0579 - Die Psycho-Vampire
bedeutete.
Während es sich bei den genaktivierten Zellverbänden der anderen sieben Schnellbrüter um einfach befruchtete Keime handelte, befand sich in Retorte-1 eine sechsfach gen-aktivierte Spezialzelle!
Das also war Onacros Experiment. Er hatte eine Keimzelle sechsfach befruchtet, so daß aus ihr nicht nur ein Normalsyntho entstand, sondern sechs.
Eineiige Sechslinge!
Deshalb also der überaus hohe Energieverbrauch, denn sechs Synthos benötigten mehr Nahrung als ein einzelner. Deshalb auch der verwirrende Rhythmus von Herzschlag und Atmung, denn in Retorte-1 atmeten sechs Fetusse, schlugen sechs Herzen!
Aber was war der Sinn dieses Manövers?
Corello hatte nur acht Normalsynthos angefordert, in Wirklichkeit wurden jedoch dreizehn erschaffen - und zwar in nur acht Retorten, so daß Corello keinen Verdacht schöpfen konnte.
Was hatte Onacro nun mit den verbleibenden fünf Normalsynthos vor? Es stand fest, daß er sie vor Corello verbergen mußte.
Wollte er sie als Geheimwaffe gegen den Supermutanten einsetzen?
Das schien naheliegend, aber Gorlan sah keinen Sinn darin.
Wie konnte Onacro hoffen, von fünf Normalsynthos Unterstützung zu bekommen, wenn fast sechshundert bestens geschulte Wissenschaftler nichts gegen Corello hatten ausrichten können.
Gorlan kam einfach nicht dahinter, was Onacro mit seinem Schachzug bezweckte. Aber er wollte ihn in seinen Bemühungen unterstützen und darauf achten, daß der Trick mit der sechsfach gen-aktivierten Spezialzelle nicht durchschaut wurde.
Als dann der Geburtsprozeß in den Retorten abgeschlossen war und Corello die frisch geborenen Normalsynthos sehen wollte, richtete es der junge Biochemiker so ein, daß er nur in die Retorten zwei, vier und sieben Einblick bekam.
Corello schöpfte keinen Verdacht.
Gorlan leitete die Überstellung aller acht Retorten in die Abteilung mit den Atomar-Molekularen-Wachstumbeschleunigern ein.
*
Die Ato-Mol-Bescheuniger waren den Schnellbrütern nicht unähnlich. Sie bestanden aus hohen Metallsockeln, über denen sich zweieinhalb Meter hohe Energieglocken wölbten, und im Grunde genommen spielte sich in ihnen der gleiche Vorgang wie in den Retorten ab.
Hier wie dort lief der Wachstumsprozeß der Normalsynthos mit millionenfacher Beschleunigung ab.
Aber während in den Schnellbrütern die Keimzellen zu Menschenkindern heranreiften, die nach zweieinhalb Tagen lebensfähig waren und keine technische Lebenshilfe mehr benötigten, wuchs in den Ato-Mol-Beschleunigern in rasender Schnelle das Neugeborene zu einem erwachsenen Menschen heran.
Dieser Vorgang war widernatürlicher und eher als Synthese zu bezeichnen als die Geburt in der Retorte.
Denn in den Ato-Mol-Beschleunigern wurde die Kindheit, die Pubertät und der gesamte physiologische Reifeprozeß des Menschen vorweggenommen. Ein Kleinkind, das in der Retorte erschaffen worden war, unterschied sich von einem im Mutterleib geborenen in keiner Weise. Nachdem sie das Licht der Welt erblickt hatten, war es nicht mehr ausschlaggebend, ob sie eine Reifezeit von neun Monaten oder von zweieinhalb Tagen hinter sich hatten.
Für die Zukunft besaßen sie gleiche Chance.
Anders war es bei jenen Geschöpfen im Alter zwischen 21 und 23 Jahren. Ein Mann, der diese 23 Jahre durchlebt hatte und in dieser Zeit Gelegenheit hatte, sich Wissen anzueignen und Erfahrungen zu sammeln, dessen Entwicklung konnte als geistig und körperlich abgeschlossen gelten. Ein Mann im gleichen Alter, dessen Entwicklung im Ato-Mol-Beschleuniger nur zweieinhalb Tage gedauert hatte, war dagegen stark benachteiligt.
Körperlich konnte er sich mit jedem natürlich aufgewachsenen Menschen messen, aber geistig war er immer noch ein Neugeborenes. Sein Gehirn war zwar normal ausgebildet, aber es war leer, ohne das geringste Wissen, ohne irgendwelche Erfahrungswerte.
Deshalb war es nötig, auch seinen Geist nachträglich künstlich zu formen, ihm Wissen und eine Persönlichkeit zu geben, die zu seinen Erbanlagen paßten...
„Gorlan Lym!"
Der junge Biochemiker fuhr erschrocken herum, als er die Stimme hinter sich vernahm.
Onacro stand im Schatten des Eingangs und blickte zu den drei anderen Wissenschaftlern, die apathisch vor den Schaltanlagen saßen und durch die Armaturen hindurchzusehen schienen.
„Die merken überhaupt nicht, was um sie vorgeht", stellte Onacro mitleidig fest. Er ließ seinen Blick über die acht Energieglocken gleiten und fuhr dann fort: „Bei Corello macht sich seit einigen
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