058 - Gänsehaut
Kleiderkammer. Coco winkte jovial ab. Die Japaner zogen sich zurück.
Dorian und Coco begaben sich wieder zu Caterina, Jeff und Lazzerini. Bevor sie sie erreichten, nahm Coco den Dämonenkiller zur Seite.
»Rian, was hältst du von der Vorführung?«, fragte sie.
»Nichts. Auf dem Filmstreifen, den ich gesehen habe, führte sich das Monster weitaus rühriger und realer auf. Außerdem hast du ja miterlebt, wie das Kostüm des Korsaren bei der Berührung mit der gnostischen Gemme zu Staub zerfiel. Wenn das nicht reicht …«
»Hast du die Zigaretten gesehen? Ich habe einen bestimmten Geruch wahrgenommen.«
»Ich auch«, sagte Dorian. »Aber er erinnerte mich eher an den harmlosen Duft von Minze oder Rosmarin denn an Haschisch oder Marihuana. Darauf willst du doch hinaus, oder?«
Sie schaute ihm in die Augen. »Mir ist ein ganz eigenwilliger Duft in die Nase gestiegen, den du sicher nicht bemerkt hast und der dir meiner Meinung nach auch gar nicht aufgefallen sein kann. Er erinnert mich an Theriak – ein Wundermittel, das es in unzähligen Variationen gibt. Ich kenne auch ein paar Mischungen, aber ich lasse die Finger davon, weil es zu gefährlich ist.«
»Ich verstehe«, erwiderte Dorian. »Hast du herausgebracht, um welche Zusammensetzung es sich hier handelt?«
»Nein. Man müsste eines der schneckenförmigen Stäbchen beschaffen, um die Wirkung zu prüfen.«
»Das übernehme ich bei nächster Gelegenheit.«
Sie gingen zu den drei anderen zurück und vernahmen, wie Jeff Parker gerade sagte: »Gleich wird die Polizei wegen Claudio Pantanis Tod eintreffen, und ich sage euch, das wird alles andere als ein Freudenfest.«
Die Mordkommission der Stadtpolizei von Rom war im Studio erschienen, und es hatte den ganzen Nachmittag über wirklich eine Menge Aufruhr und Verdruss gegeben. Man glaubte, dass Pantani mit einer starken Säure getötet worden war – es schien die einzige Erklärung dafür zu sein, dass man nur sein Skelett vorgefunden hatte. Aber es ließen sich keinerlei Spuren oder sonstige Hinweise beschaffen. Der Kommissar tobte fast. Er ließ sogar in verschiedenen Laboratorien nachprüfen, ob irgendwelche Chemikalien abhanden gekommen waren; der Bescheid, den ein junger Beamter gegen achtzehn Uhr brachte, war jedoch negativ.
Auch die Vernehmungen hatten nichts ergeben. Kein Mensch hatte verfolgt, was Pantani nach seinem unerklärlichen Verschwinden aus dem Aufnahmesaal getan hatte. Jeder hatte ein Alibi, das durch die übrigen Mitglieder des Teams bestätigt wurde und somit hieb- und stichfest war.
Müde und bedrückt zogen die Mitarbeiter der Mordkommission um kurz nach zwanzig Uhr ab. Das Skelett des Claudio Pantani war ins Gerichtsmedizinische Institut gebracht worden, aber es stand schon jetzt fest, dass die Untersuchung nichts Neues ergeben würde. Jeff Parkers Ahnungen hatten indessen keine Bestätigung gefunden. Trotz der prekären Lage konnte weitergedreht werden.
Um den Kommissar nicht total aus der Fassung zu bringen, hatte Parker den Vorfall im Schneideraum ziemlich beschönigend geschildert. Er war dabei von allen unterstützt worden, so dass der erblindete Cutter nicht weiter in die Untersuchung einbezogen wurde. Im Übrigen kam später die telefonische Nachricht aus der Spezialklinik, dass man ihm das Augenlicht aller Wahrscheinlichkeit nach würde wiedergeben können.
Ein paar Schauspieler – sowie fast die Hälfte der Statisten und zwei Beleuchter – hatten ihre Verträge am Nachmittag von sich aus gekündigt. Sie hatten die volle Unterstützung der Gewerkschaft. Aber Parker pochte auch gar nicht weiter auf die im Kontrakt festgelegten Bestimmungen. Dank Giampaolo Lazzerinis rastlosem Einsatz war bald Ersatz herbeigeschafft; und es hatte wirklich mehr Sinn, die Leute rasch einzuarbeiten, statt die Abtrünnigen überreden zu wollen.
Es wurde eine zweistündige Spätschicht eingelegt, da sich die neu Engagierten bestens bewährten. Parker, Lazzerini und alle anderen konnten zufrieden sein.
»So«, sagte Jeff zum Abschluss, »für heute ist Feierabend. Ich möchte euch alle auf einen kräftigen Schluck und Imbiss in Dinos Cafeteria einladen. Am besten mieten wir für den heutigen Abend gleich den ganzen Laden, damit wir Ellbogenfreiheit haben. Ich denke, eine kleine Aufmunterung hilft uns auch moralisch wieder auf die Beine. So werden wir dem morgigen Tag besser begegnen können.«
»Mein Gott, Claudio Pantani ist keine zwölf Stunden tot!«, gab Bice Valori betrübt
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