056 - Die Rache der Mumie
persönlich abliefern sollten.«
»Das wäre eine Möglichkeit«, meinte Dorian nachdenklich. »Uns sandte er jedoch kein Angebot. Wir müssen vorsichtig sein, Coco. Sobald wir auf der Insel sind, versuche, den Milliardär zu hypnotisieren.«
»Das werde ich tun.«
Ohne Olivaros Hilfe wäre ich verloren gewesen , dachte Nefer-Amun. Nur zu deutlich erinnerte er sich daran, wie seine Fähigkeiten immer schwächer geworden waren. Einige Stunden, nachdem sein Sarg von Gamal Kassim aufgebrochen worden war, hatte er die entsetzliche Wahrheit erkennen müssen. Er war zu schwach gewesen, um seine Grabbeigaben in Sicherheit zu bringen. In seiner Verzweiflung hatte er sich an Olivaro gewandt, der seine Grabbeigaben aus Ägypten brachte.
Nefer-Amun wusste nicht, wo er sich befand. Es war ein riesiger, völlig dunkler Raum. Doch er brauchte kein Licht – er konnte auch bei Dunkelheit so deutlich wie bei Tageslicht sehen. Immer wieder ging er zwischen den Grabbeigaben herum und versuchte durch ihre magische Ausstrahlung seine Kräfte aufzuladen, was ihm aber nicht gelang. Er war Olivaro dankbar, dass er ihm eine junge Frau gesandt hatte, die jetzt blutleer in einer Ecke des Raumes lag.
Doch seine Gier nach Blut war noch nicht gestillt. Der Mumienkörper benötigte immer öfter Blut. Nefer-Amun klammerte sich verzweifelt an die Hoffnung, dass er einen Teil seiner Fähigkeiten zurückbekommen würde, sobald er alle Grabbeigaben wieder in Besitz hatte.
Vor allem benötigte er die Toth-Anubis-Statuette, die Dorian Hunter besaß. Ohne diese Statuette hatte er keine Chance, sich aus dem ungeliebten Leib zu lösen. Der Drang nach Blut wurde übermächtig. Seine Gedanken verwirrten sich. Undeutlich konnte er sich an Olivaros Plan erinnern. Olivaro wollte versuchen, Dorian Hunter mit der Statuette aus der Jugendstilvilla zu locken. Mehrmals hatte Nefer-Amun versucht, Kontakt mit der Statuette herzustellen, doch es war ihm nicht gelungen.
Plötzlich richtete er sich auf. Ein Schmerzensschrei kam über seine ausgetrockneten Lippen. Er fiel zu Boden … Beine und Arme zuckten, er schrie erneut, glaubte, sein Körper würde in Stücke gerissen; dann wurde er bewusstlos.
Stunden später wachte er auf. Der Schmerz war noch immer da. Sein Kopf dröhnte. Jeder Gedanke fiel ihm schwer.
Mühsam setzte er sich auf und presste die bandagierten Hände gegen die Stirn. Er keuchte und wimmerte. Schließlich versuchte er zu ergründen, woher der Schmerz kam.
Sekunden später wusste er die Antwort. Der Schmerz kam von der Toth-Anubis-Statuette. Dorian Hunter hatte die Jugendstilvilla verlassen und die Statuette mitgenommen. Vorher hatte er eine altägyptische Beschwörung vorgenommen.
Außerdem hatte er die Statuette mit Amuletten gesichert, die bei Nefer-Amun den Schmerz verursachten, der ihn fast wahnsinnig machte.
»Olivaro!«, brüllte er verzweifelt.
Doch sein Verbündeter antwortete nicht.
Nefer-Amun war zu schwach, um sich mit Olivaro in Verbindung zu setzen. Er musste die Kammer verlassen und töten. Der Schmerz wurde unerträglich. Mühsam konzentrierte er sich auf eine der Grabbeigaben, die sich irgendwo in Europa befand.
Der Kontakt war nur ganz schwach.
Er mobilisierte all seine Kräfte, und langsam löste sich sein Körper auf. Es dauerte immer einige Sekunden, bis er sich ganz auf die Ausstrahlung der Grabbeigabe konzentriert hatte. Der Gegenstand, den er anpeilte, war eine große goldene Statue, die einen Schreiber darstellte.
Nefer-Amun fand sich in einem kleinen Zimmer wieder. Er blickte sich um. Kein Mensch war zu sehen.
Der unerträgliche Schmerz war schwächer geworden.
Er durchquerte das Zimmer und blieb vor einer Wand stehen. Die Statue befand sich in einem Tresor, der hinter einem Gemälde versteckt war. Nefer-Amun riss das Bild von der Wand, und seine Finger berührten den Tresor. Er war zu schwach, um seinen Körper nochmals zu entmaterialisieren … er konnte nicht in den Tresor greifen.
Rasend vor Wut stürzte er in einen Korridor. Er brauchte Stärkung für seinen geschwächten Körper.
Eine alte Frau trat aus einem Zimmer. Nefer-Amun sprang sie an, verbiss sich in ihrer Kehle und trank ihr Blut. Er spürte, dass er kräftiger wurde. Die Tote ließ er zu Boden fallen und stürmte in den Raum zurück, in dem sich der Tresor befand.
Diesmal hatte er mehr Glück. Er konzentrierte sich. Seine rechte Hand wurde durchscheinend, schien sich aufzulösen. Sie glitt durch den Stahl und umspannte die Statue. Die
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