0577 - Gebieter der Nacht
mal was davon gehört, daß man diese Lautfolge auch als Zahl auffassen kann?«
Der Parapsychologe versuchte sich aufzurichten, sank aber wieder ins Kissen zurück.
»Ihr müßt ja mächtig gezecht haben.«
»Ich eigentlich weniger«, stöhnte Zamorra. »Ich verstehe das nicht, ich habe wirklich nicht viel getrunken. Carsten hat wesentlich mehr zugelangt. Der muß ja beim Aufwachen ’nen Brummschädel gehabt haben, der durch kein Scheunentor mehr paßt… Da hat Gryf wohl was zu tun gehabt, ihn wieder fit zu kriegen.«
»Seltsam«, überlegte Nicole. »Den habe ich heute noch gar nicht gesehen. Na ja, ich bin auch erst seit etwas mehr als einer Stunde wach. Wie fühlst du dich?«
»Recht bescheiden. Wie bin ich überhaupt ins Bett gekommen?« Er sah an sich herunter und stellte fest, daß er noch fast vollständig angekleidet war.
»Ich habe dich hergeschleppt«, verriet Nicole. »Junge, Junge… Du mußt doch ein bißchen mehr getankt haben, als du meinst, daß du mitten im Korridor umgekippt bist. So kenn' ich dich ja gar nicht.«
»Ich bin nicht mitten im Korridor umgekippt!« protestierte Zamorra. »Ich habe doch sogar noch Carsten ins Bett geschaufelt. Und dann wollte ich…« Er tastete zu seiner Brust. »Wo ist es?«
»Das Amulett? Es lag neben dir auf dem Boden.«
Er atmete tief durch. »Wenn mir das Denken nicht so schwer fallen würde…«, murmelte er. »Ich wollte… oder etwa doch nicht?«
»Was wolltest du?«
»Diese Frau, die gestern hier war…«, sagte er leise. »Ich wollte sie überprüfen, mit der Zeitschau. Etwas stimmte mit ihr nicht.«
»Hm«, machte Nicole. »Und dabei bist du umgekippt? Na, ich weiß nicht…«
»Sie hatte Vampirmale!«
Etwas ungläubig sah ihn Nicole an.
»Doch«, beharrte er. »Ich habe es gesehen.«
»Ja, und ich habe davon geträumt, daß ein Vampir hier Mitarbeiterschulungen abhält und ähnlichen Unsinn. Komm, chéri, auch du hast von diesem Vampir geträumt, aber eben nur geträumt, es war nicht Wirklichkeit.«
Er schüttelte den Kopf. »Meine Erinnerung ist zu deutlich.«
Diesmal schaffte er es, auf die Beine zu kommen - gähnte und schloß die Augen. Er hatte etwas Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu halten.
»Sieh zu, daß du unter die Dusche kommst«, riet ihm Nicole, »und dann gibt's einen Kaffee der Marke Texas, bei dem das Hufeisen oben schwimmt…«
»Können wir die Reihenfolge nicht umkehren?« Er machte ein paar Schritte und stützte sich dann an der Tischkante ab. »Lieber Himmel, mir zittern ja die Knie! So schlapp habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. Beim Duschen wirst du mir helfen müssen, damit ich nicht vom Wasserdruck umgeworfen werde.«
Sie verdrehte die Augen. »Aber sicher. Auch 'ne Art, anständige Mädchen verführen zu wollen!«
Langsam schüttelte Zamorra den Kopf. »Muß diese Frau mich denn immer mißverstehen? Dabei bin ich schon froh, daß ich gerade mal stehen kann, ohne umzufallen…«
»Na komm, Chef. Probieren wir mal aus, ob wir dich nicht wieder fit kriegen…«
***
Aber so schnell wurde Zamorra nicht wieder fit. Er fühlte sich, als habe er eine Auseinandersetzung mit einer Horde Dämonen hinter sich, die ihm das Äußerste an körperlicher und geistiger Anstrengung abverlangt hatte. Ähnlich hatte er sich bisher nur einmal gefühlt. Das war, als das Amulett ihm bei einem solchen Kampf dermaßen viel Energie entzogen hatte, daß er daran beinahe gestorben wäre.
Woher sollte er ahnen, daß auch in diesem Fall das Amulett die Schuld an seiner Schwäche trug? Daß es nach seinem Blackout noch weitergearbeitet und ihm dabçj. Kraft entzogen hatte…?
»Sollte die Zeitschau in Verbindung mit dem Alkohol einen noch stärkeren Raubbau an deinen Kräften getrieben haben, als es ohnehin schon normalerweise geschieht?« fragte Nicole.
Sie ahnte nicht, daß sie mit dieser Überlegung auf der richtigen Spur war, aber auch dann wäre sie nicht mehr dazu gekommen, dieser Spur weiter zu folgen. Denn Carsten Möbius polterte in diesem Augenblick ins Eßzimmer, in dem Zamorra und Nicole, in flauschige Bademäntel gehüllt, am Frühstückstisch saßen.
»Saufen ist gesundheitsschädlich«, stöhnte er und ließ sich auf einen freien Stuhl fallen. »Nie wieder Alkohol - zumindest nicht die nächsten paar Stunden!«
»Wolltest du nicht um diese Zeit schon topfit in Frankfurt irgendeinen wichtigen Geschäftstermin wahrnehmen?« erkundigte sich Nicole.
»Wollte ich. Aber erstens geruhte niemand daran zu
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