0561 - Leichenwagen zur Hölle
Frau, der ich zweimal begegnet bin.«
»Davon hast du mir nichts erzählt.«
»Ich hielt es nicht für wichtig.« Noch immer glitt der Seidenschal durch die Lücken. »Und diese attraktive Frau trug nun mal einen gelben Seidenschal.«
Suko zog kein skeptisches Gesicht, er starrte nur den Schal an. Mit zwei Fingern fuhr er über sein Nackenhaar, atmete durch die Nase, schnaufte wieder und meinte: »Dann müssen wir in der Zwischenzeit Besuch bekommen haben. Und zwar von einer Lady, die den Schal bewußt hier vergessen hat.«
»So sehe ich es auch.« Ich berichtete dem Inspektor detailgenau von unseren Begegnungen und auch davon, daß die Unbekannte so plötzlich verschwunden war.
»Dann muß sie unter dem gleichen Schicksal leiden wie der Junge«, stellte Suko fest.
»Richtig. Ich frage mich nur, aus welch einem Grund sie uns den Schal überlassen hat.«
»Als Hinweis.«
Ich warf den Schal auf einen Sessel. »Hinweis ist gut. Sollen wir alle Geschäfte absuchen, um herauszufinden, wo der Schal möglicherweise gekauft worden ist?«
»Das wohl kaum.«
»Mach du einen besseren Vorschlag.«
»Ich habe keinen. Allerdings könnte ich mir vorstellen, daß der Schal ein erster Hinweis ist, dem weitere folgen werden. So sehe ich die Sache, John.«
»Kann sein.«
»Was willst du tun?«
Ich ließ mich in einen Sessel fallen. »Gar nichts – zunächst. Wir warten ab, bis uns unser großer Helfer, der Kommissar Zufall weiterführt.«
»Wie schön.« Suko lachte auf. »Das habe ich von dir noch nie gehört. Ich würde mich mit den Kollegen von der Fahndung zusammentun, denn wir haben einen Namen. Robby Dobson.«
»Glaubst du, daß gegen ihn etwas vorliegt?«
»Weiß ich nicht.«
Ich war noch immer skeptisch, als ich zum Telefon griff und unsere Fahndungs-Abteilung anrief. Derartige Anrufe gehörten zur Routine. Sie hatten uns in der Vergangenheit schon einiges gebracht.
Zwar waren die Kollegen nie begeistert, wenn sie meine Stimme hörten, aber sie taten stets ihr Bestes.
»Kommt noch etwas nach?« wurde ich gefragt.
»Nein. Nur dieser Name. Der Junge ist fünfzehn.«
»Da werden wir wohl kaum etwas finden, fürchte ich.«
»Versucht es trotzdem.«
Viel Hoffnung hatte ich nicht. Was sollte ein Junge in dem Alter schon auf dem Kerbholz haben?
»Leichenwagen zur Hölle«, murmelte ich. »Verdammt noch mal, das ist ein Hammer. Er fährt durch die Gegend, um gewisse Leute abzuholen, damit er sie zur Hölle bringen kann. So sehe ich das.«
»Kein Einspruch. Euer Ehren.«
Da Sukos Wunden noch immer leicht bluteten, schlug ich ihm vor, sich Pflaster darüber zu kleben. Er stand auf und schlich ins Badezimmer.
Inzwischen rief der Kollege an. Er lachte, als ich mich gemeldet hatte.
»Was ist denn?«
»Irren ist menschlich, Mr. Sinclair.«
»Sie haben sich geirrt?«
»Ja, der Junge… sein Name ist bei uns registriert. Robby Dobson hat einiges auf dem Kerbholz. Er ist ein wahrer Feuerteufel. Er hat vor ungefähr einem halben Jahr im Londoner Hafen einige Schuppen und Lagerhäuser in Brand gesetzt. Dabei sind drei Menschen umgekommen. Bei der letzten Tat ist er selbst verbrannt.«
Ich schloß sekundenlang die Augen, was meinen Gesprächspartner wunderte, weil er vor mir nichts hörte.
»Sind Sie noch dran, Mr. Sinclair?«
»Klar.«
»Also, wir haben es hier mit einem Toten zu tun. Der Junge ist verbrannt.«
»Da seid ihr euch sicher?«
»Ja, steht alles im Protokoll.« Ich legte auf. Suko stand inzwischen neben mir.
»Wieder eine Überraschung?«
»Das kannst du sagen. Dieser Robby Dobson ist eigentlich tot. Zudem war er ein Pyromane, ein Feuerteufel, der seinen Spaß daran gehabt hatte, zu sehen, wenn es brennt.«
Sukos Mund bewegte sich zuckend. »Und du hast ihn für einen harmlosen Jugendlichen gehalten!«
»Irren ist menschlich.«
»Und jetzt?«
Ich strich über meine Stirn. »Was soll ich dazu sagen? Wir müssen davon ausgehen, daß auch die dunkelhaarige Frau, sollte sie tatsächlich mit Robby in irgendeiner Verbindung stehen, ebenfalls nicht so harmlos ist, wie ihr Souvenir, der Schal, es zeigt.«
»Den Namen weißt du nicht?«
»Nein.«
»Fragt sich nur, was die von uns gewollt haben. Wenn ich dich recht verstanden habe, kam dir der Junge so vor, als hätte er dich um Hilfe gebeten oder Hilfe bitten wollen.«
»Das war auch mein Eindruck.«
Suko streckte im Sitzen sein verletztes Bein aus. »Willst du tatsächlich einem Mörder helfen?«
»Mörder, Mörder«, murmelte ich. »Ist der
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