0570 - Vampirpest
und nur so getan, als ob sie schlafen würde. Urplötzlich explodierte sie. Als der Gurt in die Höhe rutschte, zog sie gleichzeitig den Türhebel zurück und wuchtete sich gegen den Ausstieg.
Die schwere Tür flog nach außen. Holger wurde davon überrascht.
Sie knallte dermaßen hart gegen ihn, daß er sich nicht halten konnte.
Zudem verlor er auf dem feuchten Boden den Halt und fiel hin.
In der nächsten Sekunde schon war Reva über ihn. Sie kam wie eine Pantherin und schnellte fast waagerecht aus dem Fahrzeug.
Holger lag auf dem Rücken. Er sah die gestreckte Gestalt auf sich zufliegen und erkannte zwischen den Haaren das bleiche, verzerrte Gesicht, in dem besonders der offene Mund und die spitzen Zähne auffielen.
Was sie wirklich war, das bekam er nicht mit. Er spürte nur den Druck ihres Körpers auf dem seinen, Finger, die in sein Haar griffen und den Kopf gegen die weiche Erde preßten. Dann drückte ihn die Blutsaugerin zur Seite. Sie sah den Hals und die straffe, ziemlich helle Haut, die sich über die Adern spannte.
Der »Zwerg« schaute regungslos zu. Er wußte überhaupt nicht, was er davon halten sollte. Die Zigarette war ihm aus der Hand gerutscht und verglühte in der Feuchtigkeit vor seinen Füßen. Die Augen wirkten wie Kugeln aus Glas. Erst als die Frau vor ruckte und ihre Zähne in seinen Hals stieß, da kam ihm etwas Furchtbares in den Sinn.
Näher darüber nachdenken, konnte er nicht. Die nackte Angst zwang ihn zum Handeln.
Er rannte auf die Frau zu, wollte ihr ins Gesicht treten, als sie den Kopf anhob.
Der »Zwerg« hatte schon ausgeholt, doch sein Bein stoppte in der Bewegung, als wäre es zu Stein geworden.
Er sah ihr Gesicht!
Nein, das war kein Gesicht mehr. Eine böse, grauenerregende Fratze starrte ihn an. Davon sah er eigentlich nur den weitaufgerissenen Mund mit den verschmierten, roten Lippen.
Sie fauchte ihn an!
Für den jungen Mann war dieses Geräusch ein Startzeichen. Er warf sich auf der Stelle herum und jagte mit gewaltigen Schritten der Maschine entgegen.
Perfekt beherrschte er sie noch nicht, aber er konnte sie fahren, nur das zählte.
Der Anblick wollte ihm nicht mehr aus dem Kopf. Er begleitete ihn auch noch, als er das Motorrad durch den Wald jagte und wegen der Unebenheiten des Weges im Sattel hin- und hergeschleudert wurde. Daß er nicht gegen einen Baum raste, glich einem kleinen Wunder. Sein Schutzengel jedoch stand an diesem Tag bei ihm. Er begleitete ihn durch den Wald und auch weiterhin.
Holger jedoch hatte keine Chance.
Schon nach dem ersten Biß war seine aufkeimende Gegenwehr zusammengebrochen. Nun lag er auf dem Rücken, ein willenloses Opfer für die Vampirin Reva.
Sie brauchte seinen Lebenssaft, sie labte sich an ihm, aber sie dachte auch an Mallmann.
Nach einigen Minuten, der Lärm der davonrasenden Maschine war längst verstummt, richtete sie sich auf und zog auch den steifen Körper in die Höhe.
Sie schleifte ihn hinter sich her, bis sie den Kofferraum erreicht hatte. Noch immer hielt sie ihn fest. Mit der freien Hand öffnete sie den Deckel.
Verkrümmt lag Mallmann im Kofferraum. Reva schaute auf seine bleiche Wange. Sie wollte ihn ansprechen, doch er hatte den Geruch des Blutes bereits wahrgenommen. Seine linke Hand zuckte. Er stemmte die Fläche gegen den Reservereifen und drückte sich so in die Höhe. Dabei drehte er sich herum, so daß er, im Kofferraum sitzend, die Blutsaugerin anschauen konnte.
Reva nickte ihm zu. Sie sah die Schwäche des Vampirs und hievte Holger hoch. Dann legte sie ihn über den Rand des Kofferraums, so daß er mit dem Kopf nach unten pendelte.
»Es ist noch genug für dich da!« flüsterte sie rauh. »Es ist noch alles da…«
Will Mallmann bewegte sich nur langsam. Von zwei Seiten näherten sich seine Hände dem schon infizierten Körper. Noch hatte sie ihm Blut gelassen, noch…
»Beeil dich! Wir müssen weg!«
Mallmann nickte und schlug mit beiden Zähnen zu!
Zuerst zitterte er noch. Das allerdings ging sehr bald vorbei, als er die Kraft in sich hineintankte, die ihm das Blut des Menschen gab.
Reva kümmerte sich nicht um ihn. Sie wischte ihren Mund ab und lehnte sich mit dem Rücken gegen den Wagen.
Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Ihr gefiel das Wetter, die Sonne war verschwunden. Hoch über den Bäumen schwebte der gewaltige Teppich der Dämmerung, der ständig dunkler wurde und diese Dunkelheit auch über das Land legte.
Wälder, Wiesen und Straßen, fügten sich harmonisch zu einem
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