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0571 - Die Legende vom grauen Riesen

0571 - Die Legende vom grauen Riesen

Titel: 0571 - Die Legende vom grauen Riesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Tisch stehen.
    »Darf ich mich zu Ihnen setzen?« fragte sie höflich.
    »Bitte.«
    Sie fand ihren Platz neben Lucy. Wahrscheinlich deshalb, um mich, da ich ihr gegenübersaß, besser im Blickfeld halten zu können.
    Lucy war etwas zur Seite gerückt, damit die andere Frau bequem sitzen konnte.
    Ich schaute sie mir genauer an.
    In den Zeitschriften wird oft der Typ der modernen Frau abgebildet. Sehr selbstsicher, in der Mode immer top, ebenso im Make-up und der Frisur. Das alles traf auf Morna Clayton zu. Sie mochte um die Dreißig sein. Das schwarze Haar zeigte einen kurzen Schnitt und war von mahagoniroten Streifen durchzogen. Die Schminke auf der Haut zeigte einen blassen Ton, war allerdings an bestimmten Stellen dicker aufgetragen. Die Lippen hatte sie mit einem dunkleren Stift nachgezogen. In ihm trafen sich die Farben Grau und Rot. Das gleiche Make-up fand sich an den Augen wieder.
    »Darf ich weiteressen?« fragte ich.
    »Aber sicher.«
    »Danke.«
    Wir mochten uns beide nicht, das spürten wir. Da saßen sich Hund und Katze gegenüber. Ich ließ mir möglichst wenig anmerken, trank Kaffee und aß mein Rührei.
    »Kennen Sie die Insel, Mr. Sinclair?«
    Ich wischte mit der Serviette die Lippen ab und sah Morna Claytons Blick auf mich gerichtet. »Nein, ich fahre zum erstenmal hin.«
    »Sie sind Forscher?«
    »So etwas Ähnliches. Woher wissen Sie das?«
    »Ich leite das Reisebüro. Sandra sprach davon. Sie wunderte sich, da Sie der einzige männliche Passagier sind, der dieser Insel einen Besuch abstatten will.«
    »Ist das so ungewöhnlich?«
    »In der Tat.«
    »Weshalb fahren sonst nur Frauen hin?«
    Ihre Lippen zuckten, als sie lächelte. Die Clayton trug einen dunkelroten Pullover und eine gefütterte helle Hose. »Wenn Sie Forscher oder Historiker sind, müßten Sie es eigentlich wissen.«
    »Sorry, klären Sie mich auf.«
    »Die Insel ist früher nur von Frauen bewohnt worden.«
    »Ach?« Ich staunte. »Was heißt früher?«
    »Zur Zeit der Kelten.«
    »Das ist lange her. Dafür daß sie nur von Frauen bewohnt wurde, muß es einen Grund geben, nehme ich an.«
    »Den gibt es.«
    »Darf ich ihn erfahren?«
    Natürlich. Man setzte die Frauen dort aus, um einen Götzen zu besänftigen.
    »Den grauen Riesen.«
    »Sie sind gut informiert.«
    »Ja«, erwiderte ich spöttisch. »Man hat eben so seine Träume, Mrs. Clayton.«
    »Soll ich Ihnen das glauben?«
    »Es bleibt Ihnen überlassen.«
    »John lügt nicht!« mischte sich Lucy Freeman ein. »Er hat mir tatsächlich von seinen Träumen erzählt. Er kennt auch Dr. Ward, den Psychologen.«
    »Interessant.« Die Clayton nickte. »Waren Ihre Träume derart außergewöhnlich?«
    »Das kann man sagen. Ich bekam Angst. Als die Träume immer wiederkehrten, entschloß ich mich, einen Psychologen aufzusuchen. Wie ich sehe, bin ich nicht der einzige, der dies getan hat.«
    »Das stimmt.« Morna schaute sich um. »Aber was wollen Sie dann auf Celtic Island?«
    »Es gibt eine Theorie, die besagt, daß sich jemand seinen Problemen stellen muß, um sie lösen zu können. Das ist im Prinzip alles, Mrs. Clayton. Ich fahre also hin, um das Alpdrücken loszuwerden.«
    »Nicht als Forscher?«
    »Nein.« Ich tat etwas verlegen. »Da habe ich Ihrer Mitarbeiterin einen Bären aufgebunden.«
    »Weshalb?«
    »Ich habe mich geschämt, ihr die Wahrheit zu sagen.«
    »Ach so – geschämt, ja.« Sie räusperte sich. »Verstehe. Wenn wir nun dort sind, was werden Sie tun?«
    Ich breitete die Arme aus. »Was die anderen auch machen. Mir die Insel ansehen.«
    »Zu ihm gehen?«
    »Sie meinen den grauen Götzen, den Riesen? Klar, ich will ihm Auge in Auge gegenüberstehen.«
    »Was lebensgefährlich sein kann. Aus den Träumen sind Sie erwacht, Mr. Sinclair. Die Realität ist kein Träum. Sie läßt Sie nicht los. Daran sollten Sie denken. Da können Sie nicht erwachen, da müssen Sie sich den Problemen stellen.«
    »Ich weiß.«
    »Dann brauche ich Ihnen ja mehr nicht zu sagen.«
    »Bestimmt nicht.«
    Morna Clayton stand auf. »Es dauert nicht mehr lange, bis wir anlegen. Wir sehen uns dann.«
    Sie ging davon, und Lucy schaute ihr nach. Ich sah, wie sie sich schüttelte.
    »Was haben Sie?«
    »Das ist schwer zu sagen. Ich mag die Person nicht. In ihrer Nähe fühle ich mich wie gegen die Wand gedrückt. Sie ist so beherrschend. Haben Sie Ihre Augen gesehen?«
    »Ja, mir ist nichts aufgefallen.«
    »Mir aber. Die Augen vergleiche ich immer mit denen einer Schlange. Sie sind so kalt, so glatt,

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