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057 - Im Banne des Unheimlichen

057 - Im Banne des Unheimlichen

Titel: 057 - Im Banne des Unheimlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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erhofften Geldmittel kassieren zu können, und dann, als er den Großprior beiseite schaffte und von Pawter daran gehindert wurde, sich der Gewinne zu bemächtigen. Das dritte Mal würde er sich wohl nach jeder Richtung hin sichern. Er hatte zwar fünfzig Millionen Dollar in der Hand, aber die konnten ihm immer noch entschlüpfen. Das Vermögen seiner Frau hingegen war ihm sicher. Seine Frau mußte daher erben!
    Früh am Nachmittag blieben die Schiffsmaschinen stehen. Bill schaute nach und sah, daß von der Brücke aus gelotet wurde. Bald darauf fiel der schwere Buganker, lief die Kette rasselnd aus, so daß in der Klüse die Funken stoben. Die Maschinen schlugen zurück, dann trat eine unheimliche Stille ein.
    Das Treibeis war wieder dichter geworden. Zu beiden Seiten konnte man Eisberge sehen. Auf einer langsam vorbeitreibenden Scholle lagen zwei Seelöwen. Ein Kollege erzählte Bill, daß er auf einem kleinen Eisberg sogar einen Bären beobachtet habe.
    Bill suchte den Zahlmeister auf, der fröstelnd vor seinem kleinen elektrischen Ofen saß.
    »Wir haben nur noch für etwa drei Fahrtage Treibstoff«, flüsterte er. »Unsere einzige Hoffnung besteht darin, daß wir vor Anker bleiben, dann sind wir wenigstens imstande, noch zwei Monate die Dynamos laufen zu lassen.«
    »Und was wird nach den zwei Monaten mit uns geschehen?«
    »Dann sitzen wir eben im Packeis fest und erfrieren! Ich weiß wirklich nicht, was sich die Leute vorstellen. Es geht ihnen ja selbst an den Kragen.«
    Da erzählte Bill von dem Entsatzschiff, das die Piraten für sich und die Beute erwarteten, und von den Funksprüchen, die er hinausgeschickt hatte. Diese Mitteilungen belebten den Zahlmeister etwas.
    »Sie waren das also? Ich habe davon reden hören, daß zwei Leute verlorengegangen seien.«
    »Nehmen wir an, die Bande verläßt uns wirklich: Hätten wir genug Öl an Bord, um wenigstens die nördliche Schiffahrtsroute zu erreichen?« fragte Bill.
    Der Zahlmeister schüttelte den Kopf.
    »Kaum. Und selbst wenn wir genug Öl hätten, könnten wir doch nicht fahren, denn sie werden uns die Maschinen unbrauchbar machen, und ich bin überzeugt, daß sie das sehr gründlich besorgen. Übrigens beginnt man uns auch schon weniger rücksichtsvoll zu behandeln - ich habe Befehl bekommen, alles frische Fleisch für die Piraten aufzusparen und alle übrigen Leute an Bord auf Seekost zu setzen. Wir werden uns also von Büchsenfleisch und Trockenproviant ernähren müssen.«

40
    Die nächsten drei Tage erschienen Bill wie ein böser Traum. Drei Zwischendeckpassagiere starben vor Kälte und Entbehrung. Ein Mann in der zweiten Klasse wurde tobsüchtig und fiel über seine Schicksalsgenossen her. Die kommende große Tragödie warf ihre Schatten voraus. Und doch konnte Holbrook nicht recht an das unvermeidlich erscheinende Ende glauben. Es war einfach zu phantastisch, wenn man sich vorstellte, daß ein solcher Ozeanriese so leicht gestohlen werden konnte wie eine Uhr im Gedränge auf dem Rennplatz.
    Am Abend des zweiten Tages kam der Decksteward höchst aufgeregt zu ihm gelaufen.
    »Ein Schiff in Sicht!« stieß er atemlos hervor.
    »Ein Kriegsschiff?« fragte Bill, und sein Herz schlug höher.
    »Nein, es scheint mir eher ein Tankdampfer zu sein.«
    Bill wußte, noch ehe das plumpe Fahrzeug in einiger Entfernung vom Dampfer vor Anker ging, daß es die ›Thomas Inland‹ war, und daß nun bald die Stunde höchster Gefahr kommen mußte.
    Vom unteren Promenadendeck aus sah er, wie das Tankschiff ankerte und ein Seitenboot klargemacht wurde, das rasch auf die ›Escorial‹ zugerudert kam. Ein Fallreep war gesetzt worden, das Boot legte an, ein Mann polterte herauf, wurde sogleich von Harvey Hale in Empfang genommen und auf die Brücke geführt.
    Die Besprechung zwischen den beiden dauerte recht lange, dann fuhr der Fremde zur ›Thomas Inland‹ zurück, die bald darauf Anker lichtete, längsseits kam und sich neben dem Riesen vertäute. Man hörte die Ladewinden kreischen. Die Piraten begannen die erbeuteten Güter auf den Tanker zu schaffen.
    Bill eilte zu Mr. Stone.
    »Wo ist Betty?« rief er.
    »In ihrer Kabine. Was wollen Sie von ihr?«
    »Kommen Sie beide mit ...«
    Er klopfte an die Tür, Betty erschien.
    »Ziehen Sie Ihren Mantel an!« befahl Bill, und sie gehorchte ohne weiteres. Dann führte er das Mädchen und Mr. Stone durch den Gang und in seine eigene Kabine. »Bleiben Sie einstweilen in dieser Kabine, bis ich Sie hole. Sie dürfen niemandem

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