen sich rasch herum«, schmunzelte Artos.
»Lieber wär’s mir, der Emrys kehrte zurück. Du wirst Lancelot ein Fest geben wollen«, vermutete Gawayne. »Deshalb habe ich angeordnet, daß der Tisch richtig gesäubert wird. Hier sieht’s aus wie in einem Schweinestall. - Ach, Artos, was das angeht - was ist mit Lancelot? Jemand munkelte, daß er einen furchtbaren Gestank um sich herum verbreitet. Sollte ein Bäuerlein ihn mit seinem Weibe im Bett erwischt und ihn in die Jauchegrube geworfen haben?« Er grinste von einem Ohr zum anderen.
Artos lächelte. »Was unterstellst du Lancelot? Ehebruch mit einer Bauernmagd?«
Gawayne winkte ab. »Weiß doch jeder, daß der Silbermann hinter allem her ist, was einen Rock trägt und nicht schnell genug auf die Bäume flüchten kann! Täte ihm gut, wenn ihn mal jemand zurechtstutzte. Warte ab - eines Tages wird es in diesem Land mehr Bastarde von Lancelot geben als ehelich gezeugte Kinder. Wenn er sie dann alle anerkennt, verfügt er über eine Streitmacht, die nur seine Familie ist und trotzdem das ganze Land beherrscht. Paß auf, Artos - nicht, daß er dir auch noch einen Thronfolger ins Nest…«
Er verstummte jäh.
»Was willst du damit sagen?« entfuhr es dem König. Er runzelte die Stirn.
»Ein Scherz«, wich Gawayne aus. »Vergiß es. Du weißt, daß ich Lancelot nicht mag.«
»Das war kein Scherz, mein Freund«, behauptete Artos. »Da steckt doch mehr hinter. Lancelot und ein Thronfolger? Willst du damit andeuten, daß…?«
Gawayne seufzte. Er faßte Artos bei der Schulter, drehte ihn leicht und schob ihn neben sich her. »Komm, mein König, dies ist nicht der rechte Ort, darüber den Diskurs zu führen.« Sie verließen den Festsaal durch eine der Seitentüren. Der Ritter in seiner graugrünen Kleidung schritt rasch aus und betrat einen kleinen Raum, der selten genutzt wurde; wofür, wußte nicht einmal der König genau.
Gawayne blieb am Fenster stehen und sah hinaus. Draußen zogen Wolken auf.
»Nun?« drängte Artos, die Tür hinter sich schließend.
»Du weißt, daß ich niemand bin, der einen Freund bei anderen anschwärzt«, sagte Gawayne leise.
»Trotzdem«, drängte Artos. »Was sollte diese Bemerkung über einen Thronfolger?«
Gawayne fuhr herum. »Der Emrys hat mehrfach versucht, dich mit der Nase darauf zu stoßen, ich weiß das. Aber du hast nicht auf ihn hören wollen.«
»Vielleicht solltest du nicht unbedingt in Rätseln sprechen! Es reicht, daß
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