Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0551 - Im Licht der schwarzen Sonne

0551 - Im Licht der schwarzen Sonne

Titel: 0551 - Im Licht der schwarzen Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
nichts. Ich hab’s niedergemetzelt und nicht mal eine Schramme davongetragen!« Er räusperte sich. »Nun gut, fast keine. Aber ich habe ja eine gute Rüstung.«
    Diese Rüstung, sein Schwert und die Freundschaft zu Artos waren sein größter Stolz. Stundenlang konnte er an dem gar nicht mal so massiven Eisenblech der Rüstung mit dem dünnen Silberüberzug herumpolieren. So bearbeitet, glänzte sie fast wie ein Spiegel. Sicher, Lancelot war ein hervorragender Kämpfer, aber auch ein Meister der Selbstdarstellung. Irgendwie schaffte er es bei den Turnieren immer wieder, nur bei hellem Sonnenschein anzutreten, und dann spiegelte sich das Sonnenlicht auf dem polierten Silber, so daß seine Kontrahenten geblendet wurden. Um so leichter konnte er sie aus dem Sattel fegen oder ihnen im Schwertkampf die Klinge um den Helm schlagen.
    Es gelang ihm sogar auf dem Schlachtfeld, immer das Wetter auf seiner Seite zu haben. »Die Göttin liebt mich und schenkt mir den Glanz ihres Sonnenlichtes«, hatte er einmal geäußert, als er mit Artos ein paar Humpen Honigbier zuviel gebechert hatte. Artos war der Doppelsinn der Worte nicht aufgegangen; in heimlicher, trauter Zweisamkeit pflegte Lancelot Guenhwyvar mit dem Kosenamen »Göttin« zu bedenken…
    Beinahe hätte er sich mit trunkener Zunge verplappert. Aber der königliche Freund war nicht mißtrauisch geworden. Er war von Lancelots Erscheinung immer wieder geblendet - in mehrfacher Hinsicht. Lancelot war ein glänzender Kämpfer und ein glänzender Redner, der fleißig an seiner eigenen Legende schmiedete, dem König ein treuer Freund und Ritter war - und ihn nebenher zum Hahnrei machte.
    Vielleicht hätte Lancelot die dinas brenin, die Königsfeste, längst wieder verlassen und wäre seiner Wege gezogen, gäbe es nicht die schöne Guenhwyvar, des Königs Gemahlin. Denn an sich war Lancelot nicht der Mann, der gern in der zweiten Reihe stand.
    Schon damals, als Artos und er sich zum erstenmal begegneten und Lancelot nicht daran dachte, einem dahergelaufenen Räuberhauptmann aus dem Weg zu gehen, hatte es ihn nicht gekümmert, daß Artos sieh König von Britannien nannte. Es gab viele kleine Könige in jener Zeit; jeder, der ein paar Morgen Land sein eigen nannte und über mehr als drei oder vier Knechte und Mägde gebot, schimpfte sich König. Natürlich gab es auch die wirklich großen Fürsten, die ihre Klanskriege gegeneinander ausfochten und oftmals darüber vergaßen, daß von der Küste und vom Osten her die Sachsen ins Land drängten, um es zu erobern. Und es gab diesen Mann, diesen Auserwcihlten, der es geschafft hatte, das Schwert Caliburn aus Merlins Zauberstein zu ziehen. Ausgerechnet dieser junge Mann, gerade zum Schildknappen ernannt, Sohn von Uther Pendragon, hatte das geschafft, was keinem anderen gelungen war.
    Niemand hatte auf den alten Mann mit dem weißen Bart geachtet, der in den Schatten stand und zuschaute. Niemand hatte den Zauber gesehen, mit dem Merlin den Schwertbann löste, damit der junge Auserwählte zum König erhoben werden konnte, viele Jahre vor der Zeit.
    Doch Merlin war ungeduldig geworden.
    Er sah, daß das Land schneller zerfiel, als es durfte, daß die Feinde stärker drängten als erwartet. Vielleicht waren dämonische Mächte im Spiel, um das Chaos zu schüren, das Leid der Menschen zu vergrößern, um sich daran zu laben und Lebensenergien zu trinken. Merlin wußte, daß jeder weitere Tag dem Bösen in die Hand spielte. Deshalb hatte er diesen Knaben, der noch nicht einmal sechzehn Sommer gesehen hatte, zum König erkoren müssen. König über Britannien…
    Und der wesentlich ältere, erfahrenere Lancelot lachte den jungen Bären aus. [4]
    Also duellierten sie sich in eitlem, unnachgiebigen Stolz. Natürlich hatte Lancelot die bessere Postion, und natürlich wurde Artos von der sich im Sonnenlicht spiegelnden Rüstung einmal stark geblendet. Lancelot nutzte diesen Moment sofort, schlug Artos das Schwert aus der Hand und setzte ihm die Spitze des eigenen an die ungeschützte Kehle -damit ihn jeder sofort erkannte, pflegte Artos nie einen Helm und auch keinen Hals- und Nackenschutz zu tragen. Wo andere sich mit dem Schildwappen und der Helmzier zu erkennen gaben, behauptete Artos: »Hinter Helm und Schild kann sich jeder verstecken. Nein, sie sollen mein Gesicht sehen und erzittern!«
    Es war ein Verbrechen, sich mit einem falschen Wappen zu tarnen. Die wenigen, die es jemals ausprobiert hatten, waren - sogar von ihren eigenen Leuten -

Weitere Kostenlose Bücher