0585 - Unterwelt
Wohnzimmers, wo die Childs eigentlich wachen sollten.
Sie schliefen beide.
Der Kater schaute um die Ecke, sah sie im Sessel hocken, die Beine von sich gestreckt.
Ruhige Atemzüge füllten das Zimmer aus. Die Menschen waren ahnungslos. Ihre Hälse wären für den Vampir-Kater eine leichte Beute gewesen, aber er wollte das Kind.
Geschmeidig zog er sich zurück, machte einen Buckel, um sich dann zu drehen, denn die Tür des Kinderzimmers lag gegenüber, war nicht geschlossen, so daß der sanfte Lichtschein auch über die Schwelle in den Flur fallen konnte.
Mickey bewegte sich weiter vor. Sekunden später schon hatte er sein eigentliches Ziel erreicht.
Vor dem Bett blieb er stehen, aber noch im Bereich der Tür. Er konnte Cathy nicht sehen, sie schlief, doch das Fauchen des Katers weckte sie.
Cathy Child richtete sich auf. »Bist du da, Mickey?«
Sie bekam eine Antwort. Ein leises, kaum hörbares Miauen schwang ihr entgegen.
»Mickey!« stöhnte Cathy auf, als sie sich nach rechts, zur Tür hin drehte.
Das Tier sprang bereits. Mit einem Satz landete es auf ihrem Bett in Höhe der Füße, drehte sich dort um, öffnete sein Maul und starrte Cathy an. Die war noch zu verschlafen, um zu bemerken, daß an ihrem Nachthemd das Kreuz befestigt worden war.
Sie streckte Mickey ihre Arme entgegen und beugte sich auch weiter vor, so daß sich das Kreuz bewegte.
Da kreischte die Vampir-Katze auf. Es war ein wildes Geräusch, fast schon ein Schreien, als hätte ihm jemand die Schneide eines Messers quer durch das Fell gezogen.
Das Mädchen war entsetzt. Es schaute zu, wie Mickey bis an das äußerste Ende des Bettes zurückwich. »Was ist denn los? Was habe ich dir getan? Was hast du?«
Der Kater schrie weiter. Sein Maul klaffte weit auf. Die spitzen Vampirhauer funkelten gefährlich, in seinen Augen schienen Irrlichter wie farbige Punkte zu leuchten.
Er konnte nicht sprechen, sonst hätte er ein Entfernen des Kreuzes verlangt, auf das Cathy erst in diesem Augenblick aufmerksam wurde. Schlagartig fiel ihr ein, was sie verkehrt gemacht hatte.
»Das Kreuz. Ja, ich nehme es weg!« Sie löste es mit zitternden Händen, warf es in Richtung Tür.
Genau darauf hatte der Vampir-Kater gewartet. Mit einem gewaltigen Satz katapultierte er sich auf das sitzende Kind zu und zielte mit den Zähnen nach seiner Kehle…
***
Der Schrei riß Lorna aus tiefem Schlaf. Sie fuhr hoch, wie von der Tarantel gestochen, lauschte, hörte den Schrei noch mal, mußte erst überlegen und das Hirn regelrecht reinigen.
Dann aber fiel es ihr ein.
»Cathy!« flüsterte sie und war mit einem Satz aus ihrem Sessel.
»Mein Gott, Cathy!«
Nichts und niemand konnte sie mehr aufhalten. Auch ihr Mann, der erst jetzt erwachte. Sie rannte aus dem Zimmer und hörte aus dem Raum ihrer Tochter das wilde Fauchen.
Mit einem Satz sprang sie über die Schwelle. Genau in dem Augenblick, als Cathy das Kreuz wegschleuderte, das Lorna fast gegen die Schienbeine geprallt wäre.
Sie bemerkte es kaum, hörte auch nicht auf das Fluchen ihres Mannes. Ihr Blick galt einzig und allein der Szene auf dem Bett, wo der veränderte Mickey auf das Kind zusprang, um an dessen Kehle zu gelangen.
»Neiiinnnn!« Lorna schrie wie eine Sirene. Sie warf sich von der Seite her gegen das Bett und hämmerte ihre Fäuste in dem Augenblick gegen den Katzenkörper, als Mickey zubeißen wollte.
Zwischen seinen Zähnen blieb Stoff vom Nachthemd hängen, der zerriß, als das Tier zurückgeschleudert wurde, auf jeden Fall weg von seinem Opfer.
Lorna sprang über ihren eigenen Schatten. In den folgenden Sekunden handelte sie, ohne nachzudenken. All ihre Reaktionen glichen mehr Reflexen. Sie packte ihre Tochter am Arm und schleuderte sie aus dem Bett.
Dann riß sie ein Kissen hoch, gegen das der Kater sprang. Im nächsten Augenblick war auch Harold da.
In das Weinen und Schreien seiner Tochter hinein ertönten seine Flüche. Er hatte das Kreuz aufgehoben und hechtete auf den Kater zu, um die ›Waffe‹ in seinem Fell zu versenken.
Mickey war gewandter. Er huschte zur Seite, sprang vom Bett. Harold schlug ins Leere, drehte sich aber sofort wieder um und bekam mit, wie seine Frau nach dem Kater trat, ihn auch erwischte und dermaßen hart zurückwuchtete, daß Mickey durch die Türöffnung in den Gang fiel und dort gegen die Wand prallte.
Auch Harold hatte sich wieder aufgerafft. Er packte seine Tochter und warf sie Lorna in die Arme. »Halte sie fest! Halte sie um Himmels willen
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