0564 - Die Gräber seiner Ahnen
auch wieder hin. Wie es jedoch aussieht, werde ich es kaum schaffen.«
»Da muß ich dir recht geben. Du wirst hier nicht wegkommen, und John wird vielleicht dort bleiben müssen, denn das Grauen schleicht auch gegen den Ort.«
»Das ist mir zu weit hergeholt. Mich interessiert der Abbé und dessen unverständliche Reaktion. Weshalb hat er das alles getan? Weshalb tötete er, und weshalb will er jetzt sterben?«
»Er muß seine Gründe haben«, sagte der Grauhaarige leise.
»Die ihr nicht kennt?«
»Wir ahnen sie, aber es hängt mit einer Rettung zusammen. Und mit diesem Friedhof, den Gräbern seiner Ahnen.«
Suko schüttelte nur den Kopf. »Ich höre stets die Gräber seiner Ahnen. Wer sind diese Leute?«
»Wir wissen nichts. Er hat nie darüber gesprochen, höchstens Andeutungen gemacht.«
»Welcher Art?«
Der Grauhaarige sah, daß auch die anderen Templer näher kamen und ihn umstanden. »Andeutungen, die nicht positiv waren.«
»Er hatte Angst«, meinte ein anderer.
»Vor den Ahnen?«
»Ihren Geistern«, flüsterte Maurice.
Suko räusperte sich. »Das kann ich einfach nicht verstehen. Sie sind doch tot, sie liegen…«
»Nein, nein!« rief Volta. »So ist das nicht. Sie sind tot, ihre Körper, aber nicht ihre Geister.«
Der Inspektor hob beide Hände und drehte den Templern die Außenflächen zu. »Bon, das kann ich alles verstehen. Nur was ist mit den anderen Menschen, die hier begraben liegen?«
De Voltas Gesicht bekam einen etwas erstaunt-naiven Ausdruck.
»Was heißt anderen Menschen?«
»Die hier noch unter der Erde liegen.«
»Die gibt es nicht!«
Suko schluckte. Er trat unwillkürlich einen Schritt zurück. »Was hast du gesagt?«
»Es gibt keine anderen. Auf diesem Friedhof befinden sich nur die Gräber seiner Ahnen. Er ist praktisch für die Familie Bloch all die Jahrhunderte reserviert gewesen.«
Suko war sprachlos geworden. Er konnte nur mehr staunen und schaute in die Runde.
Gesichter nickten ihm zu. Nicht allein die Templer bejahten die Antwort, auch die übrigen Dorfbewohner. »Und wir haben nie etwas davon gewußt«, flüsterte Suko.
»Nein«, antwortete Maurice. »Wir sahen nie eine Veranlassung, dieses Thema anzuschneiden. Er hat uns auch nicht dazu geraten, mit euch darüber zu sprechen. Es sind Dinge, die Fremde und auch Freunde nichts angehen. Wenn die Zeit reif gewesen wäre, hätte der Abbé das Thema bestimmt von allein angesprochen. So aber warteten wir ab.«
»Dieser Friedhof hat mit dem Grab des silbernen Skeletts nichts zu tun – oder doch?«
»Nein, das ist verschieden. Aber dieser Friedhof hier hat schon immer den Blochs gehört. Hier sind sie begraben worden, hier haben sie ihre letzte Heimat gefunden.«
»Wie waren die Blochs?«
»Wir können nichts sagen. Wir kennen nur den Abbé, der uns stets ein guter und gerechter Anführer war. Lange sind wir in der Welt umhergeirrt, bis wir endlich hier unsere Heimat finden konnten. Wir haben das silberne Skelett gefunden und sind nun zurückgekehrt zu den Wurzeln, den Quellen, wo alles seinen Anfang genommen hat und auch alles wieder enden wird. Das kann ich versprechen.«
»Schön«, sagte Suko, »ich weiß jetzt mehr und trotzdem nicht genug.« Er legte eine kleine Pause ein, weil ein Kind anfing zu weinen und erst von seiner Mutter beruhigt werden mußte. »Kommen wir zum Abbé persönlich. Zu einem Mörder!« Das letzte Wort hatte Suko scharf ausgesprochen. Widerspruch erntete er nicht. »Ihr glaubt also, daß er ein Mörder ist?«
Man nickte ihm zu.
»Verdammt noch mal, das kann ich nicht begreifen! Wieso sollte er aus einem direkten Freundeskreis jemand töten wollen?«
»Das Schicksal!«
»Dagegen muß man einfach angehen! Er tötete, er verschwand. Ich finde auf dem Friedhof ein offenes Grab. Soll es einen Toten oder einen Lebenden aufnehmen?«
»Es wird sich entscheiden.«
»Wann, Maurice, wann?« Suko beugte sich vor.
»In der folgenden Nacht.«
»Und was wollt ihr tun?«
»Wir nichts. Alles muß ihm überlassen bleiben und euch, John Sinclair und du…«
»Vergiß uns mal, es geht uns um den Abbé. Er ist weg, er hat den Würfel mitgenommen. Er hat etwas vor, der…« Suko sprach nicht weiter, weil im Hintergrund, und zwar dort, wo die Bewohner standen, eine gewisse Unruhe entstanden war.
Die Männer und Frauen drehten sich um. Einige erstaunte Rufe drangen in den Wald. Die Bewohner schufen Platz, so daß eine Lücke zwischen ihnen entstehen konnte.
Jemand schob sich hindurch.
Ein
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