0553 - Geisterstunde
war gerade dabei, ein Opfer umzubringen!
Wild röhrte sein Schrei über den Fluß, als er den Druiden sah!
***
Balwyn glaubte nicht mehr an Wunder, seit er Mithor angefleht hatte, seinen Schnaps besonders gut gelingen zu lassen, und ihm dann der gesamte Destillierapparat mit einem weichen Knall um die Ohren geflogen war.
Seitdem verzichtete Balwyn darauf, seinen Schnaps selbst zu brennen; dennoch kam er zu seinen täglichen Rationen, weil er seinem Nachbarn, dem Mithor offensichtlich gnädiger gesonnen war, das Depot anzapfte. Der hatte nicht die geringste Ahnung davon, warum sein Vorrat an hochprozentigem Lebenswasser ständig abnahm, und schob es auf böswillige Dämonen, von denen es schließlich mehr als genug gab.
Hin und wieder erlaubte sich Balwyn auch mal einen Ausflug in die Gastwirtschaft, wobei er höllisch aufpassen mußte, daß seine Cytha ihn nicht dabei erwischte, wie er mit einer der Sklavinnen des Wirtes poussierte.
Nach der hielt er heute vergebens Ausschau.
»Dafyd, wo hast du Reola versteckt?« wollte er vom Wirt wissen, der ihm sein Cwrw diesmal persönlich an den Tisch brachte.
Dafyd, der Wirt, hatte keine Ahnung und seine Sklavin schon den ganzen Vormittag über vermißt.
»Vielleicht ist sie dir durchgebrannt?« vermutete Balwyn und dachte an seine Cytha, der er am liebsten auch durchbrennen würde. Gemeinsam mit Reola, die war doch wenigstens noch jung und hübsch und verführerisch, aber Cytha übte schon seit Jahren keinen Reiz mehr auf Balwyn aus, der sich mit seinen Sechzigern gerade in den besten Jahren fühlte.
Am Nebentisch hatte einer die kurze Unterhaltung mitangehört. Ungefragt mischte er sich ein.
»Dämonen gehen um in unserem schönen Cymmerria! Vielleicht haben sie deine hübsche Reola geholt, Dafyd!« Balwyn schlürfte den Schaum von seinem Cwrw, das ihm in Dafyds Schenke am besten schmeckte. »Pah, Dämonen«, murmelte er. »Seit Gryf bei uns lebt, werden wir von den Mächten der Finsternis verschont!«
Gryf, der Druide! Gryf, dessen Bild sie alle in diesem Moment plastisch vor sich sahen, der Druide, der Hüter von Llandrysgryf. Gryf war nicht allein, sondern einer von sieben Druiden in der Umgebung, aber erst seit Gryfs Auftauchen hatte die Vampir- und Werwolfplage erheblich nachgelassen.
»Gryf ist auch nicht allmächtig«, knurrte der dritte und kicherte dann. »Vielleicht hat er schon in diesem Augenblick seinen Meister gefunden, wer weiß…?«
Zu dritt sprangen sie auf, Balwyn, der Wirt und ein weiterer Gast, und umringten Edd, den Gnom, der das Gespräch auf die Dämonen gebracht hatte. Balwyn sah keiner die Sechzig an, als seine Hand vorschoß, den Gnom am Kragen zu fassen bekam und ihn hochriß.
»Sag das noch einmal! Gryf hat seinen Meister gefunden? Gryf, unser Druide?« Der Gnom kicherte und dachte nicht daran, Balwyn den Gefallen zu tun, jetzt hilflos herumzuzappeln.
»Balwyn, ich weiß von nichts, und daher kannst du mich getrost wieder runterlassen!«
»Schwätzer!« stieß Balwyn hervor und ließ den Gnom achtlos fallen, um auch noch den Rest seines Cwrw zu schlucken. »Alter Schwätzer…«
Edd, der Gnom, ging. Lautlos huschte er davon, und Balwyn sah ihm nach.
Da glaubte er Gryf wieder vor sich zu sehen und mußte an die Behauptung des Gnoms denken, der Druide mit den grünen Augen habe seinen Meister gefunden.
Waren Gnome nicht manchmal auch Hellseher?
***
Der Dämon brüllte!
Gryf brüllte auch. Warum, wußte er selbst nicht, aber es tat ihm gut, es vertrieb den ersten Schrecken, den er bekommen hatte, als er den Dämon erblickte. Das fließende Wasser konnte der Höllenknecht nicht überschreiten, dem Druiden bot es kein Hindernis.
Nicht einmal naß wurde er, als er seinen Stab hob und durch die Kraft der Magie die Fluten teilte, um trockenen Fußes ans andere Ufer zu schreiten.
Noch lauter wurde das Toben des Dämons, der sich in seiner Opferzeremonie gestört fühlte.
Gryf kam heran, den Silberstab wie eine Lanze vorgestreckt, und seine Lippen murmelten Bannsprüche. War seine Macht größer als die des Dämons, dessen Brüllen nun zum Kreischen geworden war und der sich wie unter Peitschenhieben zu winden begann?
Gryf schrie seine Zauberformeln - Formeln, die den Dämon wie Schwerthiebe trafen.
Die Höllenkreatur sah nur noch einen Ausweg - und ergriff die Flucht!
Ein Blitz flammte auf und spaltete die Erde, um den Teuflischen darin verschwinden zu lassen.
Donnernd schloß sich der Erdspalt wieder.
Nichts zeugte mehr
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