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0560 - Der Rattenmensch

0560 - Der Rattenmensch

Titel: 0560 - Der Rattenmensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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und schliefen.
    Niemand ahnte etwas…
    In der engen Röhre herrschte ein widerlicher Geruch vor. Es stank nicht nur feucht – abgegeben von dem Schmier auf dem Boden, auch der Sauerstoffgehalt der Luft nahm ab, so daß ich Mühe hatte, normal durchzuatmen. Bei jedem Atemzug schmeckte ich den Gestank.
    Die Ratten hatten in mühevoller Nagearbeit die Röhre in das Mauerwerk gegraben. Die Maße waren von ihnen nicht verändert worden. Es blieb fast so eng wie in einem Sarg.
    Es ließ sich leider nicht vermeiden, daß ich manchmal mit dem Gesicht über den schmierigen und seifigen Röhrenboden glitt. Dann drang mir das Zeug fast in den Mund und verklebte meine Augen.
    Ich wischte mir des öfteren das Gesicht frei und legte auch eine kleine Pause ein. Es dauerte seine Zeit, bis sich mein heftiger und keuchender Atem wieder beruhigt hatte.
    Stille umgab mich!
    Es war eine Ruhe wie in einem tiefen Grab. Ich mochte sie nicht, weil ich mir vorkam wie ein Mensch, den jemand in die Ewigkeit verbannt hatte. In einen Raum, wo es weder Zeit noch Maße gab und das Herzklopfen eines Menschen laut wie Trommelwirbel klang.
    Wieder schaltete ich das Feuerzeug ein. Die Flamme fand noch Nahrung.
    Das Licht zeigte mir den grauen Schmutz um mich herum.
    Ich kroch weiter.
    Nach wenigen Metern schon stellte ich fest, daß ich nicht allein unterwegs war.
    Das bekannte Trappeln kleiner Füße drang an meine Ohren.
    Die Ratten kamen!
    Sie huschten von vorn auf mich zu. Ich dachte daran, daß ich wehrlos war. Wenn sie mich überfielen, würde es mir kaum gelingen, die eine oder andere zu vernichten.
    So blieb ich auf dem Bauch liegen und vergrub mein Gesicht in den angewinkelten Armen.
    Dann waren sie da!
    Sie sprangen mich an, trippelten über meinen Rücken hinweg und quetschten sich durch jede Lücke.
    Ich hatte die Gedanken ausgeschaltet. Nur nicht darüber nachdenken, was da an Besuchern über mich hinweglief. Da konnte man sonst durchdrehen. Die Ratten huschten weiter. Ich lebte noch, hob vorsichtig den Kopf an und hatte das Gefühl, nicht mehr allein zu sein.
    Das Feuerzeug hielt ich noch fest. Die Daumenkuppe rutschte über das kleine Rädchen. Funken erschienen, danach die Flamme, und ihr Schein leuchtete geradewegs in ein widerliches Rattengesicht.
    Das Tier hockte zum Greifen nahe vor mir. Ich schaute direkt in seine Augen, die mich tückisch anschauten und gleichzeitig so, als hätten sie eine Botschaft für mich.
    Auf der Stelle machte sie kehrt und rannte davon.
    Für mich war es so etwas wie ein Startzeichen, ihr ebenfalls zu folgen. Wieder setzte ich mit robbenden, mühsamen Bewegungen meinen Weg in die unbekannten Gegenden zwischen den Mauern fort.
    Noch immer wußte ich nicht, wo ich einmal landen würde. Da dieser schmale Kanal auch weiterhin bergab führte, konnte es durchaus sein, daß ich irgendwo unter dem Zuchthaus in den Abwässerkanälen hervorkroch.
    Wer so wie ich durch das absolute Dunkel einer Röhre kriecht, der verliert einfach das Gefühl für die Zeit. Hätte mich jemand gefragt, ich hätte ihm nicht sagen können, ob ich eine oder mehrere Stunden unterwegs gewesen war.
    Immer weiter…
    Durch den Schlamm, den Schmier, unter der niedrigen Decke wegtauchen. Irgendwo mußte es doch einen Ausweg oder einen Ausgang geben, denn Janos Torday war die Strecke auch gekrochen und immer wieder in seine Zelle zurückgekehrt.
    So machte ich weiter und war dankbar für die reißfeste Gefängniskleidung, denn der Drillichstoff hielt wesentlich mehr aus als ein normaler.
    Alles hat einmal ein Ende, nur die Wurst hat zwei. Dieses Lied fiel mir ein, als ich plötzlich nicht mehr weiterkam. Meine rechte vortastende Hand war gegen ein Hindernis gestoßen.
    Mit dem ersten Griff schon hatte ich feststellen müssen, daß es sich dabei um ein Gitter handelte, das irgend etwas absperrte. Aber was?
    Vielleicht den endgültigen Weg in die Freiheit?
    Das sollte mir nach Möglichkeit niemand antun. Dann konnte ich ganz einpacken oder den gleichen Weg wieder zurückkriechen.
    Wieder trat mein Feuerzeug in Aktion.
    Die kleine Flamme ließ ihr Licht über die rostigen Stäbe wandern.
    Mit einer Hand rüttelte ich daran und stellte fest, daß sie locker im Untergrund steckten.
    Herausziehen ließen sie sich trotzdem nicht, der Trick war ein ganz anderer und viel einfacher. Ich brauchte nur kräftig gegen das Gitter zu drücken, um es an der anderen Seite wegschieben zu können. Nun war der Weg für mich frei.
    Ich kroch so rasch wie möglich

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