0570 - Vampirpest
wollte.
»Heute überhaupt nicht«, erwiderte er. »Ich muß in der Dienststelle bleiben.«
»Aber da kannst du nicht…« Sie sprach so laut, daß wir mithören konnten.
Ich gab Huber ein Zeichen. Er verstand und kürzte das Gespräch mit barschen Worten ab, bevor er auflegte und die Leitung nicht mehr blockierte.
»Sie haben Ihrer Frau hoffentlich nichts erzählt?« fragte Suko. Wie ich, so wußte auch er, daß Huber einige Male mit seiner besseren Hälfte telefoniert hatte.
»Um Himmels willen, nein! Ich werde mich hüten. Keiner aus dem Ort weiß Bescheid.« Er schnaufte heftig. »Außerdem ist es nicht sicher.«
»Im Schloß liegt ein Toter.«
»Von Ihnen erschossen.«
»Stimmt. Wir werden ihn abholen lassen. Hier wird es bald einige Unruhe geben. Danach, so schätze ich, sind Sie dann aus dem Schneider, Herr Oberwachtmeister.«
»Hoffentlich.«
Draußen war es inzwischen dämmrig geworden. Straßenlaternen warfen ihren hellgelben Schein in die grauen Schatten. Manchmal erreichte das Licht nicht einmal den Boden, über den der Dunst kroch. Er schien das ganze Dorf einzuhüllen.
Abendliche Stille herrschte. Sie erinnerte mich nicht an die Ruhe vor dem Sturm, es war eben der übliche Kreislauf, dem das Dorf unterlag. Er konnte Menschen beruhigen, mich aber nicht. Ich spürte meine Nervosität bis in die Zehenspitzen.
Ich stand hinter der geschlossenen Scheibe, schaute in die Ruhe der Dorfstraße hinein und hörte den Lärm als ein dumpfes Dröhnen, dessen Echos zwischen den Hauswänden wetterten.
»Da hat es aber jemand eilig!« sagte Huber, der den Lärm ebenfalls gehört hatte.
Ich drehte den Kopf nach rechts. Schon beim erster Hören des Lärms hatte ich gewußt, daß es sich um ein Motorrad handelte. Dieses typische Geräusch konnte nur eine Maschine abgeben.
Schon sah ich sie. Zumindest das Glotzauge des Scheinwerfers, das über die Straße tanzte. Der Knabe im Sattel schien nicht zu den guten Fahrern zu gehören. Er wirkte auf mich, als hätte er große Mühe, die Maschine unter Kontrolle zu halten. Mal fuhr er auf den rechten, dann wieder auf den linken Straßenrand zu. Dies jeweils verbunden mit weiten Schlenkern. Er hatte Glück, daß er an keinem parkenden Wagen entlangschrammte.
Huber stürzte aus dem Haus. Ich sah ihn, wie er sich mitten auf der Straße aufbaute, mit beiden Armen winkte, in den Lichtstreifen geriet und sich in Gefahr begab.
Auch Suko und ich verließen die Polizeistation und kamen gerade zurecht, um sehen zu können, wie der Fahrer bremste, dabei auf die Seite kippte und über die Fahrbahn rutschte.
Huber wurde auf einmal schnell. Wie ein übergroßer Ball auf zwei Beinen hüpfte er zur Seite, um von dem rutschenden Motorrad nicht von den Beinen gerissen zu werden.
Die Maschine tickte noch auf dem Gehsteig, während ihr Fahrer uns praktisch vor die Füße rutschte.
»Ha!« rief Huber. »Darauf habe ich schon immer gewartet. Dich mal beim Schwarzfahren zu erwischen, Zwerg!« Er bückte sich und zerrte den schmächtigen Knaben hoch.
»Nein, nein, Herr Huber! Ich… ich muß Ihnen etwas sagen.«
»Ich auch, Junge.«
»Im Wald, Herr Huber. Holger ist tot, glaube ich.«
»Bestimmt…«
»Moment mal.« Suko und ich griffen ein. »Lassen Sie den jungen Mann bitte los!«
Er tat es. Der Junge holte tief Luft und strich sein blondes Haar zurück. Auf seinem Gesicht sahen wir die Angst. Die stammte bestimmt nicht von der rasenden Fahrt, denn ich entdeckte in seinen Augen einen Ausdruck, der mich mißtrauisch machte und gleichzeitig bei mir so etwas wie eine Alarmglocke anschlagen ließ.
»Was war mit Holger!«
»Wir… wir sind überfallen worden. An der Grillhütte.« Er sprach hektisch und bewegte auch seine Hände so.
»Wo ist das?«
»Im Wald.«
»Und wer hat euch überfallen?«
»Eine Frau. Sie saß in einem dunklen Mercedes. Holger dachte, daß sie schlafen würde, das war ein Irrtum. Die… die schlief nicht. Sie stürzte aus dem Wagen, und da passierte es …« Seine Stimme verlor an Lautstärke. Es war auch gut, denn seine rasante Fahrt und die damit verbundenen Geräusche hatten Neugierige angelockt. Die sollten nicht zuviel mitbekommen.
Während Huber den Feuerstuhl aufbockte, führte ich den jungen Mann in das Dienstzimmer des Polizisten, wo er sich endlich ausreden konnte. Seine Sätze drangen mir nur bruchstückhaft entgegen.
Sie wurden immer wieder durch ein heftiges Schluchzen unterbrochen.
Mochten es zahlreiche Menschen auch für die reine
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