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056 - Satans Mörderuhr

056 - Satans Mörderuhr

Titel: 056 - Satans Mörderuhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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der Mehrzahl und redete die Uhr an wie ein Lebewesen, wie man etwa zu
einem Hund oder einer Katze sprach. Mit einer beinahe andächtigen Bewegung
drehte er die Zeiger - zweimal nach links - einmal nach rechts. Jeweils eine
volle Umdrehung über zwölf Stunden hinweg. Hinter dem Zifferblatt knackte es,
als würden Zahnräder ineinandergreifen. Der Deckel des Zifferblattes öffnete
sich spaltbreit zur Rechten. Bergerac griff in den Spalt und zog das Blatt
vollends nach vorn.
    Sein Blick ging in das Uhrwerk, das sich als ein Gewirr von
Zahnrädern, Federn undMetallstreben erwies. Gleich links in der Ecke der
Öffnung befand sich ein kleiner Hebel, der eine entfernte Ähnlichkeit mit einem
Schlüssel hatte. Doch dieser war fest mit der Maschinerie verbunden und konnte
nicht gelöst werden. Bergerac drehte den Schlüssel. Die Uhr begann zunächst
schwach zu ticken, als würde das Werk aus einem langen Schlaf erwachen. Der
Schlag verstärkte sich, wurde gleichmäßig, rhythmisch und erfüllte dröhnend das
Innere der kleinen Kammer. Der verrückte Marquis stellte die Zeiger der Uhr
wahllos auf zwei Minuten vor zwölf, starrte mit brennenden Augen auf das
Zifferblatt und leckte sich erregt die Lippen, als erwarte er etwas
Ungewöhnliches.
    Punkt zwölf geschah es! Das Fallbeil fiel dumpf nach unten. Das
breite Stahlband vibrierte nach. Leise knackend zog der Mechanismus das Beil
wieder nach oben. Bergerac wartete den Liftvorgang ab. Das Oberteil der
Schneide schlug gegen die Fuge. Das Beil saß wieder fest, solange bis die Uhr
die nächste volle Stunde anzeigte. Dann würde das Fallbeil abermals automatisch
ausgelöst werden.
    Bergerac öffnete eine Tür nach der anderen. Hinter jeder stand
eine Uhr.
    Sie glichen sich wie ein Ei dem anderen. Jede einzelne zog
Bergerac auf. Das laute Ticken erfüllte den gewölbeähnlichen, großen
Folterraum. Zwanzig Türen öffnete Bergerac. Hinter neunzehn von ihnen fanden
sich die Uhren, die nun, in einer Reihe nebeneinandergestellt, in der Dämmerung
aussahen wie ein vielzähniges Ungeheuer. Die Kammer hinter der zwanzigsten Tür
war leer .
    Der Verrückte kniff die Augen zusammen. Im ersten Augenblick war
er wie vor den Kopf gestoßen, doch dann hellte sich sein Gesicht auf. In den
Wohnräumen oben musste die zwanzigste Uhr sein! Jetzt erinnerte er sich. Er
wollte gleich nachsehen. Rasch durchquerte er den Raum. Durch die eilige
Bewegung tropfte das Kerzenwachs nach unten und ballte sich zu kleinen
Kügelchen zusammen, die durch den Staub rollten. Bergerac stieg die Stufen
empor. Als er den oberen Kellerraum erreichte, hörte er ein leises, fernes
Geräusch. Sofort verharrte er in der Bewegung und lauschte. Da war es wieder!
Es hörte sich an, als würde jemand eine Tür zuschlagen. Bergerac hielt den Atem
an und löschte sofort die Kerze. Er war es gewohnt, ständig auf der Hut zu sein,
er wusste, dass er von Feinden umgeben war, dass man nur darauf wartete, ihn zu
erwischen und zu überführen. Aber die Abtrünnigen, die Mörder, sollten ihn
nicht überlisten!
    Seinen Kopf würden sie nicht unter die Guillotine legen. Seine
Freunde waren alle tot, die Bluttage in Paris hatten ihre Opfer gefordert. Aber
er würde sie alle rächen. Hier in der Einsamkeit hatte er am besten die
Möglichkeit dazu. Die Uhren funktionierten. Er musste sie nur geschickt
einsetzen. Wie eine Raubkatze schlich der Verrückte die Treppen hoch, verbarg
sich in der Dunkelheit der Räume und lauschte auf die Geräusche, die von
außerhalb des Hauses an seine Ohren drangen. Knirschende Schritte auf dem Boden
- leise Stimmen - sie unterhielten sich in einer Sprache, die er noch nie gehört
hatte. Er bemerkte, wie sich jemand an der vorderen Tür zu schaffen machte. Ein
merkwürdiges Geräusch ging durchs Haus. Bergerac zuckte zusammen. Er konnte
sich nicht daran erinnern, an der Tür eine Glocke angebracht zu haben. Dann
klopfte es gegen die geschlossenen Fensterläden, und eine Stimme rief:
»Monsieur Chevall? Hallo, Monsieur Chevall? Können Sie uns hören ?«
    Stille!
    Die Schritte entfernten sich. Jetzt kamen die unbekannten Besucher
von hinten an das Haus heran. Siedend heiß pulste das Blut durch die Adern des
Lauschenden. Die Tür hinten hatte er nicht verriegelt. Er betrachtete die
schwere, erloschene Kerze, die er noch immer in der Hand hielt. Sofort drehte
er sie um und hielt das verstärkte Endstück verkehrt herum in der Hand, um sie
als Schlagwaffe benutzen zu können. Lautlos schlich er durch den Raum

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