059 - Das Experiment
die Mittel der Unsterblichen, während die Heilerin für Algenumschläge und absolute Bettruhe plädierte.
Der Japaner hatte sich aber längst durchgesetzt. Sein Medikit stand mit offenem Deckel auf der Korallenliege. Gelflasche und Schnellverbandrolle lagen davor. Zur besseren Behandlung hatte er beide Hosenbeine des Taucheranzugs oberhalb der Wunde abgetrennt, sodass sie nun wie Shorts wirkten. Ein sportlicher Anblick, der nur durch den Verband getrübt wurde, der mehrmals um seinen rechten Oberschenkel lief.
»Natürlich kann ich schon aufstehen«, verkündete der Cyborg gerade. »Mein interner Check-up hat ergeben, dass alle Knochen heil geblieben sind. Ich bin mit modernster Technik ausgerüstet, wie oft soll ich das eigentlich noch erklären? Hier…«, erstreckte beide Arme aus, »… härtestes Plysterox! Stechen Sie ruhig mit einer Injektionsnadel hinein!«
Die Hydritin, eine wohlgeformte Amphibie mit knappen Lendenschurz, runzelte mit der Stirn, um ihren Ärger zu demonstrieren. »Etwas so Primitives wie Spritzen verwenden wir nicht«, versetzte sie kühl und deutete dabei auf ein vier mal fünf Meter großes Bassin, in dem Quallen und dornige Welze ihre Bahnen zogen. »Unsere Doktorfische behandeln jedes Leiden auf sanfte Art! Aber Kerle wie Sie halten eine Holzhammernarkose vermu tlich immer noch für den Gipfel des Fortschritts.«
Aiko zeigte keine Überraschung wegen der schlagfertigen Antwort. Vermutlich war es nicht die erste, die er von der Heilerin zu hören bekam. Er verkniff sich jedoch die Erwiderung, die ihm auf den Lippen brannte, als er die Zuschauer sah, die den Disput vom Gang aus verfolgten.
»Mediziner sind stets die schlechtesten Patienten«, lachte Matt laut hinüber. »Sie glauben alles besser zu wissen als die behandelnden Ärzte.«
Die Hydritin wippte mit dem Kopf heftig auf und ab, sichtlich erfreut, dass ihr jemand beistand. Aiko ignorierte den Einwand seines Freundes, drehte sich herum und langte nach einem Paar primitiver Holzkrücken, die an der Wand lehnten. Sie bestanden aus zwei armdicke Stangen, deren Spitzen mit fellumwickelten Querhölzern versehen waren.
Aiko klemmte sich die Stützen unter die Achseln und humpelte auf Matt und Aruula zu, ohne sich an dem Protest der Heilerin zu stören. Blair folgte ihm wie ein treuer Lupa, wohl weil sie seine Gegenwart als einzige Sicherheit in dieser fremden Umgebung empfand.
Schwer auf die Krücken gestützt, um das verletzte Bein nicht zu belasten, blieb Aiko an der Tür stehen. »Und?«, wollte er wissen. »Was gibt es für Aufregungen?«
»Mehr als uns lieb ist«, seufzte Matt. »Wäre nicht schlecht, wenn du mitkommen kannst. Dein Verstand ist gefragt.«
Aiko bejahte, während die Heilerin erneut protestierte. Ul'ia musste eingreifen, um den Streit zu schlichten. »Unser Gast darf sich innerhalb des Hydrosseums frei bewegen«, entschied sie, fügte aber zur Beruhigung der zürnenden Heilerin hinzu: »Natürlich nur auf seine eigene Verantwortung.«
Im Hydrosseum bleiben? Das war Aiko bereits eine Einschränkungen zu viel. Er wollte umgehend auf mehr Freiraum pochen, besann sich aber nach kurzem Blickkontakt zu Matt und Aruula eines Besseren. Er kannte seine Freunde inzwischen gut genug, um zu spüren, dass an der Transportröhre nicht alles reibungslos verlaufen war.
Als sich Blair ebenfalls dem Tross anschließen wollte, wurde sie von Joshna brüsk abgewiesen.
»Du bist eine Steppenreiterin«, beschied er ihr. »Bis der HydRat über dein weiteres Schicksal entschieden hat, wartest du in einer Arrestzelle.«
Trotz der Krücken schob sich Aiko schneller vor die Nosfera, als Joshna diese am Arm packen konnte. Wieder einmal standen sich die beiden Männer, die aus ihrer gegenseitigen Abneigung keinen Hehl machten, drohend gegenüber. Die Luft zwischen ihnen knisterte wie ein aktivierter Schockstab.
»Gibst du hier neuerdings die Befehle?«, fragte der Cyborg herausfordernd. »Wohl kaum! Und im Gegensatz zu dir wis sen die Verantwortlichen bestimmt noch ganz genau, wer Topi'ko vor dem sicheren Tod gerettet hat, oder?« Er warf einen Blick in Richtung der OBERSTEN, in dem die Forderung mitschwang, sich für Blair stark zu machen.
Unangenehmes Schweigen senkte sich über die Gruppe, während Ul'ia das Für und Wider beider Parteien abwog. »Joshnas Vorgehen ist berechtigt«, erklärte sie schließlich.
»Die Sicherheit im Hydrosseum gehört zu seinem Aufgabenbereich. Allerdings haben sich mehrere Ge fangene für Blair
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