058 - Das Monster
Elite, oder besser, der Abschaum ihres Gewerbes. Ein einziger Faustschlag konnte Leute ihres Kalibers nicht von den Füßen holen. Der hagere Gangster wich nicht einmal zurück. Rasend vor Wut griff Quentin wieder an und zielte diesmal auf die Kiefer des Gegners. Der Schlag erreichte sein Ziel nicht. Der dünne Mann packte die Faust in der Luft und drehte sie blitzschnell herum. Roger überschlug sich und krachte auf den Boden. Ein Stiefel fuhr ihm in die Rippen, ein zweiter stieß von der anderen Seite zu. Irgend etwas Schweres schmetterte auf seinen Kopf. Roger hatte das Gefühl, in einen tiefen, schwarzen Schlund zu stürzen. Die Dunkelheit schlug über ihm zusammen. Als er wieder zu sich kam, fand er sich auf einem Stuhl neben Eve wieder, ebenso gefesselt und geknebelt wie sie, und ebenso hilflos. Bolton sah auf die Uhr.
„Durger braucht aber lange“, bemerkte er grimmig. „Was, glauben Sie, könnte passiert sein?“
„Soll ich nachsehen?“ Der große, hagere Mann warf Bolton einen fragenden Blick zu.
„In Ordnung. Aber beeilen Sie sich gefälligst!“
Durger hatte Schwierigkeiten, die schwere Kellertür hochzuheben. Er hielt sich auch nicht damit auf, sie wieder hinter sich zu schließen, sondern ließ sie offen. Unten begann der Affe bereits wieder, sich zu bewegen. Die Wirkung des Sedativums ließ nach. Clive Walters blickte hinauf zu dem kleinen erhellten Viereck des Kellereingangs und lächelte vor sich hin. Offenbar stieg nur ein Mann die Treppe herab. Kein Problem für ihn. Durger näherte sich zielbewußt dem allmählich erwachenden Affenmonster. Es war in der Zwischenzeit so gewachsen, daß die Ketten schmerzhaft in seine Glieder einschnitten, und das schien die gewaltige Kreatur erheblich zu belästigen.
Eine unheilvolle Stille lag über dem Gewölbe, als der große Affe einen Augenblick aufhörte, an seinen Ketten zu zerren, und mit wütenden Augen die sich nähernde zerbrechliche Gestalt fixierte.
Durger sah an ihm hinauf. Er mußte inzwischen über fünf Meter groß sein. Die Ketten würden nicht mehr lange halten. Er wollte das Serum holen und dann möglichst schnell verschwinden. Die Flüssigkeit, die er brauchte, war im Rückgrat des Affen, dessen Rücken sich weit über Durgers Kopf befand. Die Vorstellung, an einem Bein hochzuklettern, um an die Lendengegend des Giganten zu kommen, war alles andere als angenehm. Aber der Gedanke an Boltons Zorn und die finsteren Gestalten in seiner Begleitung ließen ihn seine Angst überwinden. Er kletterte an einem der stämmigen Beine hinauf, die leere Spritze zwischen den Zähnen. Es war nicht leicht, die Stelle zu erreichen, und manch anderer hätte das Unterfangen als hoffnungslos aufgegeben. Während Durger sich vollkommen auf seine Aufgabe konzentrierte, glitt Walters geräuschlos zur Leiter.
Sein Risiko war, daß Durger ein Gewehr bei sich hatte. Er hätte auf der Leiter eine großartige Zielscheibe abgegeben. Aber Walters konnte unbehelligt nach oben klettern. Rasch überzeugte er sich, daß er allein war, schlug die Kellertür zu und verriegelte sie. Dann machte er sich auf den Weg zum Labor. Er hatte von dort Stimmen gehört, und auch die beiden herzzerreißenden Schreie waren ihm nicht entgangen. Walters war trotz seines Jobs nicht so abgebrüht, daß ihm jedes Gefühl für Ritterlichkeit abging. Der Gedanke, daß sich dort ein Mädchen in größter Gefahr befand, machte ihm zu schaffen. Vor der Tür zum Labor verhielt er einen Augenblick und versuchte, zu verstehen, was drinnen gesprochen wurde. Eine der Stimmen kam ihm bekannt vor. Er versuchte, sich zu erinnern, wem sie gehörte. Es war eine rauhe, primitive Stimme. Sie gehörte zur Unterwelt, zweifellos die Stimme eines Kriminellen. Vier Stimmen, das bedeutete vier Männer, wenigstens. Eine gehörte Harry Bolton. Wem die anderen gehörten, war schwer zu sagen. Bolton murmelte etwas von jemandem, der zu lange ausblieb. Clive lachte in sich hinein. Sie warteten offensichtlich auf Durger. Ein gedämpftes Rumpeln kam aus dem Keller. Die Labortür öffnete sich, und eine lange, dürre Gestalt eilte zielstrebig in Richtung Kellertür davon. Sie schaute sich nicht um, und Walters seufzte erleichtert. Er hatte einen bösen Fehler gemacht. Er hätte die Schritte hören und sich rechtzeitig in Sicherheit bringen müssen!
Zum Glück waren sich die Männer im Labor ihrer Sache so sicher, daß sie keinerlei Vorsichtsmaßnahmen getroffen hatten. Die Rückenansicht des hageren Mannes
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