0561 - Hetzjagd der Vampire
Lippen: Mit Schwund muß man rechnen! Ich wünschte, Asmodis säße noch auf diesem Thron!«
»Das war ein offenes Wort. Sarkana«, zischte Stygia. »Ich werde mich zu gegebener Zeit daran erinnern. - Jetzt aber erinnere ich dich daran, daß dein Rang niedriger ist als meiner. Und ich befehle dir, deine Aktivitäten einzustellen.«
Der Vampir-Dämon straffte sich. Seine Augen wurden dunkler, und auf seiner bleichen Stirn bildete sich eine steile Falte.
»Ich habe deinen Befehl nicht vernommen«, sagte er.
»Dann werde ich ihn vor Zeugen wiederholen, und du wirst gehorchen!« schrie sie ihn an.
Sarkana lächelte dünnlippig und bleckte die Zähne, die wieder auf normale Länge geschrumpft waren.
»Ich werde dich dann vor Zeugen beschuldigen, dich schützend vor unsere Erzfeinde zu stellen. Ob andere das so einfach hinnehmen werden, kannst du dann ja erproben.«
Er wandte sich um und ging.
Bis zum letzten Moment rechnete er damit, daß Stygia ihn zurückrief oder ihn angriff. Aber diese Blöße gab sie sich nicht.
Sie würde einiges zum Nachdenken haben.
Als Sarkana den Thronsaal verlassen hatte, rieb er sich zufrieden die Hände.
Dieser Punkt ging an ihn…
***
»Wo sind wir hier eigentlich?« fragte Zamorra. Er sah sich um; vor ihm erhob sich ein gewaltiges Bauwerk. Er berührte die Fassade aus mächtigen, dunklen Steinen und sah nach oben.
»Das ist die Kirche, unter der ich den Vampir fand«, sagte Gryf.
Zamorra verzog das Gesicht. »Das weiß ich. Aber wo befindet sich diese Kirche? Das ist wohl schon eher ein Dom! Dürfte späte Gotik sein, nicht wahr? Vierzehntes oder fünfzehntes Jahrhundert…«
Der Druide zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Die Leute hier haben erst recht spät angefangen, Kirchen zu bauen.«
»Aber dann gleich richtig, wie? Wie heißt dieser Ort hier? Wäre nett, wenn du dich endlich mal zu einer etwas exakteren Antwort bequemen würdest.«
Gryf hatte bisher nur von der Kirche gesprochen, von dem unterirdischen Gewölbe, in dem der Sarkophag des Vampirs gestanden hatte.
Zamorra hatte bisher auch nicht weiter gedrängt, aber diese Umgebung erschien ihm doch etwas merkwürdig. Er hatte nicht gedacht, daß die Kirche so groß war.
Sie paßte in Städte wie Paris, Florenz oder München, nicht jedoch in eine Ansammlung relativ kleiner Häuser, wie sie hier ringsum zu sehen waren. Kaum mehr als ein großes Dorf, das von der Kirche weit überragt wurde. Zamorra schätzte, daß in diesem Kirchenbau doppelt oder gar dreimal so viele Menschen Platz fanden, wie der Ort Einwohner zählte.
Der Druide hatte ihn im zeitlosen Sprung mitgenommen, und auf die Landkarte hatte vorher niemand geschaut - Gryf kannte sein Ziel, und Zamorra vertraute ihm.
Aber jetzt wollte er doch wissen, wo sie sich befanden. Er sah nirgendwo ein Straßenschild, er sah auch kein Auto, dessen Kennzeichen ihm hätte verraten können, wo etwa er sich befand, und - er sah keine Menschen.
Trotz der späten Nachmittagsstunde zeigte sich niemand auf dem Platz, an den Fenstern der Häuser und in den Straßenzügen, die vom gepflasterten Kirchplatz aus zwischen Bauwerken und Bäumen verschwanden.
»Llanrhyddlad«, brummte Gryf und glaubte damit alles gesagt zu haben.
»Llanrhy… noch mal… , Llanrhyddlad«, bekam Zamorra es im zweiten Anlauf hin. »Also Wales?«
Der Name des Ortes klang cymrisch. Gryf nickte.
»Mona… oder Anglesey, wie die Engländer unsere Insel nennen. Ziemlich weit im Nordwesten. Kein Mensch kennt dieses Kaff. Auf der Landkarte steht’s zwar, aber wer kommt schon hierher? Hier wünschen sich Fuchs und Hase keine gute Nacht, weil sie schon längst ausgewandert sind.«
»Kein Wunder bei diesem Zungenbrecher von Namen, und erzähl mir jetzt nicht schon wieder, daß es noch schlimmere gibt? Mich erstaunt’s schon längst nicht mehr, daß die Waliser seinerzeit die großen Schlachten gegen die Engländer verloren haben. Bevor sie die Namen der angegriffenen Orte komplett aussprechen konnten, waren die Angreifer schon längst hindurchgezogen… was mich aber nun wundert, ist, daß dieser Vampir ausgerechnet hier sein Unwesen getrieben hat! Ist Anglesey nicht eigentlich deine Insel?«
Auf Mona, der »Druideninsel«, wie sie auch genannt wurde, hatte Gryf eine kleine Blockhütte in der Wildnis nahe einem Bach, mindestens eine Stunde Fußmarsch von der Zivilisation entfernt. Wo genau sich diese Hütte befand, hatte Zamorra nie herausgefunden, weil er nur entweder von Gryf direkt per
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