0587 - Mumien in Moskau
lag auf meiner Seite. In den nächsten zwei Sekunden geschah vieles.
Der völlig überraschte Fahrer bewegte hektisch den Kopf. Ein Gesicht erschien für einen winzigen Moment im Innenspiegel, bevor die Scherben gegen seinen Rücken fielen.
Ich brüllte ihn an, er drehte sich und schaute auf die Waffe, die gegen seinen Nacken zielte.
»Stop!« schrie ich.
Sofort nahm er das Gas weg!
***
Einer der Hunde kam noch einmal hoch. Er hatte seinen Körper zur Seite rollen können, zog die Hinterläufe an und wollte zu Anuschka kriechen, um sie mit einem letzten Biß zu töten.
Golenkow war schneller.
Wieder donnerte seine schwere Makarew-Pistole auf und zertrümmerte den Schädel des Tieres. Anuschka schrie, drehte sich zur Seite und preßte ihre Hände gegen das Gesicht.
Die Wirtin war an der Wand zusammengesunken. Sie hockte am Boden und murmelte unverständliche Worte.
Suko und Golenkow räumten die erschossenen Tiere zur Seite, bevor sie sich um die beiden Frauen kümmerten, ihnen hochhalfen und sie noch stützen mußten, als sie auf den Beinen standen.
Beide zitterten, der Schock packte sie erst richtig in diesen Augenblicken, als alles vorbei war.
»Okay?« fragte Suko.
Die Wirtin schüttelte den Kopf und hockte sich nieder. Sie beugte sich vor und preßte ihr Gesicht gegen die Unterarme.
Anuschka war bleich wie kaltes Fett. Sie atmete mit offenem Mund, schaffte es nicht einmal, Fragen zu stellen. Von ihren Lippen sprühte heller Speichel.
Suko wußte, was ihnen guttun würde. Er fand unter dem Tresen eine große Wodkaflasche. Den Schnaps ließ er in zwei Gläser gluckern, die er den Frauen reichte.
Sie tranken ihn. Farbe kehrte in ihre Gesichter zurück, doch die Furcht blieb auch weiterhin in ihren Augen.
»Was… was war das?« hauchte Anuschka. »Weshalb sind die Hunde so plötzlich gekommen?«
Golenkow hob die Schultern. »Ich weiß es nicht. Aber es hängt mit unserem Besuch zusammen.«
»Wollten sie euch…?«
»Wahrscheinlich.« Der Russe lächelte. »Jetzt sind sie erledigt, und du kannst aufatmen.«
»Und wenn sie wiederkommen?«
»Das werden sie kaum.« Wladimir ließ die schwere Waffe verschwinden. Er übersetzte Suko das Gespräch und erkundigte sich dann, ob der Inspektor ein Motiv wußte.
»Wir scheinen ihnen stark auf die Zehen getreten zu haben.«
»Stimmt. Nur – wer wußte davon?«
»Keine Ahnung.«
»Ich jedenfalls habe den Mund gehalten und auch keinem Kollegen etwas gesagt.«
»Das kann ich mir denken. Aber es gibt Dämonen, die so etwas riechen, die ein Gespür dafür haben, wann und wo ihre Feinde auftauchen. Nehmen wir das mal als Grund an.«
Der KGB-Mann nickte. »Dann müssen sie uns schon auf mehrere Kilometer Entfernung gerochen haben. Na ja, wir werden sehen, wie es weitergeht.« Er schaute sich die beiden Kadaver an. »Das sind keine normalen Hunde, Suko. Ich halte sie für Hyänen.«
»Ich mittlerweile auch.«
»Wer hat sie ins Land geschafft?«
Suko lächelte, als er die Frage hörte. »Das müßtest du herausfinden. Rußland ist groß. Ihr könnt nicht alle Grenzen überwachen, wenn es darum geht, daß sich Tiere einschleichen. Sie handeln auch nicht aus eigenem Antrieb, davon gehe ich aus. Es steckt jemand dahinter.«
»Ein Ägypter?«
»Möglich.«
Anuschka hatte sich wieder gefangen. Sie strich die Haare zurück und fragte: »Wer schafft uns die toten Tiere vom Hals?«
»Ich werde das regeln«, beruhigte Golenkow sie. »Es kostet mich nur einen Anruf.«
»Das Telefon steht in der Küche.«
Golenkow verschwand und ließ unter anderem einen sehr nachdenklichen Suko zurück. Er sorgte sich nicht wegen der Hunde, vielmehr dachte er an seinen Freund John Sinclair, der so plötzlich verschwunden und bisher noch nicht zurückgekehrt war.
Wenn Suko sich recht erinnerte, hatte er sogar den Motor des Lastwagens gehört. Wahrscheinlich hatte John genau das gleiche getan, was er unternommen hätte.
Wladimir kehrte zurück, sprach kurz mit Mutter und Tochter, bevor er sich an Suko wandte. »John, nicht?«
»Genau.«
»Hast du eine Idee?«
»Der Lastwagen. Er wird ihn gekapert haben und als unfreiwilliger Passagier damit weggefahren sein. Jetzt brauchen wir nur das Ziel zu wissen, und alles ist klar.«
»Ich könnte eine Fahndung anlaufen lassen.«
»Warte noch. Vielleicht kommt er schneller zurück, als wir denken.«
Golenkow nickte und nahm auf einem der schlichten Stühle Platz.
»Wenn ich nur besser auf den Fahrer des Lastwagens geachtet hätte.
Weitere Kostenlose Bücher