058 - Der Duft von Sandelholz
Amherst ironisch.
Lily wollte kein Mitleid von Dereks weltgewandten Bettgespielinnen, aber sie wusste deren Verständnis zu schätzen.
„Miss Balfour, Sie haben nie erwähnt, dass ein Fluch auf Ihrer Familie liegt. Wie exotisch", meinte Derek ohne zu ahnen, dass dies ein sensibles Thema war.
„Glauben Sie an Flüche, Major?"
„Nein."
„Ich auch nicht. Der einzige Fluch unserer Familie ist der tollkühner Balfour-Männer, die falsche Entscheidungen treffen, die auf direktem Wege in ihren eigenen Untergang führen."
„Ich verstehe", murmelte er, und an seinem scharfen Blick erkannte sie, dass er ihre Botschaft tatsächlich aufgenommen hatte. „Aber Ihr Großvater erreichte ein hohes Alter, nicht wahr?"
„Er besaß Vernunft", erwiderte sie. Was mehr ist, als ich von Ihnen behaupten kann.
„Ah, Major ..." Mrs. Clearwell hatte besorgt von Lily zu Derek und wieder zurück zu ihrem Patenkind geblickt und fürchtete zweifellos, dass ihre Bemühungen als Ehestifterin endgültig gescheitert waren. Zum Glück war sie eine Meisterin auf dem Gebiet, Dinge zu glätten. „Wie geht es Ihrem reizenden Neffen? Und dem Rest der Familie?"
„Sehr gut, Madam. Es geht ihnen allen gut. Vor allem mein Vater lässt Sie grüßen."
„Oh, tatsächlich?", fragte sie überrascht. „Wie reizend!"
Lily lächelte, als sie die Freude auf dem Gesicht ihrer Patin sah.
„Übermitteln Sie Lord Arthur meine besten Wünsche, Major."
„Das werde ich tun. Und wie geht es Ihrer Familie, Madam?"
„Oh, ich habe keine Familie außer ihr." Liebevoll legte Mrs. Clearwell einen Arm um Lilys Schulter.
Deren Lächeln wirkte etwas angespannt, denn von ihrem Platz aus konnte sie beobachten, wie Edward mit den Kingsleys sprach.
Es sah alles sehr einvernehmlich aus.
„Da Sie gerade die Familie erwähnt haben - Lily bekam gestern einen Brief von ihrer Cousine, nicht wahr?" Mrs. Clearwell nickte ihr ermutigend zu und versuchte sie dazu zu bringen, mit Derek zu reden.
„Cousine Pamela?", fragte er amüsiert. „Und wie ist das werte Befinden der Schriftstellerin in der Familie?"
„Erzähl von dem Brief, Lily. Deine Cousine Pamela schreibt die unterhaltsamsten Briefe."
„Sind sie gruselig?" Derek tat so, als würde er erschauern.
„Nur ein wenig makaber", meinte Lily und lächelte widerstrebend.
„Geben Sie uns etwas zum Besten."
Die Begleiterinnen der Knight-Brüder sahen die beiden an, ohne die leiseste Ahnung zu haben, worum es überhaupt ging.
Erfreut, dass er sich an ihre romanschreibende Cousine erinnerte - obwohl dies eigentlich lächerlich war -, befriedigte Lily nur zu gern seine Neugier. „Cousine Pamela ist geradezu ekstatisch über die ungeladenen Gäste, die sich auf dem Dachboden im Nordflügel von Balfour Manor niedergelassen haben."
„Balfour Manor?"
„Mein Zuhause."
„Ihr Großvater, der frühere Lord Balfour, hat es ihr testamentarisch hinterlassen", prahlte Mrs. Clearwell und nickte Lily zu.
„Oh?" Als Derek seinen Blick wieder auf sie richtete, erschien ein seltsamer Ausdruck in seinen Augen.
„Es ist das Haus, in dem ich aufwuchs. Wir hatten Glück, dass es nicht an die Erbfolge gebunden war. Jedenfalls haben wie diesen Flügel des Hauses seit Jahren nicht benutzt", erklärte Lily und bemerkte kaum, welche Veränderung in Derek vorging. „Unglücklichweise scheinen im Dach einige Löcher zu sein, denn unsere Gäste wurden dabei beobachtete, wie sie nach Einbruch der Dunkelheit ein und aus flogen."
„Schwalben?", fragte Mrs. Coates.
„Fledermäuse", riet Derek ganz richtig, der mit Pamelas Vorlieben vertrauter war.
„Sie haben eine Kolonie von Fledermäusen in Ihrem Dachboden und Ihre Cousine ist froh darüber?", fragte Gabriel verwirrt.
„Es ist sehr stimmungsvoll, Major", sagte Lily achselzuckend. „Unsere Pamela ist ein wenig seltsam. Aber wir lieben sie. Das Problem ist, dass niemand weiß, was wir gegen diese Fledermäuse tun können."
„Ich weiß es."
Lily sah Derek mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Warum überrascht mich das nicht bei all Ihren verborgenen Talenten?"
Mrs. Coates und Lady Amherst vermochten ihre kecke Bemerkung offenbar nicht zu schätzen.
Lily presste die Lippen aufeinander, als ihr klar wurde, dass ihre Worte gewagter geklungen hatten als sie gemeint waren.
„Was wäre eine richtige Methode, Major?", fragte Mrs. Clearwell und blieb bei diesem Thema, ehe ihr Schützling in ein weiteres Wortgefecht geraten konnte, bei dem sie diesmal zahlenmäßig unterlegen
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