0567 - Schwingen des Unheils
versuche aus der Traumwelt zu entkommen. Das war eigentlich unmöglich. Nur das Amulettwesen Shirona hatte es bisher fertiggebracht, nach Belieben in Julians Träume einzudringen und sie auch wieder zu verlassen. Wie Shirona das schaffte, konnte sich der Träumer bis heute nicht erklären, sie war allerdings auch das einzige Wesen, dem das möglich war. Niemandem sonst gelang es, denn es bedurfte stets der Kontrolle und des Willens von Julian Peters.
Aber von Shirona hatte schon lange niemand mehr etwas gehört. Sie hatte sich nach Tarans Entstehung zurückgezogen. Wohin, weshalb und für wie lange, wußte niemand. [6]
Der Schmetterling jedenfalls verließ Julians Traumwelt nicht. Er starb, und Julian fühlte, wie die Lebensenergie schwand.
Julian fühlte auch Bedauern und Schuld…
»Ich wollte das nicht. Ich habe dich getötet, weil ich dich zwang, hierher zu kommen. Ich werde es nicht wieder tun. Laß mich meine Schuld wiedergutmachen…«
»Was rede ich denn da?« entfuhr es ihm im nächsten Moment. Vor ihm zerriß ein Schleier, als er begriff, daß sich der Schmetterling selbst tötete, um nichts über sich selbst preisgeben zu müssen!
Und dieser Schmetterling versuchte dabei, in Julian Schuldkomplexe zu wecken - um ihn dadurch den anderen Faltern hörig zu machen!
»Mit dem Trick kriegst du mich nicht, Freundchen!« knurrte der Träumer. Er manipulierte seine Traumwelt um, und plötzlich war es in dieser begrenzten Welt einfach niemandem mehr möglich, zu sterben!
Auch dem Schmetterling nicht!
Der Falter hatte das Pech, daß sein Selbstzerstörungsprozeß schon weit vorangeschritten war. Fliegen konnte er deshalb jetzt nicht mehr, und rückgängig machen ließ sich auch nichts.
»Das kommt davon, wenn man andere mit seinem eigenen Leben erpressen will, mein Lieber.« Julian sprach trocken und emotionslos. »Ist dir und deinesgleichen die eigene Existenz so wenig wert, daß ihr euch lieber selbst tötet, um anderen Wesen aus dem Weg zu gehen? Warum bist du so darauf bedacht, daß ich nichts über dich erfahre? Das, mein Freund, klappt bei mir sowieso nicht…«
Dem Falter gelang es nicht, den jungen Mann noch einmal unter seine Para-Kontrolle zu bekommen. Er war nicht mehr in der Lage, das wunderbare Farbenspiel zu entfachen, das Menschen mit besonderen Fähigkeiten in seinen Bann schlug…
»Hoppla!« entfuhr es Julian. »Deshalb also sah Yves nur häßlichbraune Insekten… Das Farbenspiel können nur Menschen mit Para-Fähigkeiten sehen, wie? Und das sinnlose Geplapper, das ihr ständig von euch gebt und das Nicht-Paras ebenfalls nicht wahrnehmen können…«
Er verstand es plötzlich!
Das scheinbar verrückte Plappern… das waren Kodes!
Und diese Kodes, unterstützt durch das faszinierende Farbenspiel, korrespondierten mit den Para-Fähigkeiten von Menschen, und über diese Para-Ebene brachten die Schmetterlinge dann diese Menschen unter ihre Kontrolle!
Dabei umgingen sie sogar mentale Sperren und Abschirmungen, denn diese wurden ja auch durch jene Para-Magie aufgebaut!
Die Schmetterlinge kamen gewissermaßen durch die Hintertür ins Unterbewußtsein hinein, und dort wurden dann Befehlsblöcke aufgebaut, die jeden Betroffenen zwangen, dem Willen der Schmetterlinge zu gehorchen!
Ohne es selbst zu bemerken!
»Das ist teuflisch!« entfuhr es Julian, der in diesem Moment auch erkannte, warum diese Zusammenhänge ihm klarwurden.
Er besaß ebenfalls Para-Fähigkeiten, und um ein Haar wäre er deshalb auch zum Opfer der Schmetterlinge geworden, aber sein Widerstand war größer, weil er träumen konnte und mit dem blitzschnellen Wechsel in eine Traumwelt den Schmetterling überrascht hatte. Als dieser dann zu sterben begann, nur um so einen Schuldkomplex in Julian aufzubauen, hatte er gleichzeitig seine Farben verloren und damit auch eine der beiden Komponenten, die zusammenspielen mußten, um Julian zu manipulieren. Eine allein reichte nicht aus, nur beides zusammen wirkte auf das Para-Bewußtsein von Menschen.
Aber wer über diese Para-Ebene nicht verfügte, der wurde auch von beiden Komponenten nicht angesprochen. Menschen wie Yves Cascal zum Beispiel.
Aber Tendyke und die Zwillinge waren gefährdet, und auch Zamorra und seine Gefährtin…
Alles sprach dafür, daß sie den Schmetterlingen längst verfallen waren.
Aber wer steckte dahinter?
Sprechen konnte der Schmetterling noch, und Julian verstand seine Kodes jetzt wie Klartext. Er überrumpelte den Schmetterling sogar damit, daß er
Weitere Kostenlose Bücher