0588 - AQUARIUS - Dämon aus der Tiefe

Titel: 0588 - AQUARIUS - Dämon aus der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Kasprzak

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Klasse ausgesetzt gewesen war. Heutzutage waren in Indien etwa zwei Prozent der Bevölkerung Sikhs, und damals wie jetzt genossen sie wegen ihrer radikalen Glaubenspraktiken nicht unbedingt uneingeschränkten Respekt. Eher im Gegenteil.
    Im späten 18. Jahrhundert waren die Sikhs als bezahlte Killer und Meuchelmörder weithin gefürchtet gewesen.
    All dies und noch mehr ging Zamorra durch den Kopf, als er den Korridor entlangschlich. Ganz in der Nähe konnte er das tiefe, melodiöse Summen hören, das er schon letzte Nacht vernommen hatte, als er aus dem Fenster geschaut und den Fackelzug gesehen hatte. Es hatte den Anschein, als würde es sich dabei um eine Art Gebetsgesang handeln, ganz ähnlich wie bei »om«, der heiligen Silbe des Buddhismus, die eine Kurzform der Sanskrit-Formel »om mani padme hum« war.
    Dann blieb Zamorra plötzlich stehen.
    Eine Wandbemalung rechts von ihm hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Die Darstellung zeigte eine Reihe von Bildern, die mit groben Umrissen Geschehnisse darstellten, die offenbar bereits eine ganze Weile zurücklagen. Ungefähr achthundert bis tausend Jahre, grob geschätzt.
    Und sie stammten nicht aus einer Zamorra bekannten heiligen Schrift, weder aus der Bibel, noch aus dem Koran, noch aus der Adigrantha oder der Jakarta. Soviel war sicher.
    Zamorra beugte sich vor und besah sich die Zeichnungen im matten, flackernden Licht der Fackel, die ein Stück weiter vorn im Korridor hing.
    Die ersten Bilder zeigten einen kleinen Ort an der Küste, der von verschiedenen Naturkatastrophen heimgesucht wurde, wie sie ebenfalls im 2. Buch Mose geschildert wurden.
    Wasser, das sich in Blut verwandelte, so daß alle Fische im Meer starben.
    Frösche, die zu Millionen vom Himmel fielen.
    Hagelstürme im Sommer.
    Monatelange Trockenheit, die der ohnehin schon kargen Erde auch noch ihre letzte Kraft raubte. Was zur Folge hatte, daß es auf den Feldern nichts zu ernten gab als Unkraut.
    Im Anschluß daran folgte eine Darstellung, auf der ein Mann in einem Sari zu sehen war, der zu den verzweifelten Bewohnern des Dorfes sprach. Es sah so aus, als ob er ein Heiliger oder ein Prophet wäre.
    Dann noch mal der Sariträger, vor einem Opferstein, auf dem ein nacktes Kind lag. Er hielt einen großen Dolch in der Hand, fast schon eine Machete. Im Hintergrund war der Ozean zu erkennen, dunkel und unheildräuend.
    Auf dem nächsten Bild war das Kind tot - und die Fluten des Meeres taten sich auf, um ein Wesen auszuspeien, das geradewegs den grausigen Alpträumen eines Geisteskranken entsprungen zu sein schien.
    Oder der Hölle…
    Die Kreatur hatte in etwa die Gestalt eines Menschen, war jedoch mindestens sieben oder acht Fuß groß. Der Körper wirkte wie ein Schuppenpanzer, wie eine Rüstung aus Hornplatten, der Schädel war fast quadratisch, oben seltsam abgeflacht. Das Maul, ein breiter, weit aufgerissener Schlitz, starrte vor Reißzähnen, die Hände und Füße der Kreatur besaßen Schwimmflossen, wie man sie bei einem Frosch fand.
    Danach, auf der letzten Zeichnung, erneut eine Darstellung des Dorfes, doch dieses Mal gab es keine Naturkatastrophen, die den Menschen das Leben unerträglich machten. Statt dessen waren die Felder rings des Ortes üppig bestellt, und die Fischer, die mit ihren Booten draußen auf dem Meer waren, fingen mehr, viel mehr als jemals zuvor.
    Für die Dorfbewohner war die Welt wieder in Ordnung.
    Aber um welchen Preis?
    Um welchen schrecklichen Preis?
    Zamorra runzelte nachdenklich die Stirn und betrachtete von neuem das Bild mit dem aus den Fluten steigenden Schuppenwesen, das halb Fisch und halb Mensch war.
    Was, um alles in der Welt, war das für eine Kreatur?
    Dann fiel ihm die groteske Fußspur ein, die er vorhin unten am Strand entdeckt hatte, und ein eisiger Schauder rann seinen Rücken hinab. Plötzlich fügte sich in seinem Kopf ein Puzzlestück zum anderen, ganz von selbst.
    Die nächtliche Prozession.
    Der Opferstein in der Bucht.
    Die grausame, brutale Ermordung der jungen Inderin, die er in der Zeitschau miterleben mußte.
    Und der Ozean, der ganz in Ufernähe unversehens zu brodeln begann, als ob das Wasser kochen würde…
    Es paßte alles zusammen!
    Zamorra richtete sich auf. So wie es aussah, waren sie auf einen Sikh-Kult gestoßen, der einem Dämon, der in den Tiefen des Meeres hauste, Menschenopfer darbrachte, um ihn zu besänftigen.
    Unvorstellbar!
    Aber nicht unmöglich. Leider nicht…
    Der Parapsychologe hatte genug gesehen. Es wurde allmählich