0588 - AQUARIUS - Dämon aus der Tiefe
nach und verpaßte ihm einen Schwinger, der den Inder halb zusammenklappen ließ. Dann schlug er ihm das Messer aus der Hand, das in hohem Bogen durch die Luft flog, kratzend über den Boden rutschte und irgendwo in der Dunkelheit liegenblieb, unerreichbar für den Mörder.
Doch noch war der Mann nicht ausgeschaltet. Zamorra setzte noch einen Hieb nach. Seine geballte Faust erwischte den Inder wuchtig am Kinn.
Der Mann stöhnte schmerzerfüllt auf, fing sich aber rascher wieder, als Zamorra lieb sein konnte, und rammte seinem Gegner gnadenlos das Knie in den Leib.
Zamorra hatte das Gefühl, als würde eine Bombe in seinem Körper explodieren. Er taumelte gegen die gegenüberliegende Korridorwand, die Beine wurden ihm weggetreten, und einen Moment später war der Inder über ihm und bekam ihn am Hals zu fassen.
Seine beiden Hände schlossen sich wie Stahlklammern um die Kehle des Dämonenjägers, der sich wie eine Puppe emporgehoben fühlte. Dann preßte ihn sein Widersacher mit dem Rücken gegen die Wand, drückte seine Kehle weiter zu.
Zamorra war beinahe schon besinnungslos vor Schmerz.
Und der Killer schnürte ihm unbarmherzig die Luft ab…
***
Zamorra keuchte und schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. Die Augen quollen ihm aus den Höhlen. Er hatte das Gefühl, die Geräusche um sich herum durch eine Wand aus Watte zu hören. Die dunklen Schatten der Bewußtlosigkeit drohten ihn zu überwältigen.
Woher nahm sein Gegner nur diese Kraft?
Zamorra hatte sich schon oft nicht nur dämonischen, sondern auch menschlichen Widersachern stellen müssen, aber kaum jemals hatte ihm jemand so zugesetzt wie dieser hier. Zamorra war gut durchtrainiert, er war auch in den meisten Nahkampfarten bewandert. Ein einzelner menschlicher Gegner sollte da kein Problem sein.
Aber dieser hier war ein Problem. Noch dazu ein lebensgefährliches.
Wenn es ihm nicht schnellstens irgendwie gelang, sich aus dem eisenharten Würgegriff des Killers zu befreien, würde er in wenigen Momenten die Besinnung verlieren.
Und bald darauf sein Leben…
Verzweifelt packte Zamorra die Handgelenke des mörderischen Inders, dessen grinsendes Gesicht wie ein Fanal des Todes über ihm stand. Er versuchte, sich aus der Umklammerung zu befreien, die stahlharten Finger von seiner Kehle zu lösen, aber es gelang ihm nicht.
Der Mann war einfach zu stark!
Wie eine Strohpuppe hing der Dämonenjäger im Griff dieses menschlichen Unholds, mit dem Rücken gegen die Wand gepreßt…
In einem letzten, panischen Versuch, den Schatten des Todes doch noch zu entkommen, griff Zamorra nach der Pechfackel, die neben ihnen an der Wand hing, riß sie mit einem Ruck aus der Halterung…
Und hämmerte sie dem Inder mit aller Kraft seitlich gegen den Schädel, daß die Funken hell durch die Düsternis des Korridors stoben!
Sofort verschwand der tödliche Druck um Zamorras Hals. Wie eine gefällte Eiche stürzte der Mann zu Boden und blieb reglos auf den Steinen liegen.
Zamorra, der ebenfalls zu Boden gegangen war, japste begierig nach Luft und rieb sich benommen die wunde Kehle, auf der die Finger des Killers dunkelrote Stellen hinterlassen hatten. Mit der Fackel in der Hand lehnte er sich gegen die Mauer und wartete, bis sich sein Atem wieder halbwegs normalisiert hatte.
Dann kniete er neben dem Inder nieder, der sich nicht mehr rührte, und untersuchte ihn. Der Mann war noch am Leben. Der Turban, den er trug, hatte den Großteil der Wucht, die Zamorra in den Schlag gelegt hatte, abgefangen.
Zamorra erhob sich, steckte die Fackel in die Halterung zurück und fragte sich, ob irgend jemand durch den Kampflärm alarmiert worden war. Aber niemand war auf dem Korridor erschienen, und das eintönige Murmeln, das er noch immer vernahm, war nicht eine Sekunde lang verstummt.
Zamorra überlegte, ob er die Erkundung des Tempels fortsetzen sollte, aber er entschied sich dafür, sein Glück nicht überzustrapazieren. Er wandte sich nach einem letzten Blick auf den ausgeknockten Inder um und lief den Gang zurück zum Eingang des Gebäudes und hinaus ins Freie.
Niemand hielt ihn auf.
***
Zamorra und Nicole kehrten eine knappe Stunde später zu Gonds Haus zurück. Die Sonne stand hoch am wolkenlos blauen Firmament und zeigte damit an, daß es bereits Mittagszeit war. Doch weder Nicole noch Zamorra verspürten jetzt Verlangen nach einer Mahlzeit. Zumal sie nicht annahmen, daß ein Mittagessen, das der Glatzkopf ihnen für weitere fünf Scheine servieren
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