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0558 - Aus dem Jenseits entlassen

0558 - Aus dem Jenseits entlassen

Titel: 0558 - Aus dem Jenseits entlassen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Kutsche. Sie gaben ein gelbliches Totenlicht ab. Einen Kutscher sah ich nicht, dafür die Ladung.
    Der gläserne Sarg paßte zur Kutsche. Ich konnte auch erkennen, daß dort jemand seinen Platz gefunden hatte. Der Figur nach mußte es eine Frau sein.
    Mein Blick suchte Erica. Auch sie hatte mich angestarrt, wie die übrigen Gäste ebenfalls. »Ist das euer Jenseits oder Aibon?« fragte ich.
    »Ja.«
    Es dauerte, bis ich wieder eine Frage stellte. »Ich sehe den Sarg auf der Kutsche und frage mich, was dies zu bedeuten hat.«
    »Eine Beerdigung.«
    Mein Lächeln wurde spöttisch. »Wie nett. Eine Beerdigung im Jenseits. Das habe ich auch noch nicht erlebt.«
    »Und wir werden die Tote begleiten.«
    »Wer ist sie?«
    »Eine Person, die in Aibon einmal sehr groß und mächtig gewesen sein muß.«
    »Wie heißt sie?«
    »Niemand kennt sie. Wir wissen nur, daß wir sie auf ihrem letzten Weg begleiten sollen.«
    »Mit mir?«
    »So ist es.«
    Auch ich dachte natürlich darüber nach, wer die Person sein könnte, verdrängte den Gedanken aber und sagte statt dessen: »Der Kutscher fehlt. Wer soll die Pferde lenken?«
    »Er wird noch kommen.«
    »Ist es einer von euch?«
    »Ja, er gehört zu uns, aber er ist in dieser Nacht nicht bei uns gewesen. Trotzdem wird er kommen. Er muß den Ruf einfach gehört haben. Er hat die Kutsche oft gefahren.«
    Erst jetzt fiel mir auf, daß die Anwesenden Kerzen in den Händen hielten. Kein Docht brannte, sie hielten sie einfach nur fest. Daß sie dennoch eine Bedeutung haben würden, war mir schon klar. »Und ihr werdet die Tote begleiten?« fragte ich noch einmal.
    »Deshalb sind wir hier, Sinclair.«
    »Wie soll das geschehen?«
    Erica gab eine ausweichende Antwort. »Das wirst du in den nächsten Minuten erleben. Ich würde dir auch raten, uns zu folgen. Es ist bestimmt sehr wichtig.«
    Das sah ich ebenso, denn ich wollte endlich Klarheit in diesem verflixten Fall haben. »Gut, ich warte.«
    Für Erica war ich abgehakt, denn sie wandte sich an ihre Freunde.
    Ein buntes Allerlei aus Transvestiten. Mann Frau – Frau Mann, hier war alles vorhanden, mehrere Male aber auch konzentriert in jeder Person. Eigentlich ein Zerrbild.
    Ich schaute mir die Gesichter an. Sie alle waren geschminkt. Einige hell, andere viel dunkler. Lidschatten umgaben die Augen wie farbige Schleier. Grellrote, neonbunt, blaßrote und weiße Lippenstifte hatten Verwendung gefunden.
    Falsche Wimpern bewegten sich zuckend wie Schmetterlingsflügel. Mundwinkel zeigten verschiedene Formen. Mal gebogen, mal lächelnd, die Unruhe der Erwartung ließ keinen kalt.
    Erica löste sich aus dem Pulk. Sie schob sich an mir vorbei. Der Blick ihrer glänzenden Pupillen war lauernd und wissend gleichzeitig. Sie wußte genau, was passieren würde, und auch ich ahnte es.
    Die Menschen interessierten mich nicht allzu sehr, ich konzentrierte mich mehr auf das Bild, das diese schaurige Szene zeigte. Es kam mir unvollständig vor, auch das würde sich bestimmt ändern, wenn das gelang, was die Männer (Frauen) vorhatten.
    Mir war längst bekannt, daß auf der Welt transzendentale Tore existierten. Es waren Einstiege in andere Welten, in fremde Dimensionen. Die meisten Menschen wußten nichts davon, sie hätte das auch abgewiesen, aber es gab sie.
    Das konnten alte Stollen sein, auch völlig normale Türen oder – wie hier ein Bild.
    Ich ging davon aus, daß es den Leuten gelingen würde, durch dieses Bild in das Reich Aibon zu gelangen. Dies wiederum war eine Besonderheit, denn die Tore zu Aibon waren eigentlich verschlossen. Es hatte einmal geheißen, daß derjenige, der das Land einmal betreten hatte, nie mehr, zurückkehren würde.
    So war es damals gewesen. Ich aber hatte damit gebrochen, war aus Aibon zurückgekehrt und hatte damit die strengen Regeln gelockert.
    Erica schritt auf das Bild zu wie eine Königin. Den Kopf stolz erhoben, die Schritte fast majestätisch setzend, so näherte sie sich ihrem großen Ziel.
    Als sie es erreichte, blieb sie für einen Moment stehen, legte ihre Hand gegen die Stirn, als wollte sie über ein bestimmtes Problem nachdenken. Das Bild hing zwar gut sichtbar in Augenhöhe, gleichzeitig reichte es in seiner Tiefe fast bis zum Boden. Es würde Erica keine Schwierigkeiten bereiten, hineinzugehen.
    Im Kellerraum war es still geworden. Ein jeder versuchte, möglichst flach zu atmen. Nichts sollte diese unheimlich wirkende Andacht stören.
    Ich sah, wie sich die Rückenmuskeln der »Frau« spannten. Jemand

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