0557 - Die Schlangengruft
lachte leise.
»Vergiß es, ich konnte nicht einmal Spuren ertasten. Es war eine Täuschung, so wie du dich unten im Tempel getäuscht hast, als du bei Monica und Stevens einen Schatten zu sehen glaubtest. Aber du sagtest da auch etwas von einer Flasche Jacky… Jeder ein Gläschen, das hilft gegen die kalte Nacht.«
Es war in der Tat empfindlich kühl geworden, eben typisches Wüstenklima mit gnadenloser Hitze bei Tage und erbarmungsloser Kälte bei Nacht. Hier, nahe der Mittelmeerküste, war es noch nicht so extrem wie einige hundert Kilometer weiter südlich, aber die Temperaturunterschiede waren dennoch beachtlich.
Zamorra sah wieder zum Eingang der unterirdischen Anlage hinüber, dann nickte er.
»Schön, köpfen wir die Flasche auf dein Überleben. Aber - was verbirgt sich tatsächlich in diesem Tempel?«
»Das Schwert Alexanders des Großen und drei Kreuzritter, die es bewachen«, sagte Tendyke trocken. »Glaubst du es nicht?«
»Für Glaubensfr agen ist die Kirche zuständig. Ich bin Wissenschaftler.«
»Und manchmal Zyniker«, konterte Tendyke. »Morgen kommen wir ein Stück weiter. Aber nicht so dilettantisch, wie Alvarez es bisher angefaßt hat. Ich hab’s satt, wir werden die Sache im Blitzverfahren beenden.«
Zamorra räusperte sich.
»Darauf bin ich gespannt.«
***
Beobachtet, ohne beobachtet zu werden…
Sie hatten den Schutz der unterirdischen Gewölbe und der Schatten verlassen. So unauffällig wie möglich näherten sie sich dem Camp der Sterblichen, um es zu erforschen. Sie krochen über den Sand und achteten darauf, daß der Schein des Feuers nicht von ihrer messingglänzenden Haut reflektiert wurde.
Dennoch wäre eine von ihnen beinahe entdeckt worden!
Gerade noch rechtzeitig hatte sie sich zurückziehen können und war froh, masselos agieren zu können, so daß keine Kriechspur im Sand zurückblieb.
Denn nach einer solchen Spur hatte der Mensch mit seinen Händen getastet.
Seid wachsam , der Feind ist gefährlich… Er weiß nichts von unserer Existenz, aber einer unter ihnen kennt Ssacahs Macht.
Die unterarmlangen Schlangen näherten sich dem Camp weiter.
Ihr Auftrag lautete, Informationen aufzunehmen und an Ssacah weiterzugeben.
Noch sollten sie nicht neue Ssacah-Diener schaffen.
Noch nicht…
***
Manchmal in diesen Nächten fühlte sich Zamorra sehr allein und wünschte, Nicole wäre ebenfalls hier. Er vermißte ihre Berührungen, ihre Stimme, das Funkeln ihrer Augen. Natürlich gönnte er ihr die Ruhe im Château, die sie auch hoffentlich hatte, trotzdem war da dieses Verlangen nach ihr…
Ruhe war eingekehrt, und das Lagerfeuer brannte nieder, war nur noch ein schwacher Glutfleck. Aber obgleich sich die Stille mit den leisen Schwingen der Nacht über das Lager gesenkt hatte, konnte Zamorra nicht schlafen.
Es war nicht nur seine Gefährtin, die ihm fehlte. Es war auch nicht das Gedankengebilde, das um Tendykes Geheimniskrämerei und die unterirdische Anlage kreiste.
Da war noch mehr…
Doch er konnte nicht sagen, was es war, das ihn nicht schlafen ließ. Das Gefühl einer Gefahr, die sich schleichend näherte?
Er kroch wieder aus dem Schlafsack, schlüpfte in Hemd und Hose und schlich lautlos aus dem Zelt.
Es war inzwischen noch kälter geworden.
Leichter Wind war aufgekommen, feine Sandkörner trieben durch das Lager. Zamorra verzog das Gesicht. Er hoffte, daß der Wind nicht stärker wurde. Ein Sandsturm war genau das, was ihnen jetzt noch fehlte. Er hatte es am Abend versäumt, die Wetterprognosen zu hören, die über Funk abgefragt werden konnten, aber er war sicher, daß Tendyke es getan hatte. Der Abenteurer mit seiner langen Überlebenserfahrung hätte sie sicher nicht alle so ruhig in ihre Zelte kriechen lassen, wenn wirklich Gefahr im Verzug war.
Dennoch stimmte hier irgend etwas nicht…
Die Nächte waren zu still. Kein Schakal, der in der Dunkelheit heulte, kein Rascheln von Insekten oder anderen Kleintieren…
Zamorra wußte, daß selbst die trockenste Wüstenregion nicht wirklich tot war. Wer sich auskannte, fand immer irgend etwas Lebendiges, das er fangen und als Nahrung verwenden konnte. Insekten, die sich unter dem Sand verkrochen, Tiere, die sich erst in der Dunkelheit ins Freie wagten, wenn die erbarmungslose Tageshitze sie nicht mehr stören konnte…
Aber hier gab es wirklich nichts!
Nicht einmal Fliegen und Stechmücken, die ansonsten doch überall zu finden waren, wo Menschen und Tiere sich bewegten. Vermutlich war sogar der Sand
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