058 - Der Duft von Sandelholz
Das Klappern der Hufe auf dem unebenen Pflaster hallte von den Wänden der Stallungen und Kutschenhäuser wider, die zu beiden Seiten aufgereiht standen.
Die Gasse war voller Schatten, aber der Himmel über ihm war von einem seidigen Schwarz. Eine unsichtbare Wolke hatte einen leichten Schleier über den Halbmond gelegt und verdeckte die Sterne.
Schimmernde grüne Augen zeugten von der Gegenwart einer Katze. Ein graues Tier huschte vorbei, dicht an den Boden gepresst und nah an der Wand, auf der Suche nach Mäusen.
Weiter vorn hing eine einzelne rostige Laterne an der Ecke des Kutschhauses.
Plötzlich trat Lily in sein Blickfeld. Ihr blondes Haar schimmerte im fahlen Licht der Laterne. Sie trug einen dunklen Wollumhang.
Dereks Herz schlug schneller. Gegen seinen Willen breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus.
Gott sei Dank.
„Da bist du", sagte er leise zur Begrüßung und ließ das Pferd an einem Pfosten stehen. Aber er wickelte die Zügel nur lose darum - nur für den Fall, dass sie von hier sehr schnell fortreiten mussten. „Gerade habe ich daran gedacht, dir den Hals umzudrehen. Du hast mir Angst gemacht, Mädchen."
Sie lächelte nicht über seinen Scherz. Ihre Miene war ernst, ihr edles Gesicht wirkte angespannt und bleich im goldenen Licht der Laterne. Unbehaglich sah sie sich um, während sie sich den Umhang fester um die Schultern zurrte.
„Geht es dir gut?", fragte er besorgt und zog beim Näherkommen die Reithandschuhe aus.
„Derek!", schrie sie kurz darauf laut auf, ehe er einen heftigen Schmerz am Kopf verspürte.
Er fiel nach vorn und landete hart auf Händen und Knien. Seine in der Schlacht erworbenen Instinkte erwachten zum Leben. Noch immer überrascht von dem Schlag auf den Hinterkopf, griff er nach seinem Degen, aber sofort war er umringt von drei Männern. Sie stießen ihn zurück auf den Boden und drehten ihm die Arme auf den Rücken.
Er wehrte sich heftig.
„Grüße aus Indien, Major", spottete eine raue Stimme. Er hörte einen Atemzug, dann blies ihm jemand Chilipfeffer in die Augen.
Mit brennenden Augen, gleichsam blind, schrie er angstvoll ihren Namen. Dabei sah er den nächsten Schlag nicht kommen. Eine Faust traf seinen Kiefer, und sein Kopf flog zur Seite. Tastend wollte er nach seiner Waffe greifen, doch jemand trat ihm auf die Hand. Er fluchte, während er den Stiefelabsatz auf den Fingern spürte.
„Lily! Antworte!", rief er.
„Derek!"
„Nimm mein Pferd und flieh!"
„Oh, sie bleibt bei mir, Kumpel."
„Lundy?" Schwer atmend schüttelte er den Kopf und versuchte, etwas zu sehen.
Im Hintergrund hörte er Lily schreien. „Lassen Sie ihn in Ruhe! Sie haben gesagt, Sie tun ihm nichts!"
„Lily!", rief er. Gleichzeitig widersetzte er sich seinen Angreifern.
„Wehre dich nicht, Derek. Bitte wehre dich nicht!"
Ihre Worte erschienen ihm seltsam. Sie machten ihm seine Lage deutlich. Ein Hinterhalt. Lundy. Er war von dem perfekten Köder in die Falle gelockt worden.
Nur eine Frage hatte er. „Warum?"
„Als ob Sie das fragen müssen, Sie doppelzüngiger Bastard."
„Ich verstehe nicht", stieß Derek hervor.
„Nein? Sie hätten sie nie in unsere Geschäfte hineinziehen sollen, Knight. Glaubten Sie, ich würde das nicht herausfinden?"
„Sie waren es also, der das Geld genommen hat."
„Lassen Sie mich Ihnen eines sagen, Sie hochmütiger Kerl", stieß Lundy hervor.
Derek konnte ihn nicht sehen. Seine Augen fühlten sich an wie zwei Brandlöcher.
Aber die Stimme des Nabobs klang sehr nahe und leise, und seine nächsten Worte überraschten Derek beinahe so sehr wie der Schlag auf den Kopf. „Lord Sinclair sagte mir, es wäre in Ordnung, von dem Fonds zu borgen. Nur zu borgen", versicherte Lundy. „Es war kein Diebstahl. Ich besitze die Mittel, das Geld zurückzuzahlen. Nur muss ich warten, bis es flüssig ist. Sie aber konnten keine Geduld aufbringen, nicht wahr? Sie nicht! Typisch hitzköpfiger Kavallerieoffizier. Sie glauben, Sie wären so viel besser als ich. Nun, Sie werden zurückkehren und in Ihrem kleinen Krieg kämpfen, und die ganze Zeit über werden Sie daran denken, dass Lily bei mir sein wird. In meinem Bett. Alles nehmen wird, was ich ihr gebe."
„Wenn Sie ihr wehtun, Lundy, dann möge Gott Ihnen beistehen."
„Wagen Sie es nicht, mir zu drohen."
Derek stieß einen Schrei aus und krümmte sich zusammen, als Lundy ihm gegen den Bauch trat.
Wieder hatte er nichts davon kommen sehen. Verdammt! „Lily!", schrie er, fast wahnsinnig
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