058 - Todesschwadron des Geister
Kunaritschew blickte an sich hinab. Die
Schaubude hatte sich mittlerweile geleert; nur er und ihr Besitzer hielten sich
noch in dem Zelt auf.
Geflohen,
dachte Iwan. Die Besucher sind alle geflohen, weil sie mich für ein Monster
halten.
Er versuchte
sich zu bewegen, hatte aber die Kontrolle über seinen Körper verloren.
Stocksteif stand er da, und auch seine Worte klangen anders, fremd, selbst in
seinen Ohren ... wie das Blubbern eines Fisches.
»Ja«, nickte
der Hagere. »Glauben sie mir, es ist nicht meine Schuld. Sie sind
verbotenerweise hier eingedrungen .« Er trat näher und
verzog sein Gesicht zu einem interessierten, aber unbeteiligten Lächeln. »Aber
ich glaube, dies muß sich nicht unbedingt als negativ erweisen. Ja, es könnte
sein, daß wir alles wieder hinbekommen. Wir haben Verwendung für
großgewachsene, kräftige Männer .. .«
Iwan
versuchte, seine Körperumrisse genauer zu erkennen, aber ein dichter Schleier
hatte sich vor seine Augen gelegt. Auch so schien er unter Sehstörungen zu
leiden. Sein Anzug schien verschwunden, und Iwan konnte nichts als seine nackte
Haut ausmachen.
Doch auch die
hatte sich verändert. Es war nicht mehr die eines Menschen. Sie war dick und
runzelig, dunkel, fast schwarz.
»Was . .. was
geschieht hier ?« krächzte Iwan Kunaritschew. »Wo bin
ich ?« Das Sprechen fiel ihm immer schwerer; in
gleichem Maß wurden seine Worte immer unverständlicher.
»Keine Sorge
. ..« Der Hagere trat ganz nah an ihn heran. Während Iwan Kunaritschews
Gedanken rasten, er aber keinen Finger rühren konnte, lag plötzlich wie durch
Zauberei eine Flasche in der Hand des Schaubudenbesitzers.
»Nein !« schrie Iwan - wollte es schreien, doch über seine Lippen
drang nur unverständliches Blubbern.
Ich muß mich
bewegen, dachte X- RAY-7 beschwörend, ich muß mich konzentrieren! Ich spüre
meinen Muskel, dort im Zeh. Wennn ich nur will, kann
ich ihn bewegen, ich muß es nur wollen .. .
Langsam
schraubte der Hagere die Flasche auf und setzte sie Iwan Kunaritschew an die
Lippen.
Jetzt, dachte
Iwan, jetzt! Bewege dich, verdammter Muskel!
Doch nichts
geschah . . .
Warm und
klebrig drang ihm die Flüssigkeit aus der Flasche in den Mund und rann die
Kehle hinab. Er spürte, wie sie sich im Magen ausbreitete und seine Eingeweide verklumpte .. .
Er brach
zusammen und fiel der Länge nach zu Boden, spürte aber die Wucht des Aufpralls
schon nicht mehr .. .
●
Langsam
klärte sich die Dunkelheit. Erinnerungen durchsetzten sie, Begriffe, mit denen
er nichts anfangen konnte.
Und ein Name:
Iwan Kunaritschew!
Er rief ihn
sich ins Gedächtnis zurück, und mit ihm waren weitere Erinnerungen verbunden.
Ein Strand .
.. und ein Geschöpf, das am Strand entlangkroch, nicht lebendig, aber auch
nicht tot. Es winkte einem weit entfernt stehenden Mann zu.
Die Kraft der
Vision war so mächtig, daß sie Iwan Kunaritschew beinahe gänzlich aufnahm. Doch
X-RAY-7 wehrte sich dagegen. Er hatte sie als Vision erkannt und wollte
zurückfinden in die Wirklichkeit.
Er
konzentrierte sich mit aller Kraft darauf, seine Augen zu öffnen - und siegte.
Nach einigen
Sekunden spürte er wieder Leben in den Lidern. Millimeterweise ließen sie sich
bewegen.
Im ersten
Moment war es so dunkel wie zuvor, als er die Augen noch geschlossen hatte,
aber nach einigen weiteren Sekunden konnte er bereits die Umrisse seiner
Umgebung erkennen. Er lag immer noch in der Schaubude, dort, wo er gestürzt
war.
Nur lag er
aufgebahrt auf einer Liege.
Aber er
lebte. Er war nicht tot, wie er schon befürchtet hatte.
Iwan
Kunaritschew biß die Zähne zusammen. Mit größter Mühe gelang es ihm, ein Glied
nach dem anderen zu bewegen. Zuerst die Arme, dann die Beine, schließlich den
ganzen Körper.
Doch dann
entdeckte er etwas zutiefst Beunruhigendes: Er vermochte weitere Glieder zu bewegen ...
Panischer
Schrecken durchzuckte ihn, bevor er sich wieder in die
Gewalt bekam. Also war doch nicht alles nur ein Traum gewesen ... In dem
Moment, da er die Schaubude betreten hatte, mußte sein Körper eine Verwandlung
durchgemacht haben.
Aber wie?
Magie, dachte
Iwan. Und eine erschreckende Frage tauchte in ihm auf: Stand am Ende dieser
Verwandlung etwa ein Skelett - ein lebendes, wandelndes Skelett?
Er schaute
auf seinen Körper, konnte im Dämmerlicht aber nur eine formlose Masse erkennen.
Er fühlte.
Nein! Das
durfte es nicht geben ... Da waren keine Beine mehr... da waren andere,
seltsame Gliedmaßen, die sich wie Gummi
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