0563 - Totensturm der Geisterfrau
mit ihren Ketten. »Ich werde einfach das Gefühl nicht los, daß Jane, die den Killer jagt, uns auf die Spur dieser Manon de Valois bringen könnte. Allerdings um sechs Ecken.«
»Das mußt du uns erklären.«
»Tja, John, wenn ich das wüßte.« Sie stieg als erste aus dem Lift und betrat das große Foyer des Hauses. Hier hatte sich die Aufregung noch immer nicht gelegt. Allerdings fand sie gedämpft statt, wie es sich für ein Hotel dieser Kategorie gehörte.
Der Manager fiel mit seinen weißen Haaren besonders auf. Er telefonierte, sein Gesicht zeigte dabei einen gespannten Ausdruck. Als er auflegte, ging ich auf ihn zu. Sarah und Suko blieben zurück, weil ein Mann an der Rezeption etwas von ihnen wollte.
Der Weißhaarige wischte sich den Schweiß mit einem dünnen Tuch von der Stirn. Als er mich sah, schrak er zusammen, bemühte sich aber um ein Lächeln.
»Schlechte Nachrichten?« erkundigte ich mich.
»Wie man es nimmt. Ich telefonierte soeben mit dem Krankenhaus, in das unser Zimmermädchen eingeliefert wurde.«
»Und? Wie geht es ihm?«
»Den Umständen entsprechend, muß man hier wohl sagen. Dina ist aus ihrem Zustand erwacht. Sie werden eine Hautverpflanzung vornehmen müssen. Es kann wohl klappen. Was mich allerdings sprachlos machte, war die Tatsache, daß sie geredet hat.« Er schaute mich verdutzt an und schüttelte dabei den Kopf. »Stellen Sie sich vor, Monsieur, wir wissen jetzt, warum das Feuer entstand, und zwar als Dina das Buch in die Hände nahm. Sie berichtete von einer puffenden Explosion, dann schossen Flammen hoch, die nicht zu stoppen waren. Sie erwischten das Mädchen und verbrannten seinen Arm.«
Mit einer ähnlichen Erklärung hatte ich zwar gerechnet, wunderte mich aber trotzdem.
»Sie sagen ja nichts.«
»Was sollte ich auch…?«
»Dann können Sie das auch nicht glauben?«
»Im Gegenteil, Monsieur, ich glaube Ihnen. Ich glaube Ihnen alles, was Sie sagen.«
»Aha. Man müßte Ihre Bekannte fragen, um welches Buch es sich handelte. Ich bin mir nicht sicher, ob ich nicht den Geheimdienst einschalte. Das kommt mir fast vor, als wäre darin eine Bombe versteckt gewesen. Entschuldigen Sie, aber der Verdacht, es mit Terroristen zu tun zu haben, liegt doch nahe.«
»Das stimmt, nur sind wir auf diesem Gebiet nicht tätig.« Ich zeigte ihm meinen Ausweis.
Der Manager war ein erfahrener Mann und während seiner Laufbahn weit herumgekommen. Auch in London, wie er sagte. »Scotland Yard«, staunte er. »Dann sind Sie Polizisten.«
»Es sieht so aus«, antwortete ich lächelnd.
»Und beruflich hier?«
»So ist es.«
»Bitte, wenn sich das herumspricht…«
Ich winkte ab. »Hören Sie, Monsieur. Wir lassen Ihr Hotel außen vor. Keine Sorge, da wird schon nichts beschmutzt. Klar?«
»Merci.«
»John, könntest du mal kommen?« Sukos Ruf unterbrach unser Gespräch.
»Pardon«, sagte ich und ging zu den beiden, die mich ernst anschauten. Suko hielt einen Zettel in der Hand. »Es ist eine Nachricht von Jane«, sagte er, und Lady Sarah nickte bestätigend. »Sie hat sie uns zurückgelassen.«
»Weiter…«
»Sie ist unterwegs, um den Killer zu fangen. Ich weiß auch nicht, wie es ihr gelungen ist, diese Pension aufzutreiben, aber sie ist sicher, daß sich dort gewisse Mädchen treffen. Zudem wird die Pension von dieser schon erwähnten, ehemaligen Prostituierten Cilly geleitet, die ja auch den Killer von früher her kannte.«
»Verdammt!« fluchte ich. »Die ist verrückt. Da müssen wir hin. Sofort.«
Suko hob die Hand. »Müssen wir das wirklich, John? Oder sollten wir uns trennen?«
Ich begriff. »Du meinst, daß sich jemand um das Grab kümmern soll, und die anderen um Jane.«
»Genau.«
»Das wäre gut. Wer besucht den Friedhof?«
»Du natürlich. Manon de Valois, John, das ist dein Gebiet.«
»Schon. Nur frage ich mich, was ich bei diesem Grab soll. Es mit bloßen Händen aufbuddeln?«
»Das bestimmt nicht. Aber glaubst du nicht auch, daß in dieser Nacht etwas geschehen könnte? Die Zeichen stehen auf Sturm. Der Brand des Buches hat es uns bewiesen. Das könnte sich am Grab der Manon de Valois fortsetzen. Außerdem besitzt du dein Kreuz, das sie sicherlich auch kennen wird.«
»All right, du hast mich überzeugt.«
»Dann werde ich dieser Cilly auf den Zahn fühlen.«
»Wir«, erklärte Lady Sarah. »Wir werden es gemeinsam tun, Suko. Mit dir als Leibwächter kann mir bestimmt nichts passieren.« Die alte Dame lächelte derart entwaffnend, daß Suko nur die
Weitere Kostenlose Bücher