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0555 - Jenseits der Energiemauer

Titel: 0555 - Jenseits der Energiemauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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nieder.
    Wir anderen nahmen unsere gewohnten Plätze ein. Major Nonderver am Hauptsteuerpult, Peltrow Batriaschwili am Feuerschaltpult, Riev Kalowont am Funkgerät und ich an der Ortung.
    Rorvic beobachtete uns mit einem wohlwollenden Lächeln.
    „Brav", sagte er väterlich. „Riev, stellen Sie die Verbindung zum Hangarmeister her, damit wir abfliegen können. Gleich nach dem Start geben Sie Bescrilo eine Hyperkomverbindung mit der POLLUX, die den Erdmond auf folgender Bahn umkreist ..."
    Er nannte die Werte, indem er sie von dem Stoffetzen ablas, der an der Gebetsmühle flatterte.
    Ich bemühte mich, meine Gedanken auf harmlose Geleise zu steuern, denn ich war mir nicht sicher, ob mein bisheriges autogenes Training ausreichte, meine Gedanken abzublocken.
    Dabei mußte ich aber auch an meine Aufgabe denken. Ich schaltete nacheinander die Ortungssysteme der Space-Jet ein.
    Nachdem der Hangarmeister uns abgefertigt und den automatischen Startablauf aktiviert hatte, schaltete" Bescrilo behutsam die Kraftstationen hoch. Die Space-Jet begann zu vibrieren. Langsam verschwanden die Landestützen in ihren Röhren. Das Schiff schwebte innerhalb des Hangar-Kraftfeldes, Als die Luft aus dem Schleusenhangar entfernt war, öffneten sich die beiden Torhälften. Der Blick auf die Schwärze des Raumes wurde frei. Rechts oben schimmerte ein Stück Mond.
    Dann polte das Hangar-Kraftfeld um und stieß die BUTTERFLY ab. Wir wurden auf einen genau vorausberechneten Punkt im erdnahen Raum geschleudert - und als eine grüne Lampe anzeigte, daß dieser Punkt erreicht war, beschickte Major Nonderver die Impulstriebwerke mit Energie.
    Im gleichen Augenblick wandte ich mich nach dem Albino um.
    Unser Commander saß noch immer auf seinem Teppich, aber er schien plötzlich von innen heraus zu leuchten. Seine Augen waren halb geschlossen, wie immer, wenn er meditierte beziehungsweise vorgab, zu meditieren.
    Riev Kalowont bemerkte, daß ich Rorvic ansah. Er folgte meinem Blick und holte tief Luft.
    „Was ist mit dem Commander los?" flüsterte er.
    Nun wandten sich auch die anderen Männer nach Rorvic um.
    Die normalerweise schneeweiße Haut des Albinos hatte sich in ein von innen heraus strahlendes Azurblau verwandelt; die sonst roten Augen leuchteten goldfarben.
    Riev blickte zum benachbarten Maschinenleitpult, das er ebenfalls kontrollierte.
    „Das ist doch nicht möglich!" sagte er tonlos.
    „Was ist los?" erkundigte sich Bes-crilo, ohne die Hauptsteuerkontrollen aus den Augen zu verlieren.
    „Wir haben einen Energieverlust von rund tausend Kilowatt", erklärte der Maschineningenieur. „Irgendwo verlieren wir Energie."
    „Der Commander!" sagte Peltrow und sprang auf. „Unter ihm muß die Bodenisolierung defekt sein."
    „Nicht anfassen!" schrie Bescrilc, als Peltrow Batriaschwili den Albino berühren wollte. „Ich schalte die Energie ab."
    Ich grinste still in mich hinein.
    Natürlich konnte man mühelos sämtliche Energiequellen abschalten, aber bei einem im Weltraum befindlichen Fahrzeug mußte ständig ein gewisses Minimum an Energie zirkulieren, um die Positronik, die Ortungs- und Navigationssysteme zu versorgen und um die Lufterneuerungs- und Klimaanlage in Betrieb zu halten.
    „Das hätte keinen Sinn", warf da Riev Kalowont erwartungsgemäß ein. „Es ist das Lebenserhaltungssystem, das Energie verliert."
    Nonderver blickte mich an.
    „Tatcher, Sie haben die BUTTERFLY einsatzklar gemacht", sagte er in schleppendem Tonfall. „Sie müssen sämtliche System durchgeprüft haben. Warum entdeckten Sie die defekte Stelle der Bodenisolierung nicht?"
    Ich antwortete nicht darauf. Es wäre unvereinbar mit meiner Ehre als Angehöriger einer edlen Marsianerfamilie gewesen, die Tat abzustreiten, aber ich brauchte sie auch nicht ausdrücklich zuzugeben.
    In diesem Augenblick öffnete der leuchtende Albino seine Augen ganz. Über seinem kahlen, ölig glänzenden Schädel flimmerte die Luft, dann bildete sich ein gelblich leuchtender Reif.
    „Ich vergebe Ihnen, Tatcher", sagte Dalaimoc mit seiner phlegmatischen Stimme. Langsam erhob sich der Albino vom Boden und schwebte empor. In etwa fünfzig Zentimetern Höhe hielt er an, unverändert in der Haltung eines sitzenden Buddhas.
    Ich war fasziniert, doch ich vergaß nicht, daß meine Möglichkeiten längst noch nicht erschöpft waren. Eine dieser Möglichkeiten nahm ich wahr, indem ich rasch zum Maschinenleitpult ging und den plombierten Hauptschalthebel herabriß.
    Ich zog ihn sofort wieder

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