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0562 - Kurier nach Sol

Titel: 0562 - Kurier nach Sol Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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länger er zusah, desto deutlicher wurde, daß er mit seiner Hypothese über die Struktur der Station nicht allzu weit an der Wirklichkeit vorbeigeschossen war. An den Hohlzylinder, in dem sich die SHANTANG befand, schloß sich der eigentliche Schmelzofen an. Er war ebenfalls zylindrisch, jedoch besaß der eigentliche Schmelzraum nur zwei Kilometer Durchmesser. An seiner Peripherie waren in einem Wulst die Fusionsmeiler untergebracht, die die von dem Schmelzvorgang benötigten Temperaturen erzeugten. Jenseits des Schmelzofens verjüngte sich der Zylinder nach der Art eines Trichters.
    Der Trichter endete mit einer Bodenplatte, die eben noch einen Kilometer Durchmesser hatte, wenn man Chalids Maßstab trauen durfte. In der Bodenplatte gab es drei kreisrunde Löcher, an den Ecken eines gleichseitigen Dreiecks angeordnet. Auf einer der anderen Perspektiven war zu erkennen, daß nach außen hin auf die Löcher drei kurze Rohre aufgesetzt waren.
    Dabei handelte es sich um die Ausstoßkanäle der Station.
    Es gab deren drei, nicht nur einen, wie Ellsmere angenommen hatte. Der Ofenraum war, ebenso wie der Hohlzylinder, in dem die Korvette stand, frei von künstlicher Schwerkraft. Das hatte zur Folge, daß die Trümmerstücke, welche Form sie auch ursprünglich gehabt haben mochten, zu Kugeln schmolzen.
    Wahrscheinlich befanden sich unter den Geräten, die im Wulst rings um den Schmelzraum angebracht waren, Feldgeneratoren, die die Schmelzstücke in den richtigen Ausstoßkanal dirigierten.
    Der Trichter, der sich an den Schmelzraum anschloß, war wenigstens fünf Kilometer lang und wurde mitunter wahrscheinlich als Lagerraum für Schmelzgut benutzt.
    „Wir müssen den Durchmesser dieser Röhren wissen", wandte Ellsmere sich an Pola Cyran und deutete auf die drei Ausstoßkanäle.
    „Mit Zahlen ist es noch nicht so weit her", gab die Psychophysikerin zu bedenken. „Erst recht nicht mit Maßeinheiten."
    „Machen Sie ihm klar, er soll den Durchmesser der Röhren relativ zum Durchmesser des Hohlzylinders angeben."
    Pola übertrug die Anweisung mit Hilfe von gezeichneten Symbolen und ein paar Worten. Chalid begriff ebenso schnell wie zuvor. Vorsichtig unterteilte er den Innendurchmesser des Hohlzylinders zuerst in drei, dann in neun, schließlich in siebenundzwanzig Teile. Ein Siebenundzwanzigstel des Zylinderdurchmessers per Augenmaß auf die Ausstoßkanäle übertragend, zeichnete er die Kanäle neu, indem er ihren Durchmesser ein wenig erweiterte.
    Ellsmere drehte sich um. Hinter ihm stand der Cheborparner.
    Er machte ein vergnügtes Gesicht.
    „Der Zylinder durchmißt dreieinhalb Kilometer", sagte er. „Ein Siebenundzwanzigstel davon ist immer noch mehr als hundert Meter."
    Pola Cyran wartete aufmerksam auf die nächste Anweisung.
    Ellsmere setzte ihr mit knappen Worten auseinander, was auf der Stabsbesprechung beschlossen worden war. Schließlich faßte er zusammen: „Chalid soll dazu bewegt werden, die Meiler auszuschalten, so daß die Temperatur im Schmelzraum auf einen tragbaren Wert absinkt. Dann soll er die Wand öffnen, so daß wir in den Schmelzraum einfliegen können. Von dort aus entweichen wir durch einen der Ausstoßkanäle."
    Pola machte ein zweifelndes Gesicht.
    „Versuchen Sie's, bitte?" lächelte Ellsmere.
    Sie nickte.
    „Ich verspreche nichts. Aber ich nehme an, es hängt einiges davon ab."
    Die nun folgende Unterhaltung zwischen Pola Cyran und den drei Braunen, die Pola „Salturer" nannte, wurde in Laut und Bild aufgezeichnet und wird noch heute in den Hörsälen der Psychophysik als ein Musterbeispiel angewandter Ur-Verständigung zitiert.
    Das Palaver dauerte knapp zwanzig Minuten. Pola wirkte niedergeschlagen. Ellsmere fühlte, wie Enttäuschung in ihm aufstieg.
    „Sie konnten ihn nicht...?"
    Pola winkte ab.
    „Doch, doch, ich konnte. Ich bin nur müde. So was strengt an, Mann, oder was dachten Sie?"
    „Er ist einverstanden?"
    Pola nickte erschöpft.
    „Ja. Ich weiß nicht, welchen Narren er an uns gefressen hat, aber es liegt ihm alles daran, jeden unserer Wünsche zufriedenzustellen."
    Ellsmeres Begeisterung ebbte allmählich ab. Mißtrauen, das Ergebnis langer Jahre schmerzhafter Erfahrungen, stieg in ihm auf. Waren die Salturer nicht ein wenig zu willfährig?
    „Kann man ihnen trauen?" erkundigte er sich.
    „Unbedingt", antwortete Pola. „Mit der Erforschung ihrer Sprache bin ich nicht weit gekommen, aber ihre Mentalität verstehe ich recht gut. Sie meinen es ehrlich. Ihre

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