0588 - Das Ding aus dem Koffer
gestattete sich ein Lächeln. »Natürlich, wenn Sie das so sehen, will ich Ihnen nicht widersprechen. Kamen denn Zwischenmeldungen?«
»Nein«, sagte Suko. »Überhaupt nichts. Die Fahndung hält sich bedeckt.«
Sir James setzte sich doch. Er schob die Brille zurück und schaute auf die Becher, in denen sich Mineralwasser befand. Die feinen Blasen stiegen nach oben und zerplatzten an der Oberfläche. »Dieser Koffer…«, begann er, »ich habe über den Inhalt nachgegrübelt und bin zu keinem Resultat gekommen. Die Frau hat von einer Hand berichtet. Kalt wie die einer Toten und irgendwie teigig. Das ist richtig oder?«
»Ja, Sir.«
»Könnte es sein, dass sich Boone eine Leiche aus irgendeinem Grab geholt hat?«
Suko und ich schauten uns an. Keiner wollte die Antwort geben, bis ich schließlich meinte: »Davon gehe ich eigentlich nicht aus, Sir. Was soll ein Mann wie Boone mit einer Leiche? Das mal vorweggenommen. Ferner glaube ich nicht daran, dass die Person in dem Koffer tot war. Von Helen Taylor wissen wir, dass sich die Hand bewegt hat. Sie krümmte jeden einzelnen Finger, als wollte sie irgendwohin greifen und damit verschiedene Gegenstände anfassen.«
»Ein Zombie?«
»Das wäre eine Möglichkeit«, gab ich zu.
»Die Sie und Suko nicht überzeugt oder?«
»So ist es«, stand der Inspektor mir bei. »Irgend etwas ist da anders. John und ich sind einer Meinung. So ganz kommen wir nicht zurecht damit. Für uns ist es zu simpel. Wir glauben nicht, dass Terry Boone einen Zombie durch London trägt. Außerdem, was sollte er damit auch anfangen?«
»Er wird schon seine Gründe gehabt haben. Vielleicht bringt er ihn seinem Auftraggeber.«
»Wer das wohl ist«, murmelte ich.
»Das möchte ich auch gerne wissen.« Sir James schüttelte den Kopf und stellte dabei eine Vermutung an. »Ich kann mir eigentlich nur Costello vorstellen.«
Ich nickte. »An den haben wir auch schon gedacht.«
Sir James musterte uns schräg von der Seite. »Ich kenne Ihr Verhältnis zu Costello. Ein jeder von uns würde ihn gern hinter Gittern sehen. Wie ist das nun? Haben Sie den Mafioso eigentlich angerufen und ihn mal gefragt?«
Ich winkte mit beiden Händen ab. »Nein, auf keinen Fall, das ist nicht drin. Wir wollen nicht die Pferde scheu machen. Costello ist ein Problem für sich, Terry Boone ein zweites. Außerdem würden wir nicht zugeben, dass wir seine Hilfe brauchen. Der würde sich ins Fäustchen lachen.«
»Da haben Sie recht.« Sir James tupfte Schweiß von seiner Stirn.
»Bleibt Boone als Einzelgänger.«
»Sie haben doch seine Akte studiert, Sir«, sagte Suko. »Ist Ihnen dabei etwas aufgefallen? Sind dort Stellen oder Orte vermerkt, wo sich Boone aufhalten könnte? Wenn er sich in London befand, wo hat er sich verkrochen?«
»Keine Ahnung, das stand nicht darin. Er stammt zwar aus der Nähe, seine Aktivitäten aber hat er nicht nur auf diese Stadt beschränkt. Er war schon des öfteren im Ausland und ist auch dort aufgefallen. Interpol jagte ihn mal.«
»Ein schweres Kaliber.«
»Das sich hoffentlich übernommen hat«, sinnierte unser Chef.
»Wie meinen Sie das, Sir?« Ich hatte bei seiner Antwort genau die Zwischentöne herausgehört.
»Ganz einfach. Boone mag sein, wer immer er will. Ich glaube daran, dass er sich an der neuen Aufgabe übernommen hat. Er wird damit nicht zurechtkommen, meine ich. Irgend jemand muss ihn meiner Ansicht nach benutzt haben. Wer das ist, steht in den Sternen, aber ich glaube fest daran, dass er nur Mittel zum Zweck gewesen ist. Möglicherweise kontrolliert ihn das Ding aus dem Koffer auch.«
»Dann könnte es sich bei ihm sogar um eine dämonische Intelligenz handeln«, meinte Suko.
»Du preschst aber weit vor«, wunderte ich mich.
»Sogar so weit, dass ich in diesem Fall alles in Betracht ziehe. Möglicherweise haben wir es mit etwas ganz Neuem zu tun, John. Etwas, das uns noch nie über den Weg gelaufen ist. Wir müssen da mit allem rechnen, meine ich.«
Ich schaute aus dem Fenster. Den ganzen Tag über hatte die Sonne heiß geschienen. Nach dem Schmuddelwetter in der letzten Zeit hatten die Strahlen richtig gut getan. Jetzt war der gelbe Ball gesunken. Der Himmel im Westen zeigte eine blutrote Färbung, die sich noch gegen die einsetzende Dämmerung behauptete. Wenn das Abendrot mit dieser Kraft am Himmel stand, würde sich das Wetter auch am folgenden Tag halten. Wir konnten uns auf hohe Temperaturen gefasst machen.
Sir James blickte scharf nach rechts, als
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