0577 - Die Krakenfalle
heiße Schauer rieselten über meinen Rücken und wechselten sich ab. Ich wußte nicht, was der Krake mit dem Toten vorhatte, jedenfalls schwenkte er die Leiche über dem Wasser, bevor er einen Bogen schlug und plötzlich über dem Strand schwebte.
Sicherheitshalber ging ich zurück, schaute dabei auch gegen das Wasser, weil ich den massigen Körper suchte.
Unter der Oberfläche, die Tiefe konnte ich nicht genau ausmessen, schimmerte ein roter Fleck.
Ein Auge?
Ob es das genau war, konnte ich nicht sagen. Jedenfalls war dieser Krake nicht normal. Irgendeine dämonische Kraft mußte dafür gesorgt haben, daß er aus unergründlichen Tiefen in die Höhe gestiegen war, um sein grausames Werk zu verrichten.
Noch hielt er seine Beute fest, gab sie dann plötzlich frei, so daß sie in den Sand schlug.
Gleichzeitig zog sich auch der Krake zurück. Er sackte so schnell weg, als hätte jemand einen Stein ins Wasser geworfen. Noch einmal schäumte das Meer in der Bucht auf, warf hohe Wellen, die über den Sand liefen und auch die Leiche überspülten, sich dann zurückgezogen und sich wieder mit dem anderen Wasser vermengten.
Ich wartete noch einige Sekunden ab, bevor ich mich dem Toten näherte.
Sein Anblick war mir noch aus der Küche des Bistros in Erinnerung geblieben, aber in der Zwischenzeit hatte sich bei diesem Toten einiges verändert. Es ging nicht allein um die Haut, die sämtliche Farbe verloren hatte. Sie war bleich, teigig, leicht grün und auch aufgequollen, wobei mir besonders die Blässe auffiel. Der Körper schien blutleer zu sein.
So sahen Opfer von Vampiren aus…
In der letzten Zeit war ich allergisch geworden, was diese verfluchten Blutsauger anging. Ich wollte überprüfen, ob dieser Tote tatsächlich blutleer war.
Mein Taschenmesser klappte ich auf, hockte mich nieder und stach vorsichtig in den Handballen des Toten.
Rann Blut hervor?
Ja, es tropfte, aber es war kein Blut, wie ich es kannte. Schwarzes Blut floß aus der Wunde. Magisches Blut, versehen mit Kräften, die Unheil, Mord und Tod ankündigten.
Ich schluckte, denn dieser Anblick hatte mich verflucht hart getroffen. Dämonenblut also. Das menschliche mußte bei ihm umgewandelt worden sein. Wie konnte ein Krake dies möglich machen?
Ich schaute zu, wie das schwarze Blut aus der Wunde rann. Das Taschenmesser hatte ich wieder zusammengeklappt, steckte es weg und holte statt dessen meinen geweihten Silberdolch hervor. Seine Spitze führte ich in die schwarze Flüssigkeit.
Sie zischte plötzlich auf. Dampfwolken entstanden, eine Kruste bildete sich über dem Rinnsal, bevor der gesamte Rest kristallisierte.
Ich stand auf.
Gleißend schien mir die Sonne in die Augen. Die dunkle Brille lag im Wagen. Ich wollte sie nicht erst holen, aber das Gleißen blieb, auch die Blendung.
Das konnte keine natürliche Ursache haben. Da mußte etwas dahinterstecken.
Ich schaute zur Seite und geriet so außerhalb der blendenden Reichweite.
Meine Augen weiteten sich. Was ich sah, war eigentlich nicht zu fassen.
Auf einem der vorspringenden Felsen stand eine Gestalt, deren langes, schwarzes Haar im Winde wehte. Es war eine Frau. Sie trug ein langes, weißes Kleid, dessen flatternder Saum über ihren Knöcheln zitterte. Die Frau winkte mir zu.
Nicht mit der Hand, sondern mit einer Waffe.
Es war ein Schwert mit goldener Klinge, und die Person war keine andere als Kara, die Schöne aus dem Totenreich…
***
Der Krake, das schwarze Blut, die aufgerissene Erde, drei Dinge, die mich zwar nicht störten, mich jedoch weiterbrachten und auf ein bestimmtes Ziel hindeuteten.
Atlantis!
Genau das war es.
Wenn Kara, die Schöne aus dem Totenreich, erschien, hing dieses Erscheinen unmittelbar mit dem Kontinent Atlantis zusammen, denn daher stammte sie, und sie hatte den gewaltigen Untergang des Kontinents auch überlebt, um bei den Flammenden Steinen zusammen mit Myxin, dem Magier aus Atlantis, eine neue Heimat zu finden.
So einfach war das – trotzdem kompliziert, denn immer wieder schaffte es die Magie des längst versunkenen Kontinents sich in das Leben der heutigen Menschen einzumischen.
Atlantis war tot, Atlantis lebte. Paradox, jedoch eine Tatsache. Ich wußte genau, daß Kara nicht auf der Klippe stehenbleiben würde.
Sie hatte mir nur kurz zugewinkt, damit ich Bescheid wußte. Nun senkte sie das Schwert, so daß es mit seiner Spitze den Fels berührte.
Kara umklammerte den Griff mit beiden Händen und konzentrierte sich auf einen magischen
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