058 - Der Duft von Sandelholz
meinte er. „Tatsächlich würde es mir viel bedeuten, wenn Sie mitkommen und meine Schwester kennenlernen. "
„Warum? Damit sie sich mit Ihnen zusammen über mich lustig machen kann?"
„Nein, natürlich nicht." Er hielt inne und beugte sich vor. „Weil Georgie über Indien sogar noch mehr weiß als ich. Und ich dachte, es würde Sie nach dem Verlust Ihres Vaters etwas trösten, mehr über das Land zu erfahren, das ihn auf dem Gewissen hat. Das Gute ebenso wie das Schlechte. Wenn Sie mit ihr sprechen und unsere indischen Diener sehen, die praktisch zur Familie gehören, dann erhaschen Sie vielleicht einen Blick auf die Schönheit, die Ihren Vater dazu veranlasst hat, das Land aufzusuchen. Und", fügte er mit charmantem. Lächeln hinzu, „wenn Sie sich besonders tapfer fühlen, dann bitte ich Purmina, Ihnen an irgendeinem Abend eines ihrer besonders gewürzten Currys zu kochen. Danach werden Sie Ihre Vanille brauchen."
Lily sah ihn an und wusste nicht, was sie sagen sollte. Tatsächlich konnte sie gar nicht sprechen, so sehr hatte sie sein Wunsch überrascht, ihr zu helfen, mehr über das Land herauszufinden, das ihren Vater gefordert hatte.
Es war eine so freundliche Geste, dass sie nicht zu antworten vermochte, sondern erschrocken schwieg, als sie erkannte, dass er sich tatsächlich um ihre Gefühle sorgte.
Sie warf ihrer Gönnerin einen hilflosen Blick zu.
Mrs. Clearwell übernahm die Entscheidung mit einer wahrlich eleganten Geste. „Es ist uns eine Ehre, Major, Lady Griffiths Bekanntschaft zu machen, wenn es ihr denn gut genug geht."
„Ausgezeichnet. Matt, bist du fertig mit deiner Eiscreme und bereit für deine Mutter?"
Matthew nickte eifrig, drückte Derek die leere Schale und den Löffel in die Hand und stieg in die Kutsche.
Lily hielt den Kopf gesenkt, die Hände im Schoß gefaltet. Lord und Lady Griffiths Haus von innen zu sehen oder Dereks Schwester zu begegnen, das war im Augenblick vollkommen zweitrangig.
Es lag ihm etwas an ihr.
So etwas hatte sie nie zuvor empfunden.
Als Derek ihr gegenüber in der Kutsche Platz nahm, schlug Lilys Herz viel zu schnell.
Sie war bis tief in ihr Inneres erschüttert.
Der Himmel stehe mir bei, dachte sie und wagte kaum zu atmen.
Sie begann allmählich, ihm zu vertrauen.
Gleich darauf lenkte Mrs. Clearwells Kutscher die Barouche weg von dem belebten Berkley Square in Richtung Green Park, wo der Marquess of Griffith lebte.
Die Kutsche fuhr mehrere Blocks entlang, und die ganze Zeit über plauderte Mrs.
Clearwell mit dem kleinen Lord.
Währenddessen hielt Lily den Kopf immer noch schüchtern gesenkt und versuchte, ihre heftige Reaktion auf Dereks Großzügigkeit zu verbergen.
Als sie es endlich wagte, in seine Richtung zu blicken, stellte sie fest, dass er sie beobachtete, die Wange auf die Faust gestützt, einen Ellenbogen auf den Rand der Kutsche gelehnt.
Sie fühlte seinen eindringlichen Blick bis unter die Haut.
Edward sah sie niemals so an.
Sie war wie erstarrt. Sie errötete, dann erbleichte sie, vielleicht auch beides zugleich.
Und auf jeden Fall war sie aufgeregt. Sie versuchte, woanders hinzuschauen, aber es gelang ihr nicht.
Derek lächelte ihr zu.
Seine hellen Augen wirkten beruhigend, und ihr fiel ein, dass sie unbedingt wieder atmen musste.
Das ist Wahnsinn, dachte sie.
Ich werde dir nicht wehtun, versicherte ihr sein Blick. Das stumme Versprechen seiner behutsamen, rücksichtsvollen Annäherung erschütterte sie.
Ganz langsam begann sie sich zu entspannen. Himmel, wenn er schon eine solche Wirkung auf sie hatte, ohne sie auch nur zu berühren ...
Lily schluckte schwer und richtete ihre Aufmerksamkeit auf Green Park, während sie weiterfuhren.
10. KAPITEL
"Da ist mein Haus", rief Matthew aus und zeigte auf ein hohes, repräsentatives Stadthaus, dessen Fassade aus hellem Naturstein errichtet war, Vordertür und Fensterläden waren burgunderrot gestrichen.
Mit neu erwachtem Interesse richtete Lily sich auf.
Weiter vorn bogen sie um eine Kurve, umrundeten den Park, und gleich darauf bedeutete Derek Mrs. Clearwells Kutscher, am Vordereingang zu halten. Er stieg zuerst aus, danach achtete er darauf, dass Matthew beim Hinunterspringen aus der Barouche nichts passierte, schließlich war er den Damen behilflich. Unterdessen rannte sein Neffe ins Haus.
Noch ehe der junge Herr klopfen konnte, wurde die Tür geöffnet, und da stand ein kleiner, untersetzter Butler, der den Jungen anstrahlte wie ein freundlicher Zwerg.
„Mr. Tooke",
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