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0571 - Die Legende vom grauen Riesen

0571 - Die Legende vom grauen Riesen

Titel: 0571 - Die Legende vom grauen Riesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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betreten hat, nicht mehr zurückkehrt und für immer dort bleibt?«
    »Ja.«
    »Dann wird er…«
    »Psst!« Sie zischte mir das Wort zu und drehte sich, auf der Bettkante hockend, um.
    »Was haben Sie?«
    »Da war etwas, John.« Lucy stand auf. »Ich… ich habe es genau gehört. Da ist etwas gewesen.«
    »Und was, bitte?«
    »Ein Geräusch.«
    Lucy durchmaß die Kabine mit langsamen und vorsichtig gesetzten Schritten. Ich erkannte auf ihrem Gesicht die Gänsehaut, die wie festgebacken wirkte.
    Gehört hatte ich nichts, stellte aber sicherheitshalber meine Tasse ab.
    Das Gesicht der jungen Frau erinnerte mich an eine Maske aus Angst. Flüsternd gesprochene Worte drangen abgehackt über ihre blassen Lippen. »Es war das gleiche Geräusch, das ich im Bade gehört habe, John. Wieder dieses Zischen.«
    »Die Schlange?«
    »Ich glaube schon.«
    Sollte sie tatsächlich eine schwarze Mamba gesehen haben, war das verdammt gefährlich. Auch ich bekam eine zweite Haut und schaute mich vorsichtig in der Kabine um.
    Zu sehen war nichts, auch nichts zu hören. Nur unsere eigenen Atemzüge.
    »Woher ist das Geräusch denn gekommen?« fragte ich sie.
    »Ich weiß es nicht.« Sie stand an der Tür und drehte sich um, damit sie mich anschauen konnte. »Ich hatte das Gefühl, als wäre es aus allen Richtungen geklungen.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Doch, es stimmt. Aus allen Richtungen.« Sie deutete mit dem rechten Arm in die vier Ecken des Raumes. »Wir sind umzingelt, John, die Schlangen haben uns erreicht.«
    »Also ich sehe keine.« Meine Stimme hatte den normalen Klang behalten. Auf keinen Fall wollte ich die junge Frau noch weiter beunruhigen.
    »Sie müssen mir glauben! Ich habe es mir nicht eingebildet!« Lucy Freeman preßte sich mit dem Rücken gegen die Tür, als könnte sie dort Schutz finden.
    Auch ich schwieg. Sollte sich tatsächlich eine Schlange in der Kabine befinden, so würde sie sich bestimmt wieder bemerkbar machen.
    Noch war nichts zu hören, nur unsere schweren Atemzüge unterbrachen die Stille.
    »Setzen Sie sich wieder, Lucy! Sie haben sich…« Ich sah, wie sie vereiste. Nichts rührte sich mehr. Sie stand da, als würde sie mit dem Rücken an der Tür kleben. Der Mund öffnete sich, ohne daß sich ein Laut löste. Mich interessierte ihr Blick, den sie auf eine bestimmte Stelle richtete. Zunächst dachte ich daran, daß ich damit gemeint war, das war ein Irrtum, denn sie hatte ihren Blick gesenkt.
    Wenn ich die Richtung verfolgte, so starrte sie auf meine Füße oder dicht daneben.
    Ich rückte etwas zur Seite, ohne allerdings meine Beine zu bewegen. Dicht neben meinem rechten Fuß sah ich es und mußte Lucy recht geben. Unter dem Sessel hervor schob sich der schlanke Körper einer Schlange…
    ***
    War Lucy vorhin vor Schreck innerlich vereist, so erging es mir nun ähnlich.
    Ich hockte unbeweglich, schielte nur auf die Schlange, die über den Teppich glitt.
    Wohin wollte sie?
    Ich hielt den Atem an. Mein Blick war starr geworden. Schweiß hatte sich auf meiner Stirn gebildet. Fast jedes Kind wußte, daß eine schwarze Mamba hochgradig giftig ist. Eine unbedachte Bewegung meinerseits, und der noch pendelnde Kopf würde seine Richtung ändern, vorschießen, um die spitzen Zähne in meine Wade zu schlagen.
    Das alles war mir bekannt. Noch tat die Schlange nichts. Sie ließ hin und wieder ihre Zunge sehen, die geschmeidig aus dem Maulspalt floß und wieder zurückzuckte.
    »Bewegen Sie sich nicht, John!« flüsterte Lucy. »Ich habe es in der Wanne auch nicht getan. Sagen Sie auch nichts. Ihre Stimme könnte die Schlange reizen.«
    »Ja, schon gut.«
    »Bitte nicht!«
    Die Schlange glitt nicht mehr weiter. Vor dem Sessel war sie zur Ruhe gekommen, lag still und flach auf dem Boden, als wäre sie schon gestorben.
    Ich wartete ab.
    Sekunden verstrichen sehr zäh. Ewig konnte ich nicht hier hockenbleiben. Noch traf das schwarze Reptil keine Anstalten, mich zu attackieren. Diese Zeit mußte ich nutzen.
    Das tat ich auch.
    Blitzschnell hob ich die Beine an und drehte mich auf dem Sessel sitzend. Die Füße schwangen herum. Natürlich war der Schlange die Bewegung nicht entgangen, sie wollte zustoßen, aber sie fand kein Ziel mehr, denn ich hatte mich vom Sessel katapultiert, dabei noch gedreht und hechtete auf das Bett zu.
    Diesmal hörte ich das Zischen. Es erschien mir irgendwie böse.
    Noch immer stand Lucy Freeman wie festgenagelt an der Tür und bewegte nicht einmal die Fingerspitzen. Sie konnte es nicht

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