0565 - Jetzt kommt dich der Satan holen
»Erst, wenn wir wieder hier sind.«
»Dadurch verlieren wir aber Zeit«, protestierte Britain.
»Es ist zu gefährlich. Falls der Unheimliche eure Spurensuche nicht mag und wieder zuschlägt, möchte ich in der Nähe sein, um eingreifen zu können.«
»Elaine Banards Verschwinden hast du auch nicht verhindern können.«
Zamorra grinste.
»Eben das spornt mich an. Können wir jetzt endlich aufbrechen?«
***
Britains Dienstwagen stand vor dem Hotel. Während der Kommissar schon vorausging und einstieg, folgten Zamorra und Nicole ihm etwas langsamer.
»Fällt dir etwas an ihm auf?« raunte Nicole.
Der Parapsychologe nickte.
»Er verhält sich widersprüchlich. Mal redet er so, dann wieder genau entgegengesetzt. Gerade so, als würden mehrere Persönlichkeiten in ihm stecken, von denen mal die eine, mal die andere die Oberhand gewinnt. Ich kann aber nicht feststellen, ob er vielleicht ganz oder wenigstens teilweise unter Hypnose steht.«
»Ich habe versucht, ihn telepathisch zu sondieren«, sagte Nicole.
»Und?«
»Jedesmal ändert sich sein Denk-Verhalten, und zwar in dem Moment, in dem ich ihn telepathisch berühre«, erklärte sie. »Du weißt ja selbst, daß Denkvorgänge recht komplexe und vielschichtige Prozesse sind und daß oftmals mehrere dieser Prozesse gleichzeitig ablaufen. Während man sich mit diesem oder jenem Problem befaßt, ist das Unterbewußtsein vielfach mit völlig anderen Dingen beschäftigt. Bei Britain ist das genauso -bis zu dem Augenblick, in dem ich ihn sondieren will. Im gleichen Moment denkt er nur noch eingleisig. Das Unterbewußtsein wird gewissermaßen abgeschaltet. Er denkt nur noch das, was er auch gerade sagt. Hintergrundüberlegungen scheinen nicht stattzufinden, das heißt, er denkt nicht weiter, während er redet, und das ist nicht normal, Chef!«
»Sicher nicht«, nickte Zamorra. »Frage mich jetzt aber nicht nach meinen Schlußfolgerungen.«
Vom Wagen her winkte ihnen der Kommissar auffordernd zu. »Wollt ihr Wurzeln schlagen, oder was ist los?«
»Schon gut, wir mußten nur noch eine Kleinigkeit absprechen«, sagte Zamorra.
»Meine Schlußfolgerung«, flüsterte Nicole, während sie sich dem Renault Safrane näherten, »geht dahin, daß jemand Britain unter Kontrolle hat. Dieser Jemand schaltet ihn nach Belieben an und aus. Dadurch resultieren erstens die widersprüchlichen Reaktionen und zweitens die seltsame Art zu denken. Wer immer dahinter steckt, möchte nicht, daß wir bestimmte Dinge erfahren. Wir sollten ab jetzt noch vorsichtiger sein!«
Sie hatten den Wagen erreicht.
Zamorra nickte.
»Worauf du dich verlassen kannst«, versprach er.
Ursprünglich hatte er vorgehabt, während der Fahrt eine Unterlassungssünde auszugleichen und zu erwähnen, daß Jeanne, die Ohrenzeugin aus der Wohnung unter den Banards, mit Alexander Mott eine intime Beziehung gehabt hatte - während Elaine Banard mit Benedict fremdgegangen war.
Plötzlich schien es ihm jedoch nicht mehr ratsam, dem Kommissar diese Querverbindung zu offerieren.
Wer hörte mit?
Und Nicole schien der gleichen Ansicht zu sein, denn auch sie schwieg sich über Jeannes Information aus.
Oder - hatte sie Jeannes Korridor-Aussage ebenso vergessen wie Britain das Feuer im Lift?
***
Darlene Mott erwies sich als die personifizierte Barbie-Puppe. Sie schien nur aus endlos langen Beinen und endlos langem Blondhaar zu bestehen. Dazwischen gab es einen in modische Kleidung gehüllten, schlanken Körper und ein kindlich-süßes Gesicht.
Nicole fragte sich, warum ein Mann es für nötig hielt, ein so hübsches Wesen mit einer wesentlich normaler aussehenden Frau zu betrügen, und Zamorra wiederum fragte sich, wie ein Mann es mit einer solchen Plastikpuppe jahrelang im Eheverbund aushalten konnte - einmal, weil sie zu hübsch war, zu künstlich hübsch, und zum anderen, weil vermutlich die Hälfte der Bevölkerung ständig hinter ihr herschaute und ihn beneidete.
Doch vielleicht besaß sie innere Vorzüge, die einen Mann über die unnatürliche Schönheit dieser Frau hinwegsehen ließ. Wer wußte das schon?
Darlene schenkte Zamorra permanente Schmachtblicke und schien Nicole als direkte Konkurrentin anzusehen. Daß ihr Ehemann spurlos verschwunden war, berührte sie nur in einer Hinsicht: Er verdiente eine Menge Geld und sicherte ihr damit einen sehr gehobenen Lebensstandard. Ansonsten vermißte sie ihn offensichtlich nicht sonderlich.
»Oft genug habe ich ihn zum Teufel gewünscht«, gestand sie offen.
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