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0571 - Die Legende vom grauen Riesen

0571 - Die Legende vom grauen Riesen

Titel: 0571 - Die Legende vom grauen Riesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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tat nichts. Nur den Kopf bewegte sie leicht pendelnd, wobei sie das Maul geschlossen hielt, denn die gespaltene Zunge wischte nicht ein einziges Mal hervor.
    Was sollte das bedeuten? Wollte sie etwa den Koffer bewachen und dafür sorgen, daß ich nicht drankam? Ich mußte ihn öffnen, weil ich ohne meinen Bumerang die Insel nicht betreten wollte.
    Deshalb ging ich vor, zog gleichzeitig meine Beretta und legte auf das schwarze Reptil an.
    Es kam mir vor, als würde sie genau in das »Auge« der dunklen Mündung starren. Mein Zeigefinger berührte den Abzug, nur kam ich nicht zu einem Schuß. Wieder vernahm ich das puffende Geräusch, sah den hellen Blitz, dann war die Schlange verschwunden, ohne daß ich sie mit einer magischen Waffe auch nur berührt hätte.
    Das konnte begreifen, wer wollte. Mir war es im Augenblick zu hoch. Obwohl ich die Schlange nicht mehr entdeckte, schaute ich mich sehr genau um, als ich in die Kabine hineinschritt. Es war durchaus möglich, daß sich noch andere Reptilien versteckt hielten.
    Nein, ich hatte mich geirrt.
    Um den Koffer zu öffnen, mußte ich an den Schlössern zwei Codezahlen einstellen.
    Der Deckel klappte hoch, ich schaute auf meine Ersatzkleidung – Hose, Pullover, ein Hemd und Unterwäsche. Sie lag noch so, wie ich sie in den Koffer gedrückt hatte.
    Unter der Kleidung hatte ich meinen Bumerang versteckt. Ich faßte mit der Hand in Lücken und spürte schon sehr bald das kühle Silbermetall an meinen Fingern.
    Der Bumerang sah aus wie immer. Nichts hatte sich verändert. Seine Flächen schimmerten matt, und er lag wunderbar in der Hand, als wäre er speziell für mich geschaffen worden.
    Irgendwie stimmte das auch. Schließlich war er aus den letzten Seiten des Buchs der grausamen Träume entstanden.
    Ich steckte ihn in meinen Gürtel. An der linken Seite hatte er den besten Halt. Dort befand sich auch eine Schlaufe, die ihn hielt, wenn ich lief.
    Nach einem letzten Rundblick verließ ich die Kabine wieder und ging an Deck, wo sich alle am Bug versammelt hatten und ihre Gesichter in den Wind hielten.
    Wind wehte immer. In unseren europäischen Breiten gab es nie eine absolute Windstille wie manchmal in den Tropen. Meine Schritte waren gehört worden. Zwei Frauen drehten sich um.
    Lucy Freeman und Morna Clayton. Letztere interessierte mich besonders. Reagierte sie vielleicht anders als sonst?
    Nein, sie schaute mir kühl und irgendwie überlegen entgegen. In ihren Augen entdeckte ich nicht die Spur einer Unsicherheit.
    »Endlich, John, da sind Sie ja.«
    Ich blieb neben Lucy stehen. »Wieso? Haben Sie mich vermißt?«
    »Ja.«
    »Keine Sorge, ich bleibe bei Ihnen.« Den Satz hatte ich so laut ausgesprochen, daß er auch von Morna Clayton gehört werden konnte.
    Sie reagierte überhaupt nicht.
    Die an Deck versammelten Passagiere schauten alle über den Bug des Schiffes und in dieselbe Richtung, weil dort unser Ziel lag.
    Zum Glück hatte die Sonne einen Großteil des Dunstes vertrieben, so daß wir das Eiland erkennen konnten. Es war wirklich nicht groß, von unserem Schiff aus gut zu überblicken, und es besaß an den Seiten einen weißen Bart. Dort schlugen die Wellen gegen das Gestein, erzeugten eine Brandung, die wie heller Schaum an den steilen Ufern in die Höhe gischtete. Ob es Untiefen, Strudel oder Felsen waren, die dicht unterhalb der Wasserfläche lagen, war nicht zu erkennen.
    Ich sah auch keinen Hafen und fragte laut nach, wo wir anlegen würden.
    »Keine Sorge!« antwortete Morna Clayton. »Der Kapitän kennt sich aus. Er fährt die Strecke nicht zum erstenmal.«
    »Dann ist es gut.«
    Lucy stieß mich an, bevor sie schräg gegen den grauen Himmel deutete. »Schauen Sie mal, John, die Vögel. Sie lassen sich nicht auf der Insel nieder, sie meiden sie. Wissen Sie, was das bedeuten könnte?«
    »Ja.«
    »Die Insel ist ihnen zu unheimlich, nicht?«
    »So ähnlich.«
    Lucy schauderte und warf einen scheuen Blick in die Runde. Niemand kümmerte sich um sie. Die Frauen starrten gebannt dem Eiland entgegen, dem wir uns immer mehr näherten, so daß die Umrisse schon deutlicher hervortraten.
    Morna Clayton hielt ein Glas vor ihre Augen gepreßt. Als sie es absetzte, lächelte sie und nickte zufrieden. Was hatte sie dort entdeckt? Wir konnten es nicht sehen.
    Zwar frischte der Wind nicht auf, das Meer zeigte sich trotzdem von seiner unruhigen Seite. Die Wellen rollten nicht mehr so lang und scharf abgegrenzt heran. Erste Strudel hatten sich gebildet, sie umkreisten das

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