0568 - Die Braut des Wahnsinns
entfernen.«
»Schade«, sagte ich.
»Entschuldigen Sie noch einmal. Ich habe dabei wenigstens erkennen können, in welche Richtung Ihr Geschmack tendiert.«
»Nicht unbedingt, aber sie gefiel mir eben.«
»Keine Sorge, Sir, unsere Kartei ist sehr umfangreich.« Sie ließ das nächste Bild auf dem Viereck erscheinen.
Ich hatte sie ziemlich genau beobachten können. Es gefiel ihr nicht, daß ich ausgerechnet diese Person in die engere Wahl gezogen hatte.
Das Lächeln blieb zwar auf ihrem Gesicht, schaffte es aber nicht, den Ärger zu unterdrücken.
Weiter liefen die Bilder. Ich schaute sehr genau hin, sah verschiedene Frauen, hörte auch die Kommentare der Gunhilla von Draben dazu, ließ sie allerdings nie stoppen.
Bis zu dem Augenblick, als das Gesicht einer Person auf dem Bildschirm erschien, das mir bekannt vorkam.
»Halt!« rief ich.
Das Bild stand.
»Nein«, sagte Gunhilla, »nicht die.«
»Weshalb nicht, bitte?«
»Sie ist vergeben.«
Ich räusperte mich. »Das ist schade. Ich meine, daß ich sie schon einmal gesehen habe. In der Zeitung, auch im Fernsehen. Oder irre ich mich da?«
Sie sah meinen Blick auf sich gerichtet und mußte sich beherrschen. Das Nicken fiel ihr schwer. »Ja, Sie haben recht, Mr. Sinclair, diese junge Dame können Sie schon in der Presse gesehen haben. Sie heißt, das kann ich jetzt sagen, Wendy Wilde…«
»Die Eiskunstläuferin?«
»Richtig.«
»Mein Gott.« Ich hob die Arme und schlug mir auf die Schenkel.
»Für die habe ich schon immer geschwärmt. Daß sie aber in Ihrer Kartei erscheint…«
»Nun, sie hat einen anstrengenden Beruf, wie Sie wissen. Da lernt man kaum Menschen kennen, die es ernst meinen. Ihre Freundschaften sind nur oberflächlich. Deshalb kam sie zu uns.«
»Ist sie tatsächlich vergeben?«
»Wenn ich es Ihnen sage. Die Hochzeit steht dicht bevor!«
»Schade.« Ich senkte den Kopf und schielte dabei gegen das lächelnde, junge Mädchengesicht auf dem Monitor.
»Ich werde jetzt weiter…«
»Nein, Miß von Draben, lassen Sie mal. Ich muß diese Enttäuschung zunächst überwinden.«
»Ich bitte Sie, Mr. Sinclair, unsere Auswahl ist…«
»Das kann ich mir vorstellen, daß Sie eine große Auswahl haben.«
Ich schnickte mit den Fingern. »Wenn mich nicht alles täuscht, befindet sich hier in der Nähe eine Eissporthalle.«
»Wir grenzen praktisch mit der Rückfront des Hauses daran. Wieso fragen Sie?«
»Es kam mir nur so in den Sinn.«
»Sie sollten sich trotzdem diese Dame aus dem Kopf schlagen, Mr. Sinclair. Ihr Bräutigam ist sehr eifersüchtig. Er wird seine kleine Sportlerin beschützen.«
»Das würde ich auch.« Ich stand auf und hob die Schultern. »Entschuldigen Sie bitte, aber ich habe keine Lust mehr, mir weitere Video-Streifen anzusehen, sorry.«
»Ja, das verstehe ich schon. Darf ich Sie denn abermals hier erwarten?«
Ich hob die Schultern. »Vielleicht.«
»Gut, dann warte ich mit dem Zusenden der ersten Rechnung. Ihre Anschrift kenne ich inzwischen.« Sie schaute auf das Formular.
»Sie wohnen an der Grenze zu Soho.«
»Ja.«
»Nicht schlecht.«
»Es ist nur eine kleine Wohnung, mehr ein Apartment. Ich brauche nicht viel. Madame.«
»Das kann sich bald ändern.«
Das Sekretariat war leer. Gunhilla von Draben persönlich brachte mich zur Tür. »Wir sehen uns doch hoffentlich wieder«, sagte sie und reichte mir ihre Hand, die mir kühl vorkam.
»Davon bin ich überzeugt«, erklärte ich und ließ ein Lächeln auf meinem Gesicht erscheinen.
Dann verließ ich das Haus. Erfahren hatte ich nicht viel. Trotzdem, diese Wendy Wilde wollte mir nicht aus dem Sinn. Ich sah ständig ihr Bild vor mir und gleichzeitig auch die schrecklichen Szenen aus dem mir zugeschickten Videostreifen.
Da mußte es wohl eine Verbindung geben. Gunhilla von Draben würde mir bestimmt nichts sagen. Anders sah es bei Wendy aus. Mit ihr wollte ich mich ein wenig unterhalten. Sie war Eisläuferin, die Halle lag in unmittelbarer Nähe. Vielleicht hatte ich Glück und erwischte sie beim Training.
Zuvor aber rief ich im Büro an und gab Suko einen knappen Bericht.
»Soll ich kommen?« fragte er.
»Nein, aber schau nach, ob wir etwas über die von Draben in unserer Kartei haben.«
»Okay, John, das werde ich…«
***
Gunhilla von Draben schaute eine Weile auf die Tür, die sich hinter dem Kunden geschlossen hatte.
Tatsächlich ein Kunde?
Sie zweifelte. Im Laufe der Jahre hatte sie einige Erfahrungen sammeln können, was Männer und Frauen
Weitere Kostenlose Bücher