056 - Die Rache der Mumie
magische Kraft der Statue strömte auf ihn über. Er zog die Hand zurück, und die Statue löste sich auf.
Nefer-Amun drehte sich um. Ein kleiner, rotgesichtiger Mann trat ins Zimmer, riss eine Schrotflinte hoch und drückte ab. Nefer-Amun spürte einen Schlag gegen die Brust, empfand dabei aber keine Schmerzen. Die Schrotkörner zerfetzten einige der Leinenbinden, in die sein ausgetrockneter Leib gehüllt war, konnten ihn aber nicht töten.
Der Mann warf das Gewehr zu Boden und wandte sich schreiend zur Flucht.
Die Mumie setzte ihm nach, packte ihn an den Schultern, riss ihn herum und schnappte nach seiner Kehle. Bob de Graaf schlug verzweifelt um sich, doch nach einigen Sekunden wurden seine Bewegungen schwächer.
Nefer-Amun warf dem Toten einen raschen Blick zu. Er fühlte sich herrlich gestärkt. Die Schmerzen, die er noch vor wenigen Augenblicken empfunden hatte, waren gänzlich verschwunden.
Wieder konzentrierte er sich. Sein Körper löste sich auf und erschien wenige Sekunden später in der Kammer, in der sich der Großteil seiner Grabbeigaben befand. Sofort spürte er wieder die Schmerzen. Er fiel auf die Knie und keuchte.
»Olivaro!«, rief er. »Olivaro, hörst du mich?«
Diesmal gelang es ihm, die Verbindung herzustellen.
»Ich höre dich!«
»Ich werde verrückt vor Schmerzen«, stöhnte Nefer, der sich auf dem Boden wand. »Du musst mir helfen, Olivaro.«
»Was ist mit dir los?«, fragte Olivaro verwundert. »Weshalb hast du Schmerzen?«
»Die Toth-Anubis-Statuette«, wimmerte Nefer-Amun. »Hunter hat sie mit Amuletten gesichert, die die Schmerzen bei mir auslösen. Die Schmerzen werden von Minute zu Minute unerträglicher. Ich musste mir eine weitere Grabbeigabe holen.«
»Du musst völlig verrückt geworden sein«, fauchte Olivaro ergrimmt. »Ich sagte dir ausdrücklich, dass du …«
»Ich hatte keine andere Wahl«, winselte Nefer-Amun kläglich.
»Wen hast du getötet?«
»Bob de Graaf«, flüsterte die Mumie.
»Da haben wir Glück gehabt, dass du dir keinen anderen ausgesucht hast. Sonst wäre unser Plan gefährdet gewesen. Du musst dich noch einige Stunden gedulden, Nefer.«
»Ich kann nicht!«, brüllte die Mumie. »Ich kann es nicht. So versteh mich doch, Olivaro! Ich glaube, verrückt zu werden. Die Schmerzen werden immer stärker. Ich muss fort von hier. Ich spüre, dass die Statuette immer näher kommt. Ich werde versuchen, sie zu holen.«
»Das lässt du bleiben!«, sagte Olivaro scharf. »Im Augenblick hast du keine Chance, die Statuette an dich zu bringen. Du würdest nur Hunter warnen – und das wollen wir verhindern.«
»Was soll ich dann tun?«
»Lass mich überlegen«, sagte der ehemalige Herr der Schwarzen Familie.
Nefer-Amun schlug mit den Fäusten auf den Boden.
»Hörst du mich?«, fragte einige Sekunden später Olivaro.
»Ja«, hauchte Nefer-Amun.
»Alle Sammler sind mit den Grabbeigaben zu einer kleinen Insel unterwegs, die einem griechischen Milliardär gehört. Nur zwei traten die Reise nicht an. Der eine war Bob de Graaf, den du getötet hast. Der andere ist Pedro Munico. Konzentriere dich auf Munico, Nefer! Bring die Grabbeigabe an dich, kehre aber nicht in deine Grabkammer zurück! Hast du mich verstanden?«
»Ja«, keuchte die Mumie.
»Munico lebt in Madrid. Versteck dich in seinem Haus! Du bleibst so lange in Madrid, bis ich dich zurückrufe. Verstanden?«
»Ich habe dich verstanden.«
»Du darfst auf keinen Fall zurückkommen, bevor ich dich rufe. Das ist wichtig. Wichtig für unseren Plan.«
»Ich werde daran denken«, sagte Nefer-Amun.
Dorian und Coco standen an Deck der Jacht. Eine kleine Insel tauchte aus dem Nebel auf. Es regnete noch immer. Der Himmel war grau und das Meer fast schwarz.
»Sieht nicht sehr einladend aus.« Dorian stellte den Mantelkragen auf und trat einen Schritt zurück, da ihm der Regen ins Gesicht peitschte.
Coco blickte sich um. Eben betraten Ingmar Björksten und Karje Fjorthof das Deck. Die beiden Männer warfen der Insel einen misstrauischen Blick zu. Das Tempo der Jacht wurde verlangsamt, das Schiff drehte ab. Die Insel war nicht groß und flach wie ein Pfannkuchen. Hinter einer drei Meter hohen Steinmauer war ein pyramidenähnlicher Bau zu sehen. Die Jacht wurde noch langsamer.
Dorian suchte nach einer Anlegestelle, sah aber keine. Das Boot steuerte genau auf die Insel zu. Plötzlich klaffte in der Strandterrasse eine gewaltige Öffnung.
Fünf Minuten später befand sich die Jacht in der Öffnung,
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