0568 - Die Braut des Wahnsinns
hatte die Dame Lorna per Knopfdruck geöffnet. Wunderbar leicht schwang die Doppeltür vor meinen Augen nach innen und gab mir den Blick in ein Büro frei, das ich in der Art nicht erwartet hätte.
Der gesamte Raum zeigte die Farbe Blau. Nicht ein tiefes oder helles Blau, nein, eine Farbe, in der alle Varianten durchgespielt wurden. Vom schwachen Schimmer dicht über den Fußleisten, bis hin zum tiefen Blau an der Decke.
Der Teppichboden zeigte diesen Farbton ebenfalls, nur schimmerte in seinem Floor ein grauer Schatten.
Die Sitzmöbel besaßen einen blauen, weichen Überzug. Selbstverständlich auch die Platte des Schreibtisches auf den vier Stahlrohrbeinen. Fehlte nur noch, daß ich einer ›blauen‹ Chefin gegenüberstand…
In der Tat besaß die Person, die mir beim Eintreten noch den Rücken zugewandt hatte und sich jetzt umdrehte, ebenfalls einen Blauschimmer. Nicht in der Kleidung, da verließ sie sich auf ein eng geschnittenes perlweißes Designer-Kostüm, doch ihre hauchdünnen Strümpfe mit den Schmetterlings-Applikationen zeigten diesen leichten Blauschimmer, der sich dort fortsetzte, wo das Haar wie eine Mähne wuchs oder in die Höhe toupiert worden war.
Himmel, war das ein Weib!
Unter der Schminke sah sie bestimmt jünger aus, als sie tatsächlich war. Das Gesicht glich einer Maske, in der sich die leicht angebläuten Lidschatten den dunkelblau gepuderten Wimpern perfekt anpaßten. An drei Fingern funkelten Ringe. Natürlich besaßen auch sie blaue Steine, die ihr kaltes Feuer abstrahlten. Wer dieser Person gegenüberstand, bekam entweder Respekt oder leichte Furcht.
Ich verspürte davon nichts, tat aber so, als wäre ich ungemein beeindruckt und trat nervös von einem Bein auf das andere, während ich mich ängstlich umschaute und auch die drei Türen beachtete, die zu weiteren Räumen führten.
»Mr. John Sinclair?« fragte sie mit der erotisch rauchigen Stimme, die ich schon vom Telefon her kannte.
»Ja… ja …«, sagte ich schnell und stotternd. »Das bin ich, Madam.«
»Ich heiße Gunhilla von Draben. Seien Sie bei mir herzlich willkommen, Mr. Sinclair.«
»O danke.«
»Wollen Sie sich nicht setzen. Bitte, im Stehen redet es sich schlecht, meine ich.«
»Natürlich – danke…« Ich schlich auf einen Sessel zu, der sich nach meinen Körpermaßen formte, und beobachtete, wie sie einen gut bestückten Barwagen heranrollte.
»Was kann ich Ihnen zu trinken anbieten?« Sie deutete über den Wagen. »Wie Sie sehen, ist fast alles vorhanden.«
Ich knetete meine Wange. »Da fällt mir die Wahl schwer.«
Gunhilla schaute mich an. Selbst ihre Pupillen schienen blau zu schimmern. Auf ihren Mundwinkeln lag ein spöttisches Lächeln. Bestimmt amüsierte sie sich über meine Nervosität. Wenn ja, konnte ich mir zu meiner schauspielerischen Leistung gratulieren. »Der Whisky ist hervorragend, der Cognac ebenfalls.«
»Hm… dann Whisky, bitte.«
»Mit Eis?«
Heftig winkte ich ab. »Nein, ohne bitte.«
»Ah, ein Genießer.«
»Es hält sich in Grenzen, Madam.« Ich wollte nicht unbedingt als Schluckspecht auffallen.
Gunhilla von Draben entschied sich für einen Sherry. Während sie einschenkte, ließ sie mich nicht aus den Augen. Sie taxierte mich unauffällig. Hoffentlich machte ich keine Fehler, denn mein Gehabe kam mir schon übertrieben vor, wenn ich laufend meine Handflächen am Stoff der Hosenbeine abrieb.
Sie gab mir das Glas. Ihre Nägel erinnerten mich an gefärbte Pfeile. Natürlich schimmerten auch sie bläulich mit einem Hang ins Perlmuttfarbene.
Meine Hände zitterten, als ich das Glas hielt. Es war fein geschliffen. Das Licht brach sich im Kristall und zerplatzte zu kleiner Sternen. »Auf unsere hoffentlich erfolgreiche Zusammenarbeit, Mr. Sinclair«, sprach sie mich an und prostete mir zu.
»Das… das meine ich auch.«
Der Whisky war tatsächlich verteufelt gut. Der rann durch meine Kehle wie ein warmer Bach.
Sie saß mir gegenüber. Auch ihr Sessel hatte sich nach den Körperformen der Frau ausgerichtet. Die schlanken Beine lagen eng zusammen, der Rock war etwas höher gerutscht. Ganz Lady mit einem winzigen Touch Verruchtheit.
Das Glas hatte sie zur Seite gestellt. Dafür klemmte der ausgefüllte Fragebogen zwischen ihren Fingern. Sie ließ ihre Blicke darüber hinweggleiten und hob einige Male die Augenbrauen, als hätte sie dort etwas Schlimmes gefunden.
»Stimmt was nicht?« fragte ich.
»Keine Sorge, Mr. Sinclair. Ich schaue mir nur Ihre Daten an. Die sind
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